Wasser als Quelle des Dialogs und der Kooperation

Wie können Wasserkonflikte und ökologische Schäden im Nahen Osten dauerhaft beseitigt werden? Die Organisation "Friends of the Earth Middle East" stellte ihre Arbeit in Deutschland vor.

By Beate Hinrichs

Die Umweltorganisation "Friends of the Earth Middle East" (FoEME) arbeitet seit über einem Jahrzehnt grenzüberschreitend für einen ökologischen Umgang mit Wasser und fördert dabei einen außergewöhnlichen Dialog. Das gelingt den Mitarbeitern in Israel, Palästina und Jordanien auch in Zeiten, in denen der Austausch zwischen ihren Landsleuten immer schwieriger wird.

"Israelis und Palästinenser arbeiten leider am besten zusammen, wenn sie Wasser verschmutzen", sagt Gidon Bromberg. Der israelische Anwalt aus Tel Aviv hat 1994 EcoPeace (ÖkoFrieden) mitgegründet, gemeinsam mit dem palästinensischen Umweltingenieur Nader al-Khateeb aus Bethlehem und dem jordanischen Architekten Munqeth Mehyar aus Amman. 1998 wurde EcoPeace Teil der weltweiten Umweltorganisation Friends of the Earth.

Kooperation zur Rettung des Toten Meeres

Zu den großen FoEME-Projekten gehört der Erhalt des Jordanflusses und des Toten Meeres, das aus dem Jordanwasser gespeist wird. Der Wasserstand des Jordan ist durch Ableitungen und Dämme so weit gesunken, dass in diesem Jahr wohl erstmals gar kein Wasser aus seinem Unterlauf ins Tote Meer fließt. Das ist als Folge davon bereits um ein Drittel geschrumpft.

Um die Gewässer und den Tier- und Pflanzenreichtum an ihren Ufern zu retten, sollen beide von der UNESCO zum "Welterbegebiet" ("World Heritage") erklärt werden. Das zwänge die Anrainer, gemeinsam einen nachhaltigen Entwicklungsplan aufzustellen. Zudem soll ein "Friedenskanal" ("Peace Conduit") Wasser aus dem Roten Meer ins Tote Meer pumpen - vorausgesetzt, das Vorhaben gefährdet die Ökosysteme nicht.

Im März dieses Jahres haben sich auf Einladung von FoEME zum ersten Mal hochrangige Regierungsvertreter sowie die Bürgermeister der israelischen, palästinensischen und jordanischen Ufergemeinden getroffen, um über die Rettung des Jordan zu beraten.

"Wenn Sie unsere Regierungen fragen", erklärt Munqeth Mehyar, "dann fehlen dem Nahen Osten rund zwei Milliarden Kubikmeter Wasser. Wenn Sie uns als Umweltschützer fragen, dann gibt es keine Wasserknappheit - sondern ein Verteilungsproblem."

So verbraucht zum Beispiel ein Palästinenser statistisch am Tag 60 Liter Wasser, ein Jordanier 120 Liter und ein Israeli 300 Liter. Israelis bekommen sauberes Trinkwasser aus jedem Wasserkran, während in Gaza eine Million Palästinenser nur Brack- und Dreckwasser zur Verfügung hat.

Wassertreuhänder und "Gute Wasser-Nachbarschaft"

Ein weiteres FoEME-Projekt setzt hier an: die "Gute Wasser-Nachbarschaft" ("Good Water Neighbours"). Am Jordan, dem Grenzfluss zwischen Israel, Palästina und Jordanien, haben sich zehn Kommunen von beiden Seiten der Grenze zusammengetan, um partnerschaftlich zu lernen, wie sie Wasser sparen, aufarbeiten und sauber halten können.

Junge Leute, so genannte "Wassertreuhänder" ("Water Trustees"), arbeiten als Vermittler. Ganze Schulen machen Wasser zum Lernstoff, und Schüler beider Seiten treffen sich in Sommerlagern - meist ist es das erste Mal, dass die Jugendlichen ihre vermeintlichen Feinde treffen.

Umweltschutz im Zeichen von Partnerschaft und Dialog

"Wasser ist eine Brücke - es bringt Menschen zusammen", betont der israelische FoEME-Leiter Gidon Bromberg. "Wenn Regierungen Friedensverträge unterzeichnen, ist das großartig, aber es reicht nicht aus - die Menschen müssen erst mal Vertrauen aufbauen."

So geschehen in der israelischen Gemeinde Zur Hadasa und der palästinensischen Kommune Wadi Fukin, wo sogar eine gemeinsame Kampagne gegen die Mauer, mit der die israelische Regierung die palästinensischen Gebiete abriegelt, entstanden ist.

"Friends of the Earth Middle East" ist seinem ursprünglichen Anliegen Ökologie und Frieden treu geblieben. Große politische Forderungen erhebt die Organisation aber nicht, erklärt Munqeth Mehyar: "Wir arbeiten gegen die Mauer. Aber wir können nicht auf eine politische Lösung warten. Die Umwelt kann nicht warten."

Ebenso kritisieren die drei FoEME-Leiter die israelischen Siedlungen in den besetzten palästinensischen Gebieten als illegal. Aber statt politische Fehler anzuprangern, richten die Umweltaktivisten ihren Blick lieber nach vorn- auch wenn der Palästinenser Nader al-Khateeb und der Jordanier Munqeth Mehyar seit Beginn der zweiten Intifada oft angegriffen worden sind.

Die Menschen in den jordanischen, palästinensischen und israelischen Partnergemeinden sehen das offenbar anders - mit ihnen "erleben wir immer wieder zutiefst befriedigende Momente", sagt Gidon Bromberg, "und das gibt uns die Kraft weiterzumachen."

Beate Hinrichs

© Qantara.de 2005

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