Karachis "Pink Riders": Pionierinnen der Strasse In Pakistan beherrschen Männer den öffentlichen Raum, für Frauen gilt das Land als eines der gefährlichsten der Welt. Doch nun trauen sich immer mehr von ihnen, alleine mit einem Motorrad unterwegs zu sein. Von Karin A. Wenger und Philipp Breu Vom Meer her weht ein frischer Wind. Den ganzen Nachmittag finden hier Fahrlektionen statt. Eine Handvoll Frauen übt mit der Hilfe von zwei jungen Fahrlehrern. Auf den Töff darf aber nur, wer Velo fahren kann. Seit der Eröffnung 2018, hat die Fahrschule "Pink Riders" nach eigenen Angaben 4300 Motorradfahrerinnen in mehreren Städten Pakistans ausgebildet. Die Filipina Richelle Ventura, die von allen Zoey genannt wird, hat den Führerschein bereits seit einer ganzen Weile, schaut aber trotzdem immer wieder gerne bei ihren Fahrlehrern vorbei, die heute ihre Freunde und Freundinnen geworden sind. Laut der UNO ist die eingeschränkte Mobilität für Frauen in vielen Ländern ein Hindernis, um Geld verdienen oder sich weiterbilden zu können. Motorradfahrerinnen wie die 37-jährige Yaqoob gibt es in Pakistan erst wenige, obschon die Zweiräder zu den meistbenutzten Fahrzeugen im Land gehören. "Ich fühle mich frei, wenn ich fahre, es ist das pure Glück des Unabhängig- und Selbstständigseins", sagt Yaqoob. Anfangs bekamen die Pink Riders die Wut von Konservativen zu spüren. Der Gründer Payyam-e-Khurram, der sein Geld als Eventmanager verdient und sich als Feminist bezeichnet, erzählt, die Leute hätten ihn als Zuhälter beschimpft. Üblicherweise ist der Platz der Frau auf dem Motorrad hinter dem Mann, beide Beine auf derselben Seite, denn Frauen im Reitersitz gelten als obszön. Manche Leute glauben sogar, dass bei dieser Art zu sitzen das Jungfernhäutchen kaputt geht. Auch Yaqoob erinnert sich, wie sie einmal während einer Fahrstunde auf einer Quartierstrasse von einem Anwohner angeschrien wurde: "Wieso seid ihr hier, habt ihr eine Genehmigung?" Er rief die Polizei, und nachdem diese ihm erklärt habe, es sei eine öffentliche Straße und deswegen erlaubt, habe er gezetert: "Was ihr tut, ist religiös falsch, ihr seid keine guten Frauen!" "Motorcycle Girl": Zenith Irfan, die mit 16 das Motorradfahren für sich entdeckte, gilt als die erste Pakistanerin, die das Land auf einem Motorrad durchquert hat. Irfans Bekanntheit hat dazu beigetragen, dass in Pakistan der Anblick einer Motorradfahrerin ein wenig alltäglicher geworden ist. Für Pakistanerinnen ist es schwierig, sich allein fortzubewegen. Taxis und Rikschas sind teuer, die Infrastruktur des öffentlichen Verkehrs ist auf dem Land wie auch in den meisten Städten miserabel. Zudem zählt Pakistan für Frauen zu den gefährlichsten Ländern der Welt, viele fürchten sich im öffentlichen Verkehr vor Belästigungen und Übergriffen. Die Pink Riders, so nennen sich die Absolventinnen der Fahrschule, organisieren gelegentlich Rallyes, um auf sich aufmerksam zu machen. Sie nehmen öffentlichen Raum ein in einem Land, in dem der vorgesehene Platz der Frau drinnen ist.