Wenn der Glaube den Durst löscht
In seinem Lieblingscafé in Rabat lässt Benbrahim Rahouf die Vormittage normalerweise entspannt mit Orangensaft, Minztee und Limonade an sich vorbeiziehen.
Doch damit ist jetzt Schluss, denn der heilige Fastenmonat Ramadan beginnt, und das Café macht tagsüber dicht. Essen und Trinken ist jetzt von früh bis spät verboten. Benbrahim hat den Ramadan zwar schon oft überstanden, doch ausgerechnet jetzt schwitzt Marokko aus allen Poren.
Die Sonne brennt gnadenlos, und schon der Gang zum Zeitungskiosk ist besser als jeder Saunaaufguß. Da wird auch dem erfahrenen Moslem etwas mulmig: "Die Hitze ist ein großes Problem, denn jeder Arzt empfiehlt einem doch, viel Wasser zu trinken, damit man keine Nierenprobleme bekommt. Wir schießen das jetzt alles in den Wind und fasten den ganzen Tag."
Manche Kulturen verzichteten wenigsten nur tagsüber auf das Essen, sagt Benbrahim, doch seine Kultur respektiere eben die Tradition.
Fasten bei 40 Grad im Schatten
Diese Tradition will es, dass die arabische Welt und Afrika es in diesem Ramadan besonders schwer haben. Und auch in den nächsten Jahren wird das Fasten nicht einfacher werden, denn der neunte Monat im islamischen Mondkalender verschiebt sich jedes Jahr 10 Tage nach vorne.
Also mitten in die Zeit hinein, in der es zum Beispiel in Marokko besonders heiß ist. Yussuf, ein Bankmanager aus Saudi-Arabien, verbringt den Ramadan ganz bewusst in Rabat, um seine marokkanische Freundin Rachida zu unterstützen. Denn die jammert ihm jeden Tag die Ohren voll.
Klar sei es hier schwül und warm, sagt Yussuf, aber das sei im Vergleich zu Saudi-Arabien noch gar nichts. Dort kletterten die Temperaturen jeden Tag auf mehr als 50 Grad und man könne kaum rausgehen, ohne gleich wieder unter die Dusche zu springen.
Dass er und seine Freundin das Fasten zusammen schaffen können, davon ist der Manager überzeugt. "Nur in den ersten zwei, drei Tagen wird es hart, aber dann haben wir uns sicher schon dran gewöhnt."
Den Durst vergessen
Um nicht an den Durst denken zu müssen, ist jede Ablenkung willkommen. Deswegen haben Kinofilme auf DVD im Ramadan ebenso Hochkonjunktur wie die Seifenopern im Fernseh-Sonderprogramm.
Eigentlich ist Ramadan ja die Zeit des Gebets, der inneren Einkehr und der Besinnung. Doch wie soll das gehen, wenn der Körper eigentlich nach Wasser schreit? Und dann auch noch bei dieser Hitze?
Sekretärin Mouna Boumida versucht es mit eiserner Disziplin und der klassischen Ernährungsstrategie. Bei der Hitze solle man auf jeden Fall im Haus bleiben und nicht zuviel Salziges und Süßes essen, damit der Durst nicht zu schlimm werde, meint Mouna:
"Abends nicht zu spät zu essen und vor dem Sonnenaufgang am besten Milch trinken und Joghurt mit Datteln essen. So speichert der Körper die Flüssigkeit und man hat dann tagsüber weniger Durst."
Aber auch wenn man schwächelt, Mouna glaubt, dass die höhere Macht es schon richten werde. "Der Glaube hilft nicht nur Berge zu versetzen, im Ramadan löscht er auch den Durst."
Mehdi, ein Student aus Rabat ist derselben Ansicht. "Stell Dir vor du bist mitten in der Wüste und fix und fertig und dir sagt jemand: In vier Kilometern kommt eine Oase. Klar wirst du marschieren! Und wenn es viereinhalb Kilometer sind und das letzte, was Du in deinem Leben tust. Du wirst es tun.
Denn irgendwann kommt das "F'tour", das Fastenbrechen, und dann hast Du es geschafft!" Leichter gesagt, als getan: Schließlich hat der Ramadan ja gerade erst begonnen. Und das Thermometer macht in Marokko keine Anstalten, sich nach unten zu bewegen. Im Gegenteil.
Alexander Göbel
© Deutsche Welle 2009
Qantara.de
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