Aufruf gegen Terrorismus und Gewalt
Über 200 Teilnehmer aus aller Welt, unter ihnen Muslime, Christen, Juden, Buddhisten und Vertreter anderer Religionsgemeinschaften forderten zum Abschluss vereinte internationale Bemühungen gegen den Terrorismus und sie erteilten Theorien vom "Kampf der Kulturen" eine Absage. Stattdessen wolle man die menschlichen Werte fördern und sich für ihre Verbreitung in den verschiedenen Gesellschaften einsetzen.
Auf der Grundlage von Toleranz und gegenseitiger Verständigung wolle man den in Madrid begonnenen Dialog fortsetzen und zum Rahmen internationaler Beziehungen machen. Hierzu sind weitere Konferenzen dieser Art und Seminare und Symposien sowie Kultur-, Bildungs- und Medienprojekte geplant.
Die Entdeckung der Religion als Heilmittel
Dass die Initiative zu solch einer Konferenz gerade aus dem so konservativen Saudi-Arabien kam, löste in manchen Kreisen ungläubiges Staunen aus. Saleh Al Namlah, stellvertretender Minister für Kultur und Information, kann hingegen keinen Widerspruch feststellen:
"Wir sollten nirgendwo die Arena den Extremisten überlassen. Wir wollen, dass sie zur Randerscheinung werden. In der Religion und in der Philosophie gibt es gemeinsame Werte, eine gemeinsame Grundlage – für den Menschen allgemein, für Besitz, für Frauen, Männer oder die Familie. Wir brauchen das. Und wir glauben: Wenn es Frieden zwischen den Religionen geben soll, dann muss ein Dialog aufgenommen werden, um diesen Frieden herzustellen."
Al Namlah hat auch eine Erklärung parat, warum die Religion nun plötzlich als Medizin gegen Radikalismus gut sein solle, nachdem sie so lange doch eher als dessen Ursprung betrachtet worden war:
"Das ist doch eine gute Idee und edel noch dazu. König Abdullah ist eine sehr edle Person. Er hat keine Hintergedanken, er ist einfach ein sehr guter Mensch. Er will den Menschen sein Bestes geben."
Jetzt müssen ernstgemeinte Schritte folgen
Was aus dem Mund eines Ministers ja noch ein wenig wie Propaganda klingen mag, wird doch auch bestätigt von einem, dessen Anwesenheit auf der Konferenz stark beachtet wurde: David Rosen, amerikanisch-israelischer Rabbiner (und einziger israelischer Teilnehmer), hält die Konferenz für ein historisches Ereignis:
"Es ist historisch, wenn es die betreffenden Gemeinden einschließt. Deswegen ist die Tatsache, dass das vom saudischen König und der Muslimischen Welt-Liga kommt, schon sehr bedeutend. Aber letztendlich hängt die Bedeutung davon ab, ob nach diesem Treffen Kontinuität und Entwicklung gibt."
Auch Rosen sieht auf die Religion eine wichtigere Rolle zukommen und schließt dabei viele Alltagsthemen ein wie auch Menschen, die sich selbst nicht als religiös betrachten:
"Die Religion hat viel zu den gegenwärtigen Herausforderungen zu sagen. Und selbst wer nicht religiös ist, schaut zur Religion als einer Quelle von Anleitung. Wir sind doch heute mit Herausforderungen konfrontiert, die unserem Planeten ein Ende bereiten könnten: Globale Erwärmung und die Frage ökologischer Verantwortung, Gentechnologie, wissenschaftlicher Fortschritt, die Frage der Armut und der Verteilung von Gütern. Wir müssen die Stimmen der religiösen Weisheit und Tradition zu diesen Themen hören."
Frieden braucht Dialog
Saudi-Arabien ging es bei der Konferenz natürlich auch um die Verbesserung des Negativ-Images, unter dem es besonders seit dem 11. September leidet, weil die meisten Täter aus Saudi-Arabien stammten. Aber König Abdullah bemüht sich doch über das hinaus um Verständigung: Unter anderem, indem er sich mit dem Papst getroffen hat und indem er kürzlich bei einer Konferenz in Mekka die Kluft zwischen Sunniten und Schiiten zu verringern versuchte.
Teilnehmer aus Deutschland waren zahlenmäßig schwach vertreten. Bischof Huber und Hans Küng konnten nicht kommen, vertreten war aber der "Zentralrat der Muslime in Deutschland". Dessen Vorsitzender, Ayyub Axel Köhler, warnte, man dürfe nicht zu viel erwarten: Wichtig sei die Begegnung der verschiedenen Religionsvertreter, die einander meist gar nicht gekannt hatten.
Einer Konzentration dieses Dialoges zunächst einmal auf Europa und dabei der Erörterung eines "Euro-Islam", kann Köhler nicht viel abgewinnen. Das laufe dann wieder zu sehr auf die Diskussion über den Islam hinaus, während das eigentliche Ziel doch ein anderes sei:
"Na ja, in erster Linie geht es doch einmal um die Vermeidung von Konflikten. Und nicht den anderen zu belehren oder den anderen verändern zu wollen, reformieren zu wollen vielleicht sogar. Hier geht es doch zunächst einmal um das gegenseitige Verständnis. Und was das Allerwichtigste ist: Es geht um den Frieden. Zu dem die Religionen Wesentliches beitragen können in ihrer Art. Wobei ich stillschweigend hier verleugne, dass die Religionen immer der Grund für den Krieg sind."
Peter Philipp
© DEUTSCHE WELLE 2008
Qantara.de
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