Stephan Neetenbeek, 21. Februar 2006
zu: "Tal der Wölfe" - Vergeltung auf der Leinwand, von Helle Jeppesen
Sehr geehrte Redaktion,
da haben die Türken den Spieß aber mal fein rumgedreht. Sind doch mal nicht, wie in unzähligen Propagandafilmen aus der Hollywood Kriegsmotivationsmaschine die "irgendwie-östlich-Aussehenden" die Bösewichte, sondern die "gute" US Armee, die doch ausgezogen ist, der Welt Frieden und Freiheit zu bringen. Empörend, vor allem, da man doch gerade wegen realer Folterbilder und den Berichten unschuldig nach Gunatanamo und sonst wohin Verschleppter ohnehin "suboptimal" dasteht. Und dann auch noch so ein völlig unausgewogener Actionfilm.
Das sollte doch den Amerikanern vorbehalten sein, mit solch perfiden Machwerken Stimmung zu machen, Geschichte in aller Freiheit darzustellen, wie es einem passt, und vor allem am Ende (Happy End?) auf ganzer Front und mit allen gebotenen Special Effects der Gerechtigkeit zum Sieg zu helfen.
Mal ein anderes Drehbuch: Amerikanische Soldaten werden im Irak von Terroristen gefangen, gedemütigt gefoltert. Die US Regierung beauftragt Rambo, den alten Recken, aufzuklären und zu vergelten. Er kommt unglaublichen Verbrechen auf die Spur: Folter, afghanischen Drogenhändlern, iranischen Organdieben. Rambo geht rein und räumt auf.
Hat da irgendjemand ein Problem mit? Kommt uns bekannt vor? Und nun? Ein türkischer Rambo, ein muslimischer James Bond? Ja, wo kommen wir denn da hin?
Der bayrische Innenminister will es ja nicht verbieten, aber nahe legen möchte er Kinobetreibern schon, so einen Film abzusetzen. Nun gut, die US Regierung legt ja Journalisten auch nahe, nicht über Abu Ghraib zu berichten, versucht gar Gesetze durchzubringen, die solches Aufdecken amerikanischer Kriegsverbrechen unter härtere Strafe stellt, als die Folterer von Abu Ghraib erhalten haben. Zensur ist wieder möglich, Folter gilt als probates, vom Zweck geheiligtes Mittel - nähern wir uns nun, 60 Jahre nach Ende des dritten Reiches, etwa schon wieder dem Ende der Zivilisation?
Stephan Neetenbeek