Allah, die Ahnen und der Fußball
Nana Appiah Kubi hat seine Augen fest zusammen gekniffen und betet. Er ist für das Goasa Traditional Council nach Tepa gekommen, einem Dorf rund 90 Autominuten von Kumasi entfernt. Dort feiert er gemeinsam mit anderen traditionellen Herrschern aus ganz Ghana den Omanhene von Tepa. Der Omanhene ist der König des Distrikts Ahafo Ano North und genau zehn Jahre im Amt.
Die Stimmung ist gut, doch in die traditionsreiche Feier nach festgeschriebenen Ritualen hat sich noch eine Sache eingeschlichen: der Fußball. Keiner der Redner lässt es sich nehmen, den Black Stars viel Glück zu wünschen und für sie zu beten.
Nana Appiah Kubi gehört dazu. "Ich bitte darum, dass Gott sie führt", sagt er. Doch ein bisschen Eigenverantwortung bleibt. "Sie sollten aber auch auf der Hut sein, dürfen nicht zu vorsichtig spielen und müssen versuchen, den Sieg nach Ghana zu bringen."
Die Ahnen müssen helfen
Anders als viele der übrigen Besucher geht Kubi dafür jedoch weder in eine Kirche noch in eine Moschee. Er setzt auf die Macht seiner Ahnen und ist Anhänger der sogenannten Naturreligion, der in Ghana – so das Ergebnis der letzten Volkszählung aus dem Jahre 2000 – immerhin noch sieben Prozent der Bevölkerung angehören. Daher hat er auch eine ganz eigene Gebetsform: "Immer wenn wir Fußball spielen, vergießen wir Wasser und denken so an unsere Ahnen und Götter."
Weit verbreitet ist unter Fußballspielern aber auch der Glaube an die Macht eines Fetisch-Priesters. Zu den Ritualen gehören spezielle Waschungen und das Tragen besonderer Kleidungsstücke mit Symbolkraft. Offen will darüber niemand sprechen und erst recht nicht zugeben, dass er schon einmal einen Fetisch-Priester besucht hat.
Allerdings scheidet sich an den Hexenmeistern, wie sie oft auch genannt werden, die Geister. Nana S. Salia, Vorsteher der muslimischen Banda-Gemeinschaft in Tepa, lehnt sie jedenfalls strikt ab. "Wir machen doch keinen Voodoo-Zauber. Wir glauben an den einen Gott und wissen: Alles, was wir machen, machen wir im Namen Allahs."
Allah soll den Kickern beistehen
Und so könnte nun Allah den ghanaischen Kickern beistehen. Chief Mohammed Kabone ist auch zu den Feierlichkeiten nach Tepa gekommen und strahlt, wenn er an die WM denkt. Islam, Tradition und Fußball seien überhaupt kein Widerspruch, im Gegenteil: Fußball gehöre mittlerweile in Ghana zur Kultur. "Er ist selbst ein Stück Tradition geworden", sagt der Fußball-Liebhaber.
Und darauf ist das Land schon jetzt mächtig stolz. Schließlich haben sich die "Black Stars" sogar an die Tabellenspitze der Gruppe D gespielt. Und damit das so weitergeht, muss Allah herhalten, sagt Chief Mohammed Kabone. "Wir haben gestern in der Moschee wieder darum gebetet, dass die 'Black Stars' das nächste Spiel gewinnen. Allah wird uns erhören."
Ein Stoßgebet gen Himmel
Doch während in Tepa noch der Omanhene gefeiert wird, stehen mitten in Kumasi 22 Kicker auf einem staubigen Hinterhof-Platz. Eigentlich treffen sich die jungen Männer nur zum Spaß. Doch einige von ihnen sind mächtig motiviert und haben schon für die ghanaische Jugendauswahl gespielt.
Immer mit dabei ist Ernest Gambrah. Der 26-Jährige ist ein echter Fußball-Enthusiast und bekennender Christ. Ganz egal, ob er selbst auf dem Platz steht oder die Nationalmannschaft seines Landes am Mittwochabend im Stadion von Johannesburg einläuft: Ein Gebet gehört dazu. "Ghana ist doch ein christliches Land, und deshalb beten wir alle für die 'Black Stars'. Nur Gott kann uns helfen."
Katrin Gänsler
© Deutsche Welle 2010
Redaktion: Nimet Seker/Qantara.de
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