Afghanistan: Leben im Krieg Majid Saeedis Sprache sind Bilder. Eindrucksvolle Fotos, die zeigen, was jahrelanger Krieg mit den Menschen in Afghanistan gemacht hat. Die Spuren sind überall sichtbar - besonders in den Gesichtern. Von Esther Felden Prothese statt Puppe: Spielzeug, das keins ist: Zwei kleine Mädchen spielen südlich der afghanischen Hauptstadt Kabul mit einer Armprothese. Fotos wie dieses machen die Arbeit des in Teheran aufgewachsenen iranischen Fotografen Majid Saeedi aus Ausgezeichneter Fotograf: Mit 16 Jahren begann Majid Saeedi zu fotografieren. In seiner Arbeit mit der Kamera geht es ihm darum, Geschichten hinter den Nachrichten zu erzählen, Geschichten von Menschen, die oft Schreckliches erlebt haben. Für seine Arbeit erhielt er bereits viele Auszeichnungen, wurde unter anderem für die Afghanistan-Dokumentation 2013 beim "World Press Photo Award" mit einem 2. Preis ausgezeichnet. Die Ausdruckskraft der Kinder: Auf einer ganzen Reihe Bilder der Afghanistan-Dokumentation sind Kinder zu sehen - wie dieser Junge, der durch eine Landmine beide Arme verloren hat. Sichtbare Narben: Nicht nur die Menschen selbst, ihre Körpersprache oder ihre Gesichtsausdrücke, sondern auch viele Gebäude in Afghanistan erzählen Geschichten vom Krieg. Häuserruinen, Einschusslöcher überall, bis aufs Fundament zerstörte Gebäude - auch sie legen Zeugnis ab. Gegensätze nebeneinander: Wunden der kriegerischen Vergangenheit inmitten einer beeindruckenden Landschaft: der Kontrast zwischen Schönem und Schrecklichem. Auch das ist Teil von Majid Saeedis Foto-Dokumentation. Abhängige Kinder: Drogensucht ist in Afghanistan ein großes Problem. Das Land ist der weltweit größte Opium-Hersteller, mit einem Marktanteil von fast 90 Prozent. Entsprechend groß ist auch die Zahl der Süchtigen. Niemand weiß genau, wieviele Kinder und Jugendliche betroffen sind, UN-Schätzungen zufolge sind es bis zu 300.000. Militärübung am Morgen: An der Polizei-Akademie von Kabul stehen die Mitarbeiter in Reih und Glied. Seit mehr als zehn Jahren hilft auch die Bundeswehr beim Polizeiaufbau im Afghanistan. Erklärtes Ziel ist es, bis zum Ende des Truppenabzugs im Dezember 2014 eine funktionierende, rechtsstaatlich orientierte Polizei zu etablieren. Es wird bezweifelt, dass das gelingt. Afghanische Pädagogik: Mit schmerzverzerrtem Gesicht nimmt dieser Junge eine Bestrafung von seinem Religionslehrer entgegen. Ein ordentliches Schulsystem existiert in Afghanistan nicht. Viele Kinder gehen gar nicht zur Schule - oder verlassen sie schon nach kurzer Zeit wieder, um etwas zum Lebensunterhalt der Familie beizutragen. Hohes Gut Bildung: Die Jahrzehnte seit 1979 haben deutliche Auswirkungen auf die Bildungsituation der "Kriegsgenerationen". Im Sommer 2011 veröffentlichte die deutsche Bundesregierung alarmierende Zahlen: Demnach hatten 72 Prozent der Männer und 93 Prozent der Frauen keinen Schulabschluss. Burka und Barbie: Im Workshop einer NGO aus Malaysia lernen afghanische Frauen, selbst Puppen herzustellen. 80 Teilnehmerinnen pro Kurs können sich hier weiterbilden - mit dem Ziel, eines Tages selbst für sich sorgen zu können. Rache für Osama: Verletzte eines Taliban-Anschlags in Kandahar im Mai 2011, wenige Tage nach dem Tod von Osama bin Laden. Bei dem Attentat kamen vier Menschen ums Leben, 36 wurden verletzt. Gelebter Körperkult: Ein afghanischer Gewichtheber ruht sich nach dem Wettkampf aus, neben sich die Hanteln. Sportarten wie Bodybuilding erfreuen sich im Land großer Beliebtheit. Ernte in Ruinen: Die vergangenen 30 Jahre - angefangen mit dem Einmarsch der Sowjets über die Taliban bis hin zum ISAF-Einsatz - haben überall im Land Spuren hinterlassen. Spuren, mit denen die Menschen im Alltag konfrontiert werden und leben. Dieser Bauer beispielsweise lädt seine Ernte auf einen noch aus der sowjetischen Besatzungszeit zwischen 1979 und 1989 stammenden Panzer. Pflichtfach Koran: Höchste Konzentration und demonstrative Ruhe. Jungen beim Koran-Studium in einer Religionsschule in der südafghanischen Stadt Kandahar. Beliebtes Schauspiel: Öffentliche Kampfspiele mit Tieren haben in Afghanistan traditionell eine große Fangemeinde. Landesweit finden beispielsweise Hahnen- oder, wie hier, Hundekämpfe vor Publikum statt. Ausgegrenztes Leben: Wer psychisch erkrankt ist, führt ein oft menschenunwürdiges Dasein abgeschottet vom Rest der Gesellschaft: In Ketten liegen diese Patienten in einer psychiatrischen Klinik in der westafghanischen Stadt Herat. Greifbare Trostlosigkeit: Akram trägt anstelle seiner Arme zwei Prothesen. Beim Schlafen kann er die künstlichen Gliedmaßen abnehmen und an die Wand hängen. Ein Junge, dessen Schicksal für das zigtausender Kinder in Afghanistan steht. Schicksale, denen der iranische Fotograf Majid Saeedi durch seine Bilder ein persönliches Gesicht gibt. Von Anfang an sei es ihm ein persönliches Anliegen gewesen, mit Hilfe seiner Fotos menschliche Gewalt zu dokumentieren, um die Öffentlichkeit aufzurütteln, sagt Majid Saeedi. Die Idee, eine Fotodokumentation über Afghanistan zu erstellen, entstand bei einem Besuch im Land - als er im Rot-Kreuz-Zentrum Kriegsopfern persönlich gegenüberstand.