Im Zeichen des Ornaments – Kunstwerke von Parastou Forouhar
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Die Gleichzeitigkeit des Schönen und des Schrecklichen, die Ambivalenz des Lebens findet in den Schmetterlingen zu einem Ausdruck, zu einem Bild. Das Ornament aus menschlichen Körpern, das sie in sich tragen führt diese Ambivalenz unmittelbar vor Augen. Ins Persische übersetzt heißt Schmetterling „Parwaneh“ – dies ist der Name der Mutter Parastou Forouhars. Er wird zum tragenden Element dieser Arbeit. -
Die Ausstellung "Im Zeichen des Ornaments" in der Kunsthalle Göppingen zeigte zwei elementare Werkgruppen aus dem Schaffen der Künstlerin – die digitalen Ornamente, die sich unter anderem in zwei großformatigen Wandinstallationen zeigen und Fotografien, innerhalb derer das Motiv des Tschadors, dem traditionellen Gewand muslimischer Frauen im Iran, ein geheimnisvolles Bewegungsspiel eingeht. -
Parastou Forouhar befand sich im Jahr 2017 in Stein am Rhein in der Schweiz im Rahmen des Stipendiums der Künsterresidenz Chretzeturm. Der Ort zeigte sich ihr mit seinen erhaltenen historischen Bauwerken unberührt von den Wirrungen der Geschichte als eine ‚heile Welt’. Parallel dazu die erschreckende politische Lage, die Giftgasangriffe in Syrien. Wie kann man man an als Künstlerin an diesem Ort inhaltlich ansetzen, wo nimmt man als Außenstehende einen Faden auf? -
Parastou Forouhar erkundete Stein am Rhein, die Umgebung, die Landschaft und die jeweilige Atmosphäre, nahm diese liebliche Schönheit in sich auf und erschloss sich unterschiedliche Orte für ihre inszenierten Fotografien: Eine schwarz verhüllte Gestalt bewegt sich durch die Gassen, wandelt in der Natur, steigt aus dem klaren Wasser des Rheins. -
Im sogenannten Amtsmannsaal hüpft die Figur auf und ab. Eine ungeheure Haltung in diesem einst offiziellen Raum, die durchaus humorvoll und absurd erscheint. Das fremde Wesen erobert sich den Ort und macht ihn sich zu Eigen. Mehr noch – es nimmt sich heraus in ihm tun und lassen zu können, was in seinem Sinn steht. -
Parastou Forouhar findet in ihren Werken zu prägnanten Bildern, die sich zwischen Schönheit und Grausamkeit bewegen. Ihre Arbeiten ziehen durch ihre Ästhetik an, faszinieren in ihrer Formensprache und offenbaren erst auf den zweiten Blick eine erschreckende Dimension. So zeigen ihre digitalen Zeichnungen zunächst Ornamente von eindrücklicher Schönheit, deren Muster und Farben verführen. -
Die sich über 18 Meter Länge erstreckende Wandinstallation mit dem Titel Die Zeit der Schmetterlinge zeigt dies exemplarisch: Im ersten Betrachten sind die zahlreichen Schmetterlinge sichtbar, die Farben, ihre Interaktion miteinander. Erst im Nähertreten wird die zweite Ebene der Wandinstallation ersichtlich. Die Schmetterlinge sind von einem schwarzen Rand umgeben. Das Ornament, das sie in sich tragen, verhält sich wie ein Vexierbild, das vor unseren Augen hin- und herspringt. -
Auf den ersten Blick mutet Zeit der Schmetterlinge leicht und poetisch an. Die verschiedenfarbigen Falter erheben sich schwerelos in den Raum. Der Schmetterling ist ein Symbol der Schönheit, der Leichtigkeit, Zartheit, aber auch der Vergänglichkeit, der Zerbrechlichkeit und der Flüchtigkeit des Lebens. Allein der Titel rührt daran – Die Zeit der Schmetterlinge ist begrenzt. -
Unzählbar viele zeichenhaft stilisierte Augen bilden das die Fläche füllende Muster der großen Wandarbeit Augen (2018) Parastou Forouhars, des ersten Bildes, dem man sich beim Betreten ihrer Ausstellung in der Kunsthalle Göppingen gegenüber sieht. Wir nehmen zuerst das Ornament wahr, die All-over-Zeichnung in gleichförmigen Reihen, nach allen Seiten rapportfähig, ohne absehbare Begrenzung ausdehnbar. -
Der Blick dieser Augen ist auf den dies Bild betrachtenden Menschen gerichtet, gleich wo er steht. Das Kunstwerk schaut zurück! – in doppeltem Sinne, direkt und unverstellt in das sprichwörtliche „Auge des Betrachters“, in dem sich die Bedeutung des Kunstwerkes entwickelt, und auf das Ereignis, das sich in seiner Wahrnehmung des Werkes spiegelt.
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