Hebammen, eine Hoffnung für Afghanistan Alle zwei Stunden, so schätzen die UN, stirbt in Afghanistan eine Frau während der Schwangerschaft oder bei der Geburt. Ein Pilotprojekt für junge Hebammen soll nun im Taliban-Staat ein Zeichen der Hoffnung setzen. Von Philipp Böll Einsatz auf der Entbindungsstation: Unter Anleitung von Fachpersonal lernen die angehenden Hebammen im Krankenhaus der Provinzhauptstadt Bamiyan, Schwangere bei der Entbindung zu unterstützen und Mutter und Kind nach der Geburt zu betreuen. Das Programm wurde vom UN-Flüchtlingskommissariat (UNHCR) in Zusammenarbeit mit der lokalen Hilfsorganisation "Watan Social and Technical Services Association" ins Leben gerufen. Warten auf die Wehen: Seit dem Machtübernahme 2021 haben die Taliban Frauen den Zugang zu Ausbildung, Universitäten und dem Arbeitsmarkt weitgehend versperrt. Nur im Gesundheitsbereich gibt es Ausnahmen. Die 40 jungen Frauen, die im Rahmen des Pilotprojektes im Krankenhaus von Bamiyan ausgebildet werden, sollen später in ihren Dörfern Schwangere betreuen. Unterricht von Frauen für Frauen: Die Teilnehmerinnen verfolgen den Unterricht konzentriert und motiviert: "Ich möchte lernen und den Menschen in meinem Dorf helfen", sagt eine 23-jährige Hebammenschülerin. Die Hilfe ist nötig: In Afghanistan sterben knapp sechs Prozent aller Neugeborenen, bevor sie das fünfte Lebensjahr vollendet haben. Zur täglichen Routine gehört es, den Blutdruck der schwangeren Frauen zu messen. Einige der angehenden Hebammen sind bereits selbst Mutter und kennen die Probleme während der Schwangerschaft: "Zunächst wollte ich weder Krankenschwester noch Hebamme werden", erzählt eine Projektteilnehmerin. Doch die Erfahrungen während ihrer eigenen Schwangerschaft hätten ihre Einstellung geändert. Kritischer Blick in den Spiegel: Alles muss sitzen: Eine 20-jährige Hebammenschülerin rückt kurz vor Dienstbeginn ihre Kopf- und Nasenbedeckung vor dem Spiegel zurecht. Ihr Einsatz für die Ausbildung zur Hebamme ist enorm, denn sie braucht rund zwei Stunden zu Fuß, um das Krankenhaus zu erreichen. Nach ihrer Ausbildung sollen die Hebammen in abgelegenen Dörfern Frauen bei der Entbindung beistehen. Denn dort sind Menschen oft von medizinischer Versorgung abgeschnitten. Afghanistan gehört nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation zu den Ländern mit den höchsten Müttersterblichkeitsraten: Rund drei Prozent aller Frauen sterben dort während oder an den Folgen der Schwangerschaft. Eine Mutter trauert um ihren Sohn: Die 35-jährige Aziza Rahimi hat aufgrund dieser mangelnden medizinischen Versorgung ihren Sohn verloren. "Ich habe zwei Stunden lang geblutet und mein Mann konnte keinen Krankenwagen auftreiben", sagt sie. Ihr Sohn starb kurz nach Geburt, die sie zuhause selbst durchstand. "Ich habe mein Kind neun Monate in meinem Bauch genährt und es dann verloren, es ist extrem schmerzhaft." Im Krankenhaus von Bamiyan warten Frauen auf Behandlung. Viele von ihnen haben keinen Zugang zu Informationen über Schwangerschaft, Geburt und Familienplanung. Die Geburtenrate in Afghanistan liegt weiter über dem regionalen Durchschnitt, statistisch bringt dort eine Frau 4,64 Kinder zur Welt. Zum Vergleich: Im Nachbarland Iran liegt die Rate bei 1,69.