Der Weg in die Demokratie ist vorgezeichnet
Die irakische Wahlkommission hat am Sonntag (13.2.) in Bagdad die Ergebnisse der Wahlen vom 30. Januar verkündet. Sie könnten sich als die Grundlage einer freiheitlichen Demokratie erweisen, auch wenn der Weg dazu voller Hindernisse ist. Peter Philipp kommentiert.
Wenn Saddam Hussein zur Wahl bat, dann war das Wahlergebnis immer vorhersehbar und die Behörden mussten im Grunde nur aufpassen, dass sie nicht versehentlich mehr als 100 Prozent bekannt gaben.
Vor diesem Hintergrund mag es ja sein, dass die Anhänger der überwiegend schiitischen "Vereinigten Irakischen Allianz" einen klareren Sieg erwartet hatten, aber 48,1 Prozent ist durchaus ein respektables Ergebnis, das den Vertretern dieser Wahlkoalition nun wohl auch den erwarteten Zugang zu den wichtigsten politischen Ämtern verschaffen dürfte.
Und auch die anderen haben eigentlich keinen Grund zur Unzufriedenheit: Die Kurden wurden - mit 25,8 Prozent - Zweite, als Dritter errang der gegenwärtige Interim-Premiers Ijad Allawi knapp 14 Prozent.
Wichtiger als solche Prozentzahlen aber ist sicher die Tatsache, dass hier zum ersten Mal im Irak - und eigentlich auch in weiten Teilen der arabischen Welt - Wähler wirklich etwas wählen konnten und nicht gezwungen waren, einem Regime zuzustimmen, das nicht einmal nominell eine Opposition zuließ.
Kritiker weisen darauf hin, dass dies keine freien Wahlen gewesen seien, weil sie unter Besatzung stattfanden und weil die meisten Sunniten nicht teilnehmen konnten.
Argumente, die nur oberflächlich betrachtet verfangen, denn die Sunniten wurden weder von den Besatzern noch von der Interimsregierung am Wahlgang gehindert. Sondern von Radikalen aus den eigenen Reihen und auch vom eigenen Klerus, der seinerseits unter den Druck der Extremisten geriet.
Und Wahlen unter Besatzung hat es 1949 auch in der Bundesrepublik gegeben - freie Wahlen, die die Grundlage abgaben für eine freiheitliche Demokratie in Deutschland.
Freilich gab es damals in Deutschland nicht diese Gewalt, unter der der Irak jetzt leidet, aber dennoch bleibt zu hoffen, dass mit den Wahlen im Irak ein ähnlicher Prozess ausgelöst wurde. Die Wähler haben demonstriert, dass ihnen die Aussicht auf Freiheit viel wert ist und dass sie dafür bereit sind, ihr Leben aufs Spiel zu setzen. Da wäre es tragisch, wenn es jetzt nicht gelänge, den begonnenen Weg fortzusetzen.
Dieser Weg ist vorgezeichnet, aber er führt durch viele Minenfelder. Das jetzt gewählte Übergangs-Parlament muss einen Präsidenten und zwei Stellvertreter benennen, die ihrerseits den Regierungschef berufen.
Das Parlament muss die Verfassung überarbeiten und verabschieden, und im Dezember sollen dann erneut Wahlen stattfinden - auf der Grundlage dieser Verfassung und damit völlig legitim.
Hindernisse auf diesem Weg wird es genug geben. Etwa bei der Frage, wie "islamisch" der Staat werden soll. Aber es gibt auch Hoffnung: Selbst die religiösen Führer der schiitischen Mehrheit lehnen eine irakische Version der "Islamischen Republik" ab.
Bleiben sie dabei, dann werden sich Koalitionen bilden lassen und dann ist wohl auch damit zu rechnen, dass die jetzt noch demonstrierten ethnischen und religiösen Affinitäten künftig weniger bedeuten und an ihre Stelle politische Parteien treten werden. Die dann allen offen stehen - auch den Sunniten - damit der Irak seine nationale Einheit bewahren kann.
Peter Philipp
© DEUTSCHE WELLE/DW-WORLD.DE 2005