Wider die Despoten vor Europas Haustür
Der Staatschef Tunesiens, Ben Ali, fürchtet diese Frau. Anders ist es nicht zu erklären, dass die Menschenrechtlerin und Journalistin Sihem Bensedrine unter ständiger Beobachtung steht, schon mehrfach verhaftet und gefoltert, auf offener Straße zusammengeschlagen, in den staatlichen Medien immer wieder aufs Schlimmste diffamiert wurde.
Sihem Bensedrine spricht in ihrem neuen Buch, das sie zusammen mit ihrem Mann Omar Mestiri geschrieben hat, offen über Menschenrechtsverletzungen in Tunesien und hat schon mehrfach Korruptionsskandale des Staatschefs Ben Ali aufgedeckt. Doch solange Ben Ali und die anderen Diktatoren in den Maghreb-Staaten von EU-Politikern gestützt werden, sind die Demokraten machtlos in ihren Ländern.
Alles Fassade
Geschrieben hätten sie das Buch für die breite europäische Öffentlichkeit, sagt Sihem Bensedrine, denn sie machten sich keine Illusionen: Die EU-Politiker wüssten genau wie es um die Länder des Maghreb bestellt sei:
Ob in Tunesien, Algerien, Libyen oder Marokko - in allen Ländern herrschen Diktatoren, die Oppositionelle systematisch verfolgen. Es gibt keine Meinungs- und Pressefreiheit, grundlegende Menschenrechte werden missachtet. Und doch hält die EU an diesen Regimen fest. Aus Angst vor Einwanderern und islamistischen Terroristen, so Sihem Bensedrine:
Für die europäische Öffentlichkeit sind die Maghreb-Staaten zuallererst Länder mit Traumstränden und exotischen Märkten. Sihem Bensedrine und Omar Mestiri werfen deshalb einen Blick hinter diese Fassade und beschreiben detailliert die Menschenrechtslage jedes einzelnen nordafrikanischen Landes.
Sie berichten von systematischer Folter, staatlich gelenkten Medien und Korruption - unter Tunesiens Ben Ali ebenso wie unter Algeriens Bouteflika und Marokkos König Mohammed VI.. Und sie machen ihrem Ärger Luft darüber, dass diese Staatschefs in Europa hoffähig sind.
EU-Verantwortung
Für das Buch haben Sihem Bensedrine und Omar Mestiri zahlreiche EU-Akten gewälzt, deren Auswertungen zwar brisant sind, aber ein wenig mühsam zu lesen.
Spannend geschrieben sind die einzelnen Länderberichte, im Fall von Tunesien bringen die Autoren auch ihre persönlichen Erfahrungen als politisch Verfolgte mit ein. Sie kommen zu dem Schluss: Die EU-Staaten trügen die direkte Verantwortung dafür, dass den Menschen in Nordafrika die Demokratie vorenthalten wird.
Nadine Dietrich
© DEUTSCHE WELLE/DW-WORLD.DE 2005
Sihem Bensedrine, Omar Mestiri: Despoten vor Europas Haustür. Kunstmann, 2005 - 16.90 EUR, Kunstmann Verlag, München
Qantara.de
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Interview Sihem Ben Sedrine
Unermüdlich für die Menschenrechte
Sihem Bensedrine, Journalistin und unermüdliche Kämpferin für die Menschenrechte, war bis zum Sommer 2003 für ein Jahr auf Einladung der "Hamburger Stiftung für politisch Verfolgte" in Deutschland. Im Herbst desselben Jahres kam sie ein zweites Mal, um den erstmalig verliehenen Johann-PhilippPalm-Preis für Meinungs- und Pressefreiheit entgegenzunehmen.
Diffamierung tunesischer Journalistin
Kampagnen auf unterstem Niveau
Die tunesische Journalistin Sihem Bensedrine kämpft gegen die unbeschreiblichen Methoden des Regimes von Zine El Abidine Ben Ali, der vor nichts zurück schreckt, wenn es darum geht, Oppositionelle durch den Schmutz zu ziehen. Die arabische und muslimische Welt zeigt sich nahezu indifferent in dieser Angelegenheit, schreibt Hamid Skif in seinem Kommentar.
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