Dr. Jochen Schrader, 30. Januar 2009

Zu: Netzwerk "Ergenekon" in der Türkei

Sehr geehrte Qantara-Redaktion,

ich habe mit großem Interesse Ihren Artikel über "Ergenekon" auf Qantara.de gelesen.

Diese informellen, von ganz oben gesteuerten kriminellen Strukturen in der türkischen Gesellschaft gibt es nicht erst seit dem Kalten Krieg und den Siebziger Jahren.

Mein Urgroßvater Dr. Friedrich Schrader hat ähnliche Strukturen in der Zeit der jungtürkischen Herrschaft 1908 bis 1918 bereits in seinem Artikel "Politisches Leben in der Türkei" von 1919 beschrieben, wo er diese Strukturen "Tschetetschilik" ("çetecilik", Anm. d. Red.) nannte. Sie waren für zahlreiche politische Morde in der jungtürkischen Periode verantwortlich und auch wesentliche Betreiber der Verfolgung nichtmuslimischer Minderheiten während der Kriegsjahre. ("Dr. Friedrich Schrader, Politisches Leben in der Türkei: Die Neue Zeit, 1919, Jahrgang 37, Band 2, pp. 460-466".)

Die "Neue Zeit" war das führende sozialdemokratische Theorieorgan weltweit, und neben den zahlreichen SPD-Tageszeitung die wichtigste Publikation der SPD in Deutschland.

Mein Urgroßvater war in den Jahren vor 1918 einer der bedeutendsten Türkeikorrespondenten in der deutschen Presse. In Istanbul war er Mitbegründer und langjähriger stellvertretender Chefredakteur der deutsch- und französischsprachigen Tageszeitung "Osmanischer Lloyd".

http://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_Schrader

Herzliche Grüße!

Dr. Jochen Schrader, Heidelberg