Kathrin Siebert, 20. Dezember 2010
zu Was ist Integration? von Kamuran Sezer
Man kann das Ganze ja von der Seite der Integrationshindernisse her aufrollen. Die lassen sich beschreiben, ohne dass damit Migranten aus einzelnen Herkunftsländern pauschal erfasst werden. Das sind beispielsweise ethnisch stark gemischte Schulklassen, die Bildungsbezogenheit der Eltern oder eine Umgebung, in der die Mehrheitsgesellschaft kaum noch präsent ist.
Und man sollte die entscheidenden Unterschiede herausarbeiten in Menschenbild, in Haltungen und wesentlichen Einstellungen inklusive Meinungsfreiheit. Und diese müssen diskutiert werden dürfen. Z.B. wenn eine starke Familieniorientierung der individuellen Entwicklung oder dem Erreichen eines Schulabschlusses entgegensteht.
Es ist mitnichten allein das deutsche Schulsystem und die Diskriminierung: In der Arbeit mit Schülern mit Migrationshintergrund erlebe ich sehr motivierte, aber auch viel zu viele Schüler, die die ihnen gebotenenen, kostenfreien Fördermöglichkeiten nur sehr zögerlich nutzen, und die auch keine Unterstützung der Eltern, die man teilweise schlecht erreicht, erhalten.
Integration heißt für mich, dass es eine offene Auseinandersetzung gibt, dass darüber diskutiert werden kann, was es z.B. bedeutet, in einer demokratischen Gesellschaft zu leben, wenn Regeln religiös begründet werden und damit nicht mehr verhandelbar sind. Wenn autoritäres Verhalten in Familien als angemessen angesehen wird, oder wenn das Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen beschnitten wird.