„Deutsche Literatur wahrnehmbarer machen!“
Litrix, das ist das Zauberwort für die Förderung deutschsprachiger Literatur im Ausland. Probeübersetzungen sollen ab Januar 2004 per Internet vor allem in arabischen Ländern ermöglicht werden. Petra Tabeling hat sich vorab offline erkundigt.
Kennen Sie Kinderbücher von Janosch auf arabisch? Wohl kaum, denn die gibt es derzeit noch nicht. Aber ein Internet-Portal will das schon bald möglich machen: Litrix.de ist ein Online-Magazin, das sich an Verleger, Lektoren, Übersetzer und Literaturinteressierte im Ausland wendet. Schwerpunkt dieses einmaligen Online-Projektes, das vom Goethe-Institut, der Kulturstiftung des Bundes und der Frankfurter Buchmesse gefördert wird, sind im ersten Jahr die arabischen Länder - pünktlich zur Buchmesse in Kairo im Januar 2004. Das Interesse unter arabischen Verlegern war jetzt schon sehr groß. Sie hatten auf der diesjährigen Frankfurter Buchmesse die Gelegenheit, sich bei der ersten öffentlichen Präsentation über Litrix.de zu erkundigen.
Offener Dialog zwischen Welten
Für Mohammed, dem Direktor vom Meret Verlag in Kairo, bietet das Projekt eine Brücke zwischen deutscher und ägyptischer Kultur. Bisher bestimmten einige wenige deutsche Klassiker sein Verlagsprogramm. Vor allem Marx, Engels, Kant und Goethe, denn „die großen Weltveränderungen kamen aus Deutschland – Positives und Negatives“. Mohammed würde gerne mehr deutsche Literatur in sein Programm aufnehmen, vor allem zeitgenössische Autoren wie Peter Weiss oder Klassiker wie Kafka. Bisher haben ihn daran aber auch mangelnde Fremdsprachenkenntnisse gehindert sowie auch die Finanzierung von Übersetzern. In Ländern wie Ägypten ist das ein Problem, denn nach wie vor stellen deutsche Bücher dort ein gewisses Luxusgut dar. Das weiß auch eine interessierte Bibliothekarin aus Kairo, die für den Einkauf von Literatur zuständig ist. Doch Litrix.de bietet Abhilfe: Die Probeübersetzungen aktueller deutscher Gegenwartsliteratur werden gleich ins Arabische und Englische übersetzt geliefert – kostenfrei.
Auswahl einer Jury
Neben der Belletristik sollen auch Kinder- und Jugendbücher übersetzt werden. Das freut eine Übersetzerin aus Marokko ganz besonders. Sie liebt vor allem Janosch, der bisher noch nicht in die arabische Sprache übersetzt wurde. Ob diese Wünsche allerdings erfüllt werden, entscheidet eine Spezialjury vor Ort. Diese trifft aus ihrer Kenntnis der religiösen, gesellschaftlichen und kulturellen Differenzen heraus, speziell für den arabischen Raum eine Titelauswahl. 15 Probekapitel werden dann ins Englische und Arabische übersetzt. Danach soll es monatlich um neue Titel erweitert werden. Begleitend und ergänzend sollen regionale Übersetzungen gefördert werden, Verleger- und Autorenreisen, Workshops und die Ausbildung von Übersetzern.
Deutsche Literatur „wahrnehmbarer“ machen
Den Anstoß gab übrigens die bekannte deutsche Schriftstellerin Monika Maron, die deutsche Literatur im Ausland „wahrnehmbarer“ machen wollte, schildert die Leiterin des Projektes, Dr. Anne-Britt Gerecke, im Interview mit Qantara.de. Daraufhin trafen sich Vertreter des Goethe-Instituts und der Kulturstiftung des Bundes, bei der Monika Maron in einem Auswahlgremium Mitglied ist.
Sensibel, unbürokratisch und schnell
Zwar gibt es bereits mehrere Übersetzungsförderungsprojekte verschiedener deutscher Kulturinstitutionen, doch Litrix.de macht das erstmals auch online möglich. „Das ist die praktikabelste Weise“, meint Dr. Gerecke. Statt Magazine oder Bändchen in „alle Welt zu verschicken“, von denen man nie wisse, wen man letztlich erreiche, kann sich jetzt „jeder mitten in der Nacht hinsetzen, in die Seite schauen und surfen sowie weitere Links zu anderen Institutionen finden.“ Noch kann man auf den Webseiten von Litrix. de nur eine Vorabkündigung sehen. Doch Mitte Januar 2004, zur Buchmesse in Kairo, wird dann der Startschuss in Kairo fallen.
Mit Literatur Brücken bilden im Internet
Eine Brücke möchte Litrix.de errichten, um festgefahrene Sichtweisen und klischeehafte Vorstellungen durch zeitgenössische Literatur zu überwinden – erst recht nach den Ereignissen des 11. September. Vor allem die aktuellen Bücher junger, aber auch bereits etablierter deutscher Autoren, wie Günter Grass, sollen dazu beitragen. Für Verleger Mohammed ist das ein „revolutionärer Prozeß“. Er ist sich sicher, dass damit auch ein demokratischer Dialog gefördert wird, was für seinen Verlag ganz besonders wichtig ist: „Wir sind ein Verlag, der grundsätzlich die Freiheit des Denkens fördert und gegen Tabus ist.“
Vielleicht wird dann ja auch der Traum wahr, von „Janosch im Orient“.
Petra Tabeling, © 2003 Qantara.de
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