Afghanistan ohne die Taliban
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Die Bevölkerung des Pamir besteht hauptsächlich aus Ismailiten, die zum schiitischen Islam gehören und der Lehre des Aga Khan folgen. Aber einige Gebiete werden auch von konservativen Sunniten kontrolliert. Dort müssen die Frauen die Burka tragen. Von gemäßigten Afghanen werden die Sunniten "Langbärte" genannt – in Erinnerung an die Taliban. -
Niemand vermisst die Zeiten, in denen die Taliban an der Macht waren, besonders die Männer nicht: "Wir durften weder Musik hören noch fernsehen. Dafür mussten wir uns Bärte wachsen lassen, und wenn wir die Regeln brachen, wurden wir auf der Straße verprügelt. Und weil die Frauen nicht aus dem Haus gehen durften, mussten wir unsere Einkäufe auf dem Markt selbst erledigen." -
Ein Zimmer im Dorf von Zebeck. Sind die Frauen einmal im Haus, werden die Burkas ausgezogen und machen lächelnden Gesichtern und Willkommensgrüßen Platz. Diese Frau erzählt mir, wie sehr sie es satt hat, sich in der Öffentlichkeit verstecken zu müssen. "Unter der Burka ist es so stickig!" -
Nicht nur die Frauen schminken ihre Augen mit Kajal, sondern auch die Männer. Die Afghanen glauben, dies würde ihre Sehkraft und ihre Gesundheit verbessern. -
Die kleine Pfütze unter der Wiege deutet darauf hin, dass der Penis des Säuglings in eine hölzerne Pipette gelegt wurde. So kann sein Urin abfließen, ohne seine Kleidung zu beschmutzen. Mein Führer warnt mich: Mache nie einem Neugeborenen Komplimente, da dies den bösen Blick auf das Baby ziehen könnte. -
Die Dorfbewohner sind arm. Das geben sie auch offen zu, ohne sich dafür zu schämen. Aber sie bitten nie um etwas. Im Gegenteil: Trotz ihrer begrenzten Ressourcen sind sie enorm großzügig. Niemand bettelt auf den Straßen. -
Schon seit Jahrhunderten werden die Häuser so gebaut, dass sie den vielen tödlichen Erdbeben der Region widerstehen können. In allen Räumen gibt es ein Oberlicht, das "Chrokona" (vier Häuser) genannt wird. Es wird von fünf hölzernen Säulen gestützt – die an die fünf Säulen des Islam erinnern. Das Oberlicht selbst ist ein Symbol für die vier zoroastrischen Elemente: Erde, Wasser, Feuer und Luft. -
Eine Szene aus dem Dorf Wakhi im Hohen Pamir. Der Höhenmesser zeigt 4.582 Meter an. Die Nomaden wohnen angeblich schon seit über 2.000 Jahren in diesen Bergen. Noch immer leben 10.000 von ihnen von der Weidewirtschaft. Im Sommer steigen sie weiter herauf, um die besten Weideflächen für ihre Herden zu finden. -
In Afghanistan stellen Terroranschläge eine tägliche Tragödie dar. Wenn die Afghanen erfahren, dass es auch in Europa Terroristen gibt, die Bomben zünden und unschuldige Menschen töten, sind sie sehr erstaunt. Sie dachten, Europa sei ein Himmel des Friedens. -
Diejenigen, die - wie dieser Dorfvorsteher - einmal in der Ebene des Tieflands waren, kamen voller Enttäuschung zurück. "Dort musst Du für alles bezahlen! Wir können da unten nicht leben. Wir haben kein Geld." Obwohl es in diesem Teil des Pamir-Gebirges keinen Komfort, keine Ausbildungsmöglichkeiten und keine Gesundheitsfürsorge gibt, würde niemand daran denken, seine Lebensweise zu ändern. -
Einige Frauen verlassen in den beiden Sommermonaten mit ihren Yaks das Dorf, um neue Weideflächen zu suchen. Bis sie wieder zurück sind, werden ihre Verwandten keinerlei Nachricht von ihnen bekommen. -
Die Kinder hier oben haben kaum Ablenkungen. Niemand kennt Fußballstars wie Messi oder Ronaldo. Touristen sind sehr beliebt, da sie etwas Abwechslung in diese monotone Lebensweise bringen. Ich bin der erste Besucher in diesem Jahr. Es ist Anfang August, und die Touristensaison ist im September zu Ende. Dann werden die Berge sechs Monate lang im Schnee verschwinden. -
Fünf Uhr morgens. Die Hunde heulen sich schon die ganze Nacht die Seele aus dem Leib, da Wölfe in der Nähe sind. Jetzt geht der Dorfvorsteher mit 200 Schafen fort, um neue Weideflächen zu finden. Bevor er seine Jurte verlässt, überprüft er sein altes Gewehr. -
"Wir haben gehört, dass in der Ebene Frieden ist und wieder Touristen nach Afghanistan kommen. Ich hoffe, viele von ihnen werden uns besuchen, um unsere Kultur kennenzulernen." Die Region ist der Zugang zum Wachan-Korridor, wo im 13. Jahrhundert Marco Polo unterwegs war. -
Dieses Lächeln kaschiert die harte Lebensrealität der Dorfbewohner: Nur eines von vier afghanischen Kindern erreicht sein fünftes Lebensjahr, die Lebenserwartung liegt bei nur 50 Jahren. Und im Jahr 2015 starben 3.500 Menschen bei Kämpfen oder Anschlägen.
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