Kampagnen auf unterstem Niveau
Die tunesische Journalistin Sihem Bensedrine kämpft gegen die unbeschreiblichen Methoden des Regimes von Zine El Abidine Ben Ali, der vor nichts zurück schreckt, wenn es darum geht, Oppositionelle durch den Schmutz zu ziehen. Die arabische und muslimische Welt zeigt sich nahezu indifferent in dieser Angelegenheit, schreibt Hamid Skif in seinem Kommentar.
Es ist eines der wenigen Regime der Welt, das sich der Photomontage bedient und gefälschte Videos in Umlauf bringt, um die Ehre von Menschen anzugreifen. Zahlreiche Oppositionelle haben solche Verleumdungen teuer bezahlt.
So wurde im letzten Jahr Sihem Bensedrine, deren Wohnung permanent von der Polizei überwacht wird, auf offener Straße von einem von der Zivil-Polizei protegierten Delinquenten niedergeschlagen.
Verdienstorden für Schmierenkampagne
Tunesiens Präsident Zine El Abidine verlieh am 28. Mai Abdelhamid Riahi, dem einzigen Journalisten, der es gewagt hatte, diese schmutzigen Artikel mit seinem Namen zu zeichnen, die Medaille "Offizier für kulturelle Verdienste". Damit bringt er seine persönliche Unterstützung der letzten zwei Wochen währenden Kampagne zum Ausdruck.
Sihem Bensedrine ist froh über die Unterstützung von Journalisten und Frauenorganisationen im Maghreb, besonders die Haltung der Algerier berührt sie sehr. Sie erhält nach wie vor E-Mails von Maghrebinern, die empört sind über die Schmutzkampagne, die die privaten Zeitungen aus Tunis auf Geheiß des Innenministeriums lanciert haben.
In Tunesien selbst unterstützen sie die "Demokratischen Frauen", der "Nationale Rat für Freiheiten", deren Sprecherin Sihem Bensedrine ist, die "Menschrechtsliga" sowie einige Journalisten, neben Anwälten, die sich zwecks ihrer Verteidigung zu Wort gemeldet haben.
Juristischer Widerstand kaum Erfolg versprechend
Die Anwälte haben – wie schon in der Vergangenheit – ihre Hilfe angeboten, um sie vor Gericht zu verteidigen. Sie hat gegen drei Zeitungen Anzeige wegen Verleumdung erstattet.
Es steht außer Frage, dass diese Anzeigen, von denen lediglich eine einzige aufgenommen wurde, nie zu einem Ergebnis kommen werden. Im Jahr 2001 hatte Sihem Bensedrine als Reaktion auf eine andere Kampagne bereits einen Prozess angestrengt.
Sie fand sich einem Richter gegenüber, der ihr zu verstehen gab, es sei an ihr, den Beweis zu erbringen, nicht das zu sein, was ihre Verleumder behaupteten! "Ich habe aus Prinzip Anzeige erstattet, aber ich gehe davon aus, dass meine Klage abgewiesen wird", unterstreicht Sihem Bensedrine:
"Ich habe die Angelegenheit vor den Sonderberichtserstatter der UNO für Menschenrechtsfragen und andere Organisationen gebracht, denn auch wenn mich diese Kampagne nicht persönlich berührt, bedeutet sie doch einen schwerwiegenden Angriff auf meine Ehre. Es ist eine Abteilung des Innenministeriums, die den Auftrag hat, Dissidenten zu besudeln", so Bensidrine.
Diffamierungen unter der Gürtellinie
Sie würden als Verräter behandelt, als Leute, die sich an die Zionisten und Amerikaner verkaufen, meint die Journalistin: "Diese Kampagnen bewegen sich auf unterstem Niveau. So tritt die frauenfeindliche Seite des Regimes klar zu Tage, die Kehrseite des Staatsfeminismus, mit dem man sonst prahlt. Eine Frau im öffentlichen Raum ist eine Prostituierte, sobald sie nicht den schäbigen Interessen der Regierung zu Diensten ist", fügt sie hinzu.
Sihem Bensedrine ist überzeugt, dass die Veröffentlichung eines Berichts des "Nationalen Rates für Freiheiten" über die institutionelle Desinformation in Tunesien der ausschlaggebende Faktor für diese x-te Kampagne war. Dieser Bericht enthüllte, dass die auflagenstarken Zeitungen unter der Hand vom Innenministerium finanziert und gelenkt werden.
"Wenn ich den Hass einschätze, der durch diese Schriften auf mich niederprasselt, gibt es in der Tat eine reale Gefahr, das Opfer von Schlägen unter die Gürtellinie zu sein, aber das gehört zum Risiko, das ich eingehen muss", erklärt Sihem Bensedrine.
Weiterhin setzt sie sich für ungerechtfertigt Inhaftierte und Gefolterte ein, wie den Maler Amin el-Hadli und Dutzende junger Leute, die angeklagt werden, zu Integristengruppen zu gehören, ohne dass auch nur der geringste Beweis dafür erbracht worden ist.
Unterstützung aus dem Ausland
In Deutschland hat Klaus von Dohnanyi, ehemaliger Erster Bürgermeister von Hamburg und Gründer der Hamburger Stiftung für Politisch Verfolgte, einen offenen Brief an Außenminister Joschka Fischer publiziert, in dem er ihn auffordert, bei der tunesischen Regierung zu intervenieren, damit diese der Kampagne ein Ende setze und für die Sicherheit Sihem Bensedrines garantiere.
Anstatt die Öffentlichkeit, der ein Maulkorb verpasst worden ist, anzuhören, wird Zine El Abidine Ben Ali auf seine Freunde im Westen hören, die gegenwärtig seine beste Unterstützung sind.
Hamid Skif
© Qantara.de 2005
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