Laila Ahmad, 9. Oktober 2006
zu: Zeitbombe Hindukusch, von Martin Gerner
Lieber Herr Gerner, liebe Qantara-Redaktion,
zu den "traditionellen Wertvorstellung", die Sie offenbar erhaltenswert finden oder nur sehr langsam verändern möchten, gehört, dass Frauen kein Recht auf Bildung haben.
Auch gegen den Willen der Stammesoberhäupter müssen Mädchenschulen errichtet werden, egal von wem, von den Afghanen oder von ausländischen Geldgebern. Afghanistan ist nicht nur Opfer des Kalten Krieges, der Neuen Weltordnung, sondern auch der "traditionellen Wertvorstellungen".
Ich kann es verstehen, dass Menschen aus dem Westen sehr kritisch mit dem Vorgehen ihrer Regierungen im Ausland umgehen. Aber, lieber Herr Gerner, spannen Sie uns nicht in den Dienst ihrer Kritik. Ein Land, das viele Jahrzehnte in Anarchie und unter den Gesetzen der Stämme und des Islam gelebt hat, kann nicht innerhalb von fünf Jahren modernisiert werden. Und natürlich möchten viele die alten Zustände erhalten, weil sonst ihre Macht passé ist. Deswegen sind die Ansätze von Demokratie eine Bedrohung für sie. Das heißt aber lange nicht, dass diese Ansätze schlecht sind.
Laila Ahmad
ehemalige afghanische Flüchtlingsfrau in Deutschland