60 Jahre Mossadegh-Putsch in Iran Vor wenigen Tagen jährte sich zum 60. Mal der Putsch gegen den damaligen iranischen Premierminister Mohammed Mossadegh. Thomas Latschan zeigt in 15 Bildern den dramatischen Ablauf der Ereignisse. Mohammed Mossadegh war von 1951 bis zu seinem Sturz 1953 - mit einer kurzen Unterbrechung - Irans erster demokratisch gewählter Premierminister. Gebildet, eloquent und charismatisch, hatte er auch viele Bewunderer im Westen. Für die Länder der Dritten Welt wurde er zu einer Art Ikone des Antiimperialismus, weil er es wagte, die britische Ölindustrie im Iran zu verstaatlichen. Seit 1909 hatten die Briten quasi ein Monopol auf das iranische Öl besessen. Die Anglo-Iranian Oil Company (AIOC) – die heutige British Petroleum (BP) – hatte in Kolonialherrenmanier Verträge ausgehandelt, nach denen das Empire jedes Jahr Profite in Millionenhöhe abschöpfte. Der Iran dagegen erhielt nur geringe Tantiemen. Die Briten beuteten die iranischen Ölarbeiter schamlos aus. In Abadan, dem Ort der größten iranischen Raffinerie, lebten die Arbeiter unter katastrophalen Umständen in Slums und schufteten für die AIOC, die jegliche Verbesserung des Lebensstandards ablehnte. Iranische Politiker forderten seit Ende des Zweiten Weltkrieges Nachverhandlungen der Verträge, bissen aber bei den Briten auf Granit. 1951 spitzte sich die Lage zu. Mohammed Mossadegh, gerade erst Premierminister geworden, ordnete die Verstaatlichung der iranischen Ölindustrie an. Die Briten reagierten empört, zogen alle britischen Experten ab und verhängten ein Ölembargo gegen den Iran. Die so genannte "Abadan-Krise" brachte den Iran in den nächsten zwei Jahren an den Rand des Bankrotts. Außerdem wandten die Briten sich Hilfe suchend an die USA. Doch US-Präsident Truman lehnte jede Intervention strikt ab. Truman war zwiegespalten: Einerseits wollte er die mit ihm verbündeten Briten nicht verprellen. Andererseits sympathisierte er mit Mossadegh und glaubte, nur ein freier, wirtschaftlich starker Iran könne dem kommunistischen Einfluss der UdSSR widerstehen. Doch Irans anhaltende Wirtschaftskrise zeigte Wirkung: Langsam bekamen auch radikalere Strömungen immer mehr Zulauf – so wie die kommunistische Tudeh-Partei. In mehreren Massendemonstrationen forderte sie den Rauswurf von Amerikanern und Briten und eine Hinwendung des Landes Richtung Moskau. Dennoch glaubte man in den USA immer noch, dass Mossadegh die innenpolitische Lage unter Kontrolle habe. Doch dann kommt Ende 1951 in London Winston Churchill wieder an die Macht. Ein Jahr später wird Truman in Washington von Dwight D. Eisenhower beerbt. Gekonnt beschwört Churchill die Gefahr eines kommunistischen Umsturzes im Iran herauf. Eisenhower, der schon im Zweiten Weltkrieg gute Erfahrungen mit Geheimdienstoperationen gemacht hat, willigt in eine CIA-Aktion zum Sturz Mossadeghs ein. Im Juli 1953 reist CIA-Agent Kermit Roosevelt in den Iran. Er überzeugt den Schah (rechts im Bild), Mossadegh zu entlassen und mit General Fazlollah Zahedi einen Strohmann westlicher Interessen zum neuen Premier zu ernennen. Ein Kurier sollte die unterzeichneten Entlassungspapiere zu Mossadegh bringen, Mossadegh selbst direkt nach Erhalt unter Hausarrest gestellt werden. Gleichzeitig sorgte die CIA für Chaos in Teheran. Sie bestach Politiker, Geistliche, Journalisten und Arbeiter und wiegelte so Anhänger und Gegner Mossadeghs gegeneinander auf. Wer auf der Straße die Oberhand behalten würde, war den Agenten egal. Einzig wichtig war, den Schah als Retter des Volkes zu inszenieren, der die ihm treue Armee einsetzen sollte, um wieder für Ruhe und Ordnung zu sorgen. Doch der erste Putschversuch am 15. August 1953 misslang. Mossadegh hatte von den Plänen Wind bekommen. Er ließ einige iranische Rädelsführer des Putschversuches verhaften und setzte auf den daraufhin untergetauchten General Zahedi ein Kopfgeld aus. Als der Schah erfuhr, dass die Stimmung zu seinen Ungunsten kippte, floh er außer Landes: erst nach Bagdad, dann nach Rom. Am 18. August 1953 sah Mossadegh wie der sichere Sieger aus. Doch ging er von einem Komplott des Schahs und der Briten aus. Er wusste nicht, dass auch die USA darin verstrickt waren. Für den folgenden Tag rief Mossadegh seine Anhänger auf, zuhause zu bleiben, um eine weitere Eskalation der Gewalt auf Teherans Straßen zu verhindern. Mit einem zweiten Putschversuch rechnete Mossadegh nicht. CIA-Agent Roosevelt mobilisierte erneut die Massen. Am 19. August gingen sie für den Schah auf die Straße – diesmal ohne Gegenwehr der Mossadegh-Anhänger. Die Entlassungsurkunden des Schah wurden tausendfach kopiert und unter der Bevölkerung verteilt. Immer mehr Polizei- und Militäreinheiten schlossen sich daraufhin den Demonstranten an und stürmten das Außenministerium und die Polizeizentrale. Unterstützt von einer Panzerkolonne drang eine Menschenmenge zu Mossadeghs Privathaus vor. Dort entbrannte eine Straßenschlacht zwischen Anhängern und Gegnern des Premiers, mehr als 200 Menschen kamen dabei ums Leben. Als die Schah-Anhänger das Haus stürmten, floh Mossadegh über die Gartenmauer. Fünf Tage später stellte er sich und wurde von seinem Widersacher General Zahedi verhaftet. Am 22. August 1953 kehrte der Schah aus Rom zurück. In der Folgezeit errichtete er eine Militärdiktatur, die massiv von den USA unterstützt wurde. Mit amerikanischer Hilfe baute er auch die berüchtigte Geheimpolizei SAVAK auf. Die Verstaatlichung der Ölförderung wurde rückgängig gemacht – fast die Hälfte der Einnahmen daraus ging fortan an amerikanische Firmen. Nach seiner Verhaftung wurde Mossadegh wegen Hochverrats vor Gericht gestellt und zu drei Jahren Gefängnis verurteilt. Im Dezember 1956 aus der Haft entlassen, zog sich Mossadegh in sein Privathaus in Ahmad Abad zurück – bewacht von Mitarbeitern des Geheimdienstes SAVAK. Sein Heimatdorf durfte Mossadegh fortan nicht mehr verlassen. Er starb am 5. März 1967. | Autor: Thomas Latschan | Redaktion: Rodion Ebbighausen