Spiel mit dem Feuer
Bundeskanzler Schröder hat sich im Atomstreit mit dem Iran für weitere diplomatische Bemühungen und eine starke Rolle Europas ausgesprochen. Zu einer Militärintervention dürfe es nicht kommen, sagte Schröder. Außenminister Fischer setzte sich bei einem Besuch in Washington ebenfalls für Diplomatie und ein gemeinsames Vorgehen der USA und Europas ein. Peter Philipp kommentiert.
Allein die Tatsache, dass Bundeskanzler Gerhard Schröder in Berlin und sein Außenminister Joschka Fischer in New York für Diplomatie gegenüber dem Iran plädieren, spricht Bände. Sie verdeutlicht, wie ernst man in maßgeblichen deutschen Kreisen Berichte und Anzeichen nimmt, dass Washington beabsichtige, Ziele im Iran anzugreifen und damit den Krieg in der Region auszuweiten.
Nach dem ursprünglichen Bericht des "New Yorker", US-Sondereinheiten operierten bereits seit Monaten im Iran und spähten "interessante" Ziele aus, ist dazu aus Washington zwar nichts Neues gesagt worden: Immer noch gilt das Wort, der Bericht sei ungenau; ebenso die Versicherung Präsident George W. Bushs, er werde sich "alle Optionen offen halten".
Psychologische Kampagne gegen Teheran?
Solche Formulierungen können zwar als Indiz gewertet werden, dass die USA etwas im Schilde führen, aber sicher nicht als Beweis dafür. Ebenso gut könnte es Teil einer psychologischen Kampagne gegen Teheran sein - und führende iranische Politiker tun es bisher auch als solches ab.
Das amerikanische Säbelrasseln wird nun aber ergänzt durch Töne aus Jerusalem, die die Spannung weiter anheizen sollen: Da behauptet der Chef des Geheimdienstes Mossad, der Iran könne bereits Uran anreichern.
Und Friedensnobelpreisträger Schimon Peres, neuer Stellvertreter von Ministerpräsident Ariel Scharon, ruft die Welt zur Aktion gegen den Iran auf, der ein letzter Hort für Terrorismus sei und der zielstrebig auf den Erwerb von Atomwaffen hinarbeite.
Peres klingt wie Condoleezza Rice, die von Teheran als einem "Vorposten der Tyrannei" sprach. Seine Worte rufen aber auch in Erinnerung, was Bush-Vize Dick Cheney in einem Interview sagte: Es könne ja sein, dass Israel im Iran angreife.
Iran als Sündenbock
Es scheint langsam an der Zeit, dass auch anderenorts Klartext gesprochen wird - und nicht nur in Berlin. Der britische Außenminister Straw hat schon wissen lassen, dass sein Land sich an Aktionen gegen den Iran nicht beteiligen werde, und andere sollten ihm folgen.
In Washington sollte man langsam auch selbst einsehen, dass sich solch ein Spiel mit dem Feuer von selbst verbietet. Und dass es Scharfmacher sind, die den Iran als Sündenbock für die Eskalation im Irak hinstellen wollen. Im Gegenteil: Teheran hat - wie die Mehrheit der irakischen Schiiten auch - bisher eher das Gegenteil unter Beweis gestellt.
Und was die Atomfrage betrifft, so hat Teheran - zwar schweren Herzens, aber immerhin - bisher mitgespielt und ist auf die Bedingungen der Europäer und der Atomenergiebehörde eingegangen.
Kein Grund also, an Gewalt auch nur zu denken. Wer es dennoch tut - in Washington oder in Jerusalem - der verfolgt ganz offenbar andere Ziele. Im Irak haben wir das erlebt. Und das Nein dagegen kann gar nicht deutlich genug ausfallen.
Peter Philipp
© DEUTSCHE WELLE/DW-WORLD.DE 2005