Zerstörung eines Kunstwerks

Eine handgreifliche Attacke des israelischen Botschafters in Stockholm gegen ein angeblich Gewalt verherrlichendes Kunstwerk hat zu einem diplomatischen Konflikt zwischen Schweden und Israel geführt. Bettina Marx kommentiert.

Installation von Dror Feiler und Gunilla Skoeld, Foto: AP
Installation von Dror Feiler und Gunilla Skoeld

​​Zvi Mazel handelte mit Vorbedacht. Schon bevor er die Ausstellung im Stockholmer Museum besuchte, hatte sich der israelische Botschafter in Schweden überlegt, wie er auf die Installation des israelisch-schwedischen Künstlerpaares Dror Feiler/Gunilla Skoeld reagieren werde.

Sein Wutausbruch beim Anblick des Kunstwerkes mit dem Bild einer palästinensischen Selbstmordattentäterin war also keineswegs spontan. Nein, es war eine gezielte Provokation gegen den Künstler, den die israelische Botschaft in Stockholm wegen seiner linken politischen Ansichten und seiner Herkunft aus einem kommunistischen Elternhaus als anti-israelisch brandmarkt.

Darüber hinaus war die Tat des Botschafters aber auch ein gezielter Angriff auf sein Gastland Schweden, das in Israel beschuldigt wird, einseitig für die Palästinenser Partei zu ergreifen und damit dem Antisemitismus Vorschub zu leisten. Es war der Versuch, den Schweden, die in der ganzen Welt wegen ihres Liberalismus und ihrer Toleranz bekannt sind, die israelische Sicht des Nahost-Konfliktes aufzuzwingen.

Israelischer Botschafter in Schweden, Zvi Mazel, Foto: AP
Israelischer Botschafter in Schweden, Zvi Mazel

​​Dieser offiziellen Sicht zufolge gibt es in diesem Konflikt eine klare Schuldzuweisung an die Palästinenser. Sie tragen die Schuld an der verfahrenen Situation, sie haben sich der Gewalt und dem Terror verschrieben, sie sind nicht bereit, Frieden mit Israel zu schließen. Die Palästinenser sind die Täter, die Israelis die Opfer, so die in Israel tief verwurzelte Ansicht.

Dabei spielt es keine Rolle, dass die tägliche Realität in den palästinensischen Gebieten ein ganz anderes Bild zeigt. Gerade in diesen Tagen, in denen überall im Westjordanland Zäune gezogen werden und in Ostjerusalem eine acht Meter hohe Betonmauer die palästinensischen Vororte durchschneidet, gerade in diesen Tagen werden die wirklichen Machtverhältnisse in diesem Konflikt besonders deutlich.

Seit mehr als drei Jahren erleben die Palästinenser immer schlimmer werdende Beschränkungen ihrer Bewegungsfreiheit und zunehmende Unterdrückung durch die israelische Besatzung. An hunderten von zum Teil willkürlichen Straßensperren sind sie Tag für Tag Demütigungen ausgesetzt. Palästinensische Männer werden vor ihren Familien erniedrigt, Frauen müssen an Straßenblockaden gebären, Kinder leben in dramatischer Angst vor Razzien und Bombardierungen.

Dass eine solche Politik nicht ohne Folgen für die Besatzer bleiben kann, liegt auf der Hand. Es sind israelische Zivilisten, Frauen, Männer und Kinder, die für die Folgen dieser Politik mit ihrem Leben bezahlen müssen. Fast 1.000 Israelis sind seit Beginn der Intifada vor mehr als drei Jahren schon durch palästinensischen Terror ums Leben gekommen. Sie sind gestorben in einem Meer aus Blut, wie es der Künstler Dror Feiler nach eigenem Bekunden in seiner Installation in Stockholm zeigen wollte.

Nach israelischer Auffassung aber richtet sich der palästinensische Terror nicht gegen die Besatzung, die Millionen Menschen die grundlegenden Rechte vorenthält, sondern gegen die Israelis als Juden. Die Opfer würden nur deswegen ermordet, weil sie Juden seien, heißt es immer wieder.

Abweichende Meinungen finden in diesem Weltbild keinen Platz mehr. Liberalismus und Toleranz - das sind zwei Eigenschaften, die in Israel leider mehr und mehr verloren gehen. Der israelische Botschafter in Schweden hat dies mit seinem Akt des Vandalismus vor der ganzen Welt deutlich gemacht.

Bettina Marx

© DEUTSCHE WELLE/DW-WORLD.DE 2004