"Kritik ist erlaubt, Hetze nicht"
Es gilt als das "Wunder von Duisburg": Nach einer Bauzeit von über dreieinhalb Jahren steht in Duisburg-Marxloh jetzt eine der größten Moscheen Deutschlands, und es gab keine Proteste von Anwohnern.
Die Merkez-Moschee im post-osmanischen Baustil ist schon bei ihrer Eröffnung durch den nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers ein Symbol für die gelungene Zusammenarbeit von islamischer Gemeinde und deutschen Nachbarn. Die Moschee der türkischen Ditib hat eine große Kuppel und ein 34 Meter hohes Minarett, auf den Ruf des Muezzins verzichtet die Gemeinde.
Die Verständigung von Moscheeverein und Anwohnern gelingt in der Regel nicht so konfliktfrei wie in Duisburg, wo die Gemeinde von Anfang an auf Transparenz und offene Kommunikation mit den Anwohnern alle Bedenken ausgeräumt hat.
Derzeit gibt es etwa 160 Moscheen in Deutschland, 180 weitere Moscheeprojekte sind im Bau oder in der Planung. In Köln, Frankfurt, München und Berlin haben diese Vorhaben zu erheblichen Konflikten mit Anwohnern und im Fall Kölns sogar zur anti-islamischen Initiative "ProKöln" geführt.
Beitrag zur Versachlichung der Debatte
Mit weiteren Konflikten ist angesichts der Vielzahl von geplanten Moscheeprojekten zu rechnen. Umso wichtiger sind alle Bemühungen, die zu erwartenden Auseinandersetzungen bereits im Vorfeld zu entschärfen.
Wie die Kirchen dazu beitragen können, haben jetzt die katholischen Bischöfe gezeigt. Sie haben eine Orientierungshilfe zum "Moscheebau in Deutschland" herausgegeben, mit der sie zur "Versachlichung der Debatte" beitragen wollen, wie es in dem Papier vom 25. September heißt. Es richtet sich in erster Linie an Kommunen und Kirchengemeinden.
"Hintergrund sind die in mehreren deutschen Städten teilweise heftig geführten Debatten über die Errichtung von repräsentativen Moscheen", erläuterte Robert Zollitsch, der Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz.
"In den betroffenen Stadtteilen führen größere Moscheen jedoch mitunter zu einer markanten Veränderung im Stadtbild und rufen bei Teilen der seit langem ansässigen Bevölkerung Sorgen vor einer Infragestellung der vertrauten Heimat hervor", so Zollitsch weiter.
Die Bischöfe berufen sich auf das Dokument zur Religionsfreiheit des 2. Vatikanischen Konzils, "Dignitatis Humanae", das die Religionsfreiheit theologisch begründet. Dann stellen sie fest: "Unzweifelhaft gehört zu dieser Sicht der Religionsfreiheit auch das Recht der Muslime auf den Bau würdiger Moscheen". Dieses Recht dürfe "auch nicht daran geknüpft werden, dass Christen in islamischen Ländern gleichfalls individuelle und korporative Religionsfreiheit genießen."
Dennoch erwarte man von den hier lebenden Muslimen, sich dafür einzusetzen, dass umfassende Religionsfreiheit auch in den islamischen Ländern erreicht werde. "Gerade weil wir Christen die Einschränkungen der Religionsfreiheit in muslimisch geprägten Ländern ablehnen und verurteilen, setzen wir uns nicht nur für die Rechte der dortigen Christen ein, sondern auch für die Rechte der Muslime bei uns."
Kontroverse Diskussionen sind legitim und notwendig
Natürlich sei es ein Problem, wenn Christen bespielweise in der Türkei Schwierigkeiten hätten, die Genehmigung für den Bau einer Kirche zu bekommen, meint Jesuit Christian Troll von der Hochschule in St. Georgen, einer der profiliertesten Kenner des christlich-islamischen Dialogs. "Den Bau von Moscheen in Deutschland an die Bedingung zu knüpfen, dass in allen islamischen Ländern Kirchen gebaut werden dürften, wäre aber nicht mehr katholisch".
Kontroverse Diskussionen um den geplanten Bau von Moscheen seien in einer demokratischen und religiös pluralistischen Gesellschaft legitim und notwendig, heißt es in der Orientierungshilfe weiter. Die daraus entstehenden Konflikte gelte es für die deutschen Bischöfe aber gemeinsam und friedlich zu lösen, ohne dass die Grenzen eines respektvollen Miteinanders überschritten werden.
"Auch gibt es nicht wenige Menschen, die vor dem Hintergrund wachsender Furcht vor islamistisch motivierter Gewalt nahezu jedes Moscheebauprojekt zum Anlass nehmen für Kritik am Islam", heißt es in der Orientierungshilfe "und manches Mal auch für Hetze gegen Muslime."
"Geist eines gedeihlichen Zusammenlebens"
Selbstverständlich müsse bei jedem Moscheebau geltendes Bauplanungs- und Bauordnungsrecht eingehalten werden. Die Moschee sollte sich städteplanerisch "in die vorhandene Umgebung einfügen und gewachsene Baustrukturen nicht beeinträchtigen."
An Moscheevereine und muslimische Verbände appellieren die Bischöfe, offen über "die Finanzierung ihres Vorhabens, über Trägerstrukturen und Verantwortlichkeiten" zu berichten. Transparenz sei der Schlüssel, um Misstrauen und Vorbehalte abzubauen.
Über die Höhe von Minaretten äußern sich die Bischöfe nicht konkret, aber sie betonen, religiöse Bauten dürften nicht zum "Ausdruck von Machtansprüchen, Rivalität oder eines aggressiven Gegeneinanders missbraucht werden." Außerdem sollte die Bevölkerung von Anfang an in die Planungen mit einbezogen werden, um Befürchtungen abzubauen.
Bischof Zollitsch fasst die Orientierungshilfe mit den Worten zusammen: "Kritik ist erlaubt, Hetze nicht. Auch in kontroversen Debatten muss der Geist eines gedeihlichen Zusammenlebens herrschen." Mit ihrer Orientierungshilfe erteilen die Bischöfe all jenen eine Absage, die als selbst ernannte Retter eines christlichen Abendlandes die Ängste von Menschen angesichts der zunehmenden Präsenz des Islam politisch instrumentalisieren.
Claudia Mende
© Qantara.de 2008
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