Zweifel an Mohammeds Existenz gefährdet islamischen Religionsunterricht
Der Plan, Lehrer für islamischen Religionsunterricht an deutschen Schulen auszubilden, hat dieser Tage einen schweren Rückschlag erfahren:
Der "Koordinationsrat der Muslime in Deutschland" (KRM), dem die vier größten muslimischen Organisationen in Deutschland angehören, hat seine Zusammenarbeit mit dem "Centrum für Religiöse Studien" an der Universität Münster eingestellt, das erst vor wenigen Jahren als erstes seiner Art Kurse zur Ausbildung von Islam-Religionslehrern aufgenommen hatte.
Im Mittelpunkt der Auseinandersetzung steht der Direktor des Instituts: Professor Muhammad Sven Kalisch, der selbst als 15jähriger zum Islam übergetreten war. Kalisch erzählte in einem Rundfunkinterview, dass er nach umfangreichen Studien zu einer – besonders für einen Muslim – brisanten Erkenntnis gekommen ist:
Tendenz zur Nicht-Existenz Mohammads
"Die Ergebnisse, die für mich dabei herausgekommen sind, sind einfach die, dass nach meiner Überzeugung es weder beweisbar ist, das Mohammed gelebt hat oder nicht gelebt hat", so Kalisch. "Ich glaube, das kann man nicht eindeutig entscheiden – wenngleich ich zugebe, dass ich eine gewisse Tendenz zu seiner Nicht-Existenz habe. Aber das muss man sagen können und darüber muss man sich wissenschaftlich auseinandersetzen können."
Doch der Koordinierungsrat der Muslime ist nicht bereit zu solch einer wissenschaftlichen Auseinandersetzung. Dies sei auch nicht dessen Aufgabe und auch nicht das Thema, meint der Sprecher des Rates, Ali Kizilkaya, der kritisch feststellt:
"Also, wenn es den Propheten nicht gegeben hat, dann gibt es den Koran nicht. Und wenn es den Koran nicht gibt – was bleibt übrig?", fragt Kizilkaya und fügt hinzu: "Also, dann müsste man die Religion abschaffen. Nein, also das glauben wir nicht: Wir sind überzeugt, dass es den Propheten gegeben hat und dass der Koran Gottes Wort ist."
Die Frage der akademischen Freiheit des Forschers steht für den Koordinierungsrat hierbei auch nicht zur Diskussion, sondern die Frage, ob jemand mit solchen Ansichten und Überzeugungen geeignet ist, Religionslehrer auszubilden – für eine Religion, an deren Grundfesten er selbst Zweifel anmeldet.
Der Rat hat deswegen nicht nur seine Mitarbeit im Beirat des Münsteraner Instituts eingestellt, er ruft auch junge Muslime auf, sich nicht mehr für den dortigen Studiengang einzuschreiben.
Rückschlag für islamischen Religionsunterricht
Die Verärgerung über die Thesen des Professors und der Rückzug des Koordinationsrates dürften die Bemühungen um eine Verbesserung der Integration von Muslimen in Deutschland um mehrere Schritte zurückwerfen.
Denn die Einführung eines islamischen Religionsunterrichts an deutschen Schulen und mit in Deutschland ausgebildeten Lehrern dürfte nun – zumindest im bevölkerungsstärksten Bundesland Nordrhein-Westfalen – erneut auf die lange Bank geschoben werden. Obwohl die deutschen Behörden und auch die wichtigsten muslimischen Verbände sich grundsätzlich eigentlich darüber einig waren.
Die Themen "Integration" und "Dialog mit dem Islam" werden spätestens seit dem 11. September 2001 auch in Deutschland groß geschrieben.
Die Tatsache, dass einige der Täter als so genannte "Schläfer" unerkannt in Deutschland gelebt hatten, verstärkte die Furcht, dass auch andere Muslime hier dem Einfluss radikaler Gruppen ausgesetzt sein könnten, vor allem aber, dass muslimische Kinder und Jugendliche möglicherweise in privatem Religionsunterricht von religiösen Fanatikern indoktriniert werden.
Weitgehend unbeachtet war bis dahin nämlich geblieben, dass die rund 800.000 Kinder der etwa drei Millionen Muslime in Deutschland Religionsunterricht nicht an den staatlichen deutschen Schulen erhielten, sondern in "Hinterhof-Koranschulen", deren Lehrpersonal wie auch Lehrpläne weitgehend unkontrolliert blieben von den staatlichen Schulbehörden.
Langer Weg bis zur rechtlichen Gleichstellung
Laut Artikel 7 des Grundgesetzes haben die Religionsgemeinschaften ein Mitspracherecht bei der Gestaltung des ebenfalls in der Verfassung verankerten Religionsunterrichts. Bei den Kirchen funktioniert dies, und die Kirchen würden natürlich ihre Religionslehrer nicht bei jemandem studieren lassen, der die Grundlage des christlichen Glaubens in Frage stellt.
Im Fall der Muslime ist die Lage komplizierter, weil diese bisher nicht als religiöse Körperschaft auftreten und anerkannt sind. Die Gründung des Koordinierungsrates war ein erster Schritt in diese Richtung, der Weg zu einer rechtlichen Gleichstellung mit Christen und Juden in Deutschland ist aber wohl noch lang.
Je länger die Frage aber nicht geregelt wird, desto mehr wird dadurch auch die erhoffte Integration untergraben, weil die Kinder das Gefühl bekämen, für ihre Religion gebe es in der Schule keinen Platz. Wie lange es noch bis zur erhofften "Normalisierung" dauern mag, kann auch Kizilkaya nicht sagen, besonders jetzt nicht – nach dem Streit um Professor Kalisch.
Peter Philipp
© DEUTSCHE WELLE 2008
Qantara.de
Islamischer Religionsunterricht in Deutschland
Auf die lange Bank geschoben
Schulversuche zum islamischen Religionsunterricht laufen derzeit in vielen Bundesländern. Aber nach wie vor wird in Deutschland "Islamische Religion" als ordentliches Lehrfach nicht angeboten. Von Lamya Kaddor
Lehrerausbildung
Neues Institut für islamischen Religionsunterricht
An der Universität Münster wurde das "Centrum für Religiöse Studien" eingerichtet, an dem auch Lehrer für den islamischen Religionsunterricht an öffentlichen Schulen ausgebildet werden sollen. Peter Philipp sprach mit Dr. Kalisch, dem Professor für die Religion des Islam.
Muhammad Kalisch:
"Der Islam und wir Muslime werden zu einem Feindbild aufgebaut"
Muhammad Kalisch, Professor für die "Religion des Islam" am "Centrum für Religiöse Studien" der Universität Münster plädiert angesichts des Karikaturenstreits für absolute Meinungsfreiheit. Die Würde des Menschen darf dabei jedoch nicht verletzt werden.