Anlaufstelle für Deutschinteressierte in Ägypten

Zum ersten Mal eröffnete eine Zweigstelle der "Gesellschaft für Deutsche Sprache" in einem arabischen Land. Nelly Youssef sprach mit der Organisatorin Nahd El-Dib über die geplanten Aktivitäten und den Stellenwert der deutschen Sprache in Ägypten.

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​​Welche Ziele verfolgt man mit der Eröffnung der Zweigstelle der Gesellschaft für Deutsche Sprache in Kairo?

Nahd El-Dib: Ich denke, dass diese Zweigstelle eine besondere Bedeutung hat. Sie ist die erste Zweigstelle der Wiesbadener "Gesellschaft für Deutsche Sprache" in einem arabischen Land und bereits die zweite in der Region des Nahen Ostens nach der Zweigstelle in Israel.

Unser Ziel ist es, Aufmerksamkeit für die deutsche Sprache und die Deutschsprechenden in Ägypten zu wecken und die Sprache zu pflegen. Das geschieht durch Vortragsveranstaltungen, Seminare, Workshops und andere Aktivitäten wie z.B. Filmvorführungen und dem Austausch mit den anderen Zweigstellen in der ganzen Welt, indem wir diese besuchen.

Mit unserer Zweigstelle möchten wir nicht monopolisieren oder mit anderen in Konkurrenz treten. Im Gegenteil: Wir versuchen, als Arbeitsgruppe und nicht als Einzelpersonen, die Präsenz der deutschen Sprache und ihre Verbreitung in Ägypten zu bewahren oder zu schützen. Daher wollen wir die Forschung und wissenschaftliche Diskussionsforen zum Thema unterstützen, insbesondere, da es eine Sprache ist, die sich im Laufe der Zeit verändert und Worte aus anderen Sprachen aufnimmt.

Ägyptischen Forschern und Akademikern bieten wir die Gelegenheit, ihre verschiedenen Studien über die deutsche Sprache, ihre Entwicklung, die Möglichkeiten ihrer Verwendung und den modernen Sprachgebrauch in zwei regelmäßig erscheinenden Zeitschriften, die von der Universität Ulm herausgegeben werden, zu veröffentlichen.

Mit Ulm wollen wir in ständigem Kontakt stehen, um über Ereignisse und Entwicklungen auf dem neuesten Stand zu bleiben.

Wie beurteilen Sie das Interesse ägyptischer Jugendliche an der deutschen Sprache? Welche Gründe gibt es hierfür?

El-Dib: Die junge Generation in Ägypten hat ein starkes Interesse an der deutschen Sprache, die Zahl der Deutschlernenden in Ägypten steigt von Jahr zu Jahr. Durch die jahrelange Unterstützung des Bildungsministeriums wird Deutsch in den Oberstufen der staatlichen Schulen als zweite Fremdsprache nach dem Englischen gelehrt.

Die Zahl der sprach- und literaturwissenschaftlichen Fakultäten an den verschiedenen ägyptischen Universitäten ist ebenfalls hoch, dazu kommen die spezialisierten Institute, die deutschen Schulen und die Schüler des Goethe-Institutes.

Meiner Meinung nach erfreut sich die deutsche Sprache in Ägypten einer großen Beliebtheit, verglichen mit anderen arabischen Ländern. Die Jugendlichen hier wünschen sich, die westliche Kultur im Allgemeinen und besonders die deutsche kennen zu lernen. Das Erlernen der deutschen Sprache ist sozusagen der Schlüssel hierzu.

Die Zahl der deutschen Touristen in Ägypten steigt weiterhin an, und so gibt es auch für die Jugendlichen, die Deutsch sprechen, mehr Möglichkeiten, die Sprache anzuwenden, was wiederum das Interesse am Erlernen der Sprache steigert.

Im Vergleich zum Englischen und Französischen ist das Deutsche in den arabischen Ländern kaum verbreitet, was natürlich auf die politischen Entwicklungen im 19. und 20. Jahrhundert zurückzuführen ist. Kann dies durch die Aktivitäten der Universität ausgeglichen werden oder bleiben diese Aktivitäten auf einen akademischen Kreis beschränkt?

El-Dib: Wir sprechen nicht nur Akademiker und Fachleute an. Ganz im Gegenteil: Unsere Türen stehen allen Interessierten offen, so dass sie zu uns kommen und unsere Versammlungen und Seminare besuchen können. Bei uns kann jeder Hilfestellung finden, was die Ursprünge der Wörter im Deutschen angeht. Wir wollen sie auch darin unterstützen, die Bedeutung der verschiedenen Namen zu kennen, die richtige Aussprache zu erlernen und Probleme der deutschen Grammatik zu lösen.

Die Schüler und Interessierten haben die Möglichkeit, bei allen möglichen Lernproblemen von uns Hilfen zu erhalten. Sie können von hier aus mit der Hauptstelle Kontakt aufnehmen, um Nachschlagewerke, Lexika, Bücher und spezielle Internetpublikationen, die ihnen dann zur Verfügung stehen, zu nutzen. Derzeit denken wir darüber nach, eine Leihbibliothek einzurichten, so wie es sie schon im Goethe-Institut gibt.

Das Ziel unserer Arbeit soll sein, eine Anlaufstelle für alle Interessierten zu bieten, seien es Individuen oder Institutionen, Fachleute oder Schüler, Ägypter oder Deutsche, die in Ägypten leben. So bieten wir allen die Gelegenheit, gemeinsam eine Sprache zu sprechen und einen Kulturdialog in der Sprache zu führen, mit der wir arbeiten, und das ist Deutsch.

Der Vorsprung des Englischen und Französischen gegenüber dem Deutschen hat eine lange Geschichte. Englisch ist die Sprache, in der sich die Welt miteinander verständigt. Allerdings glaube ich, dass das Deutsche, das an dritter Stelle steht, hinsichtlich seiner Verbreitung in der arabischen Welt den Vorsprung zum Französischen verringert.

Ich kann allerdings nicht sagen, dass unsere Gesellschaft dazu beitragen kann, das Wunder zu vollbringen, die Verbreitung des Deutschen zu fördern, da wir keine Forschung betreiben. Wir wollen die Sprache unterstützen, ihre gegenwärtige Verbreitung bewahren und ihre Stellung stärken.

Wie kam es zu der Idee, eine Zweigstelle der Gesellschaft in Kairo zu eröffnen?

El-Dib: Die Idee kam durch den Kontakt zustande, den einige Angehörige der literaturwissenschaftlichen Fakultät und ich zu Professorin Eva Neumann von der Universität Wuppertal bereits seit zwei Jahren pflegen. Sie schlug uns vor, hier in Kairo eine Zweigstelle zu gründen.

Wir begannen mit den Vorbereitungen und warben hierfür bei vielen Institutionen, Universitäten und Instituten, die sich mit der deutschen Sprache beschäftigen und die diese Informationen an ihre Besucher weitergaben.

Das Interview führte Nelly Youssef

© Qantara.de 2004

Nahd el-Dib besuchte die Deutsche Schule in Kairo und absolvierte 1966 ihr Studium an der Philosophischen Fakultät in der Abteilung der deutschen Sprache. Sie arbeitete als Dozentin für Deutsch und promovierte an der Universität Heidelberg.