Vom Mittelmeer zum Persischen Golf
Anlässlich des arabischen Schwerpunktes der Frankfurter Buchmesse im vergangenen Herbst hat der Olms Verlag, ermöglicht durch großzügige finanzielle Unterstützung des Emirs von Sharjah, einige klassische Orient-Reiseberichte nachgedruckt.
Reisen ins Zweistromland bis nach Sansibar
Zu den Höhepunkten der luxuriös ausgestatteten Serie gehört zweifellos Max Freiherr von Oppenheims Beschreibung seiner im Sommer 1893 durchgeführten Reise, die ihn von Beirut über Syrien ins Zweistromland und weiter nach Oman und Sansibar führte.
Seit er als Kind die Erzählungen aus Tausendundeiner Nacht gelesen hatte, zog es den 1860 geborenen Kölner in den Orient. Nach dem Jura-Studium, dass er auf Drängen des Vaters, zunächst einen seriösen Beruf zu ergreifen, absolvierte, begleitete er seinen Onkel im Winter 1883/84 nach Athen, Konstantinopel und Smyrna.
Weitere Reisen, etwa von Marokko durch Nordafrika nach Kairo, wo er sich für sieben Monate in einem traditionellen arabischen Viertel niederließ, folgten, so dass Oppenheim, als er seine Tour "Vom Mittelmeer bis zum Persischen Golf" antrat, bereits ein so erfahrener wie belesener Kenner der Region war.
Detailreiche und hintergründige Reiseberichte
Das zweibändige Werk beschränkt sich auch keineswegs auf eine Reisebeschreibung im engeren Sinne, sondern wird seinem im Vorwort formulierten Anspruch gerecht "Land und Leute in ihrer geschichtlichen Entwicklung und in ihrer ethnographischen und religiösen Eigenart zu schildern." Ältere Reiseliteratur zieht Oppenheim ebenso zu Rate, wie die einschlägige wissenschaftliche Literatur seiner Zeit.
Weit ausholende Abhandlungen, etwa die herausragenden Kapitel über die Drusen oder die Wüstenstadt Palmyra, wechseln sich mit Beschreibungen des Reisealltags ab. Die historischen Entwicklungen vom "alten Orient" bis zum Ende des 19. Jahrhunderts werden genauso wenig außer Acht gelassen wie geologische Details.
Die stets minutiös nachgezeichnete Reiseroute ("Um 11 Uhr 5 Min. fanden wir zu unserer Linken ein rechteckiges Wasserreservoir von 7, 10 m, daneben einen Schutthaufen") lädt allerdings an manchen Stellen zum Querlesen ein.
Neben Exkursen zur Botanik stehen kunst- und architekturhistorische Beobachtungen. Kurz: fast eine Enzyklopädie, ein reichlich mit Photographien, Karten, Grundrissen und Skizzen bebildertes Füllhorn.
Kaum etwas entgeht dem neugierigen und scharfsichtigen Beobachter, weder der "noch sehr zurückgebliebene" Beiruter Buchmarkt, noch die Quantität der 1895 von Deutschland nach Beirut exportierten Strumpfwaren oder die Qualität syrischer Weine ("er ähnelt dem algerischen Wein").
Anekdoten von "böhmischen Damenkapellen an der Levante"
Man stößt auch auf manch Kurioses. In der "in stetem Aufblühen begriffene Stadt Bêrût", wo sein Bericht einsetzt, trifft Oppenheim auf "böhmische Damenkapellen" die "in der Levante vielfach ihr Glück machen und hier in den Hafen der Ehe einlaufen."
Die rasanten Veränderungen seiner Zeit blendet er bei aller Faszination für Geschichte und Archäologie nicht aus. In Baalbek trifft er auf "ein größeres Cook'sches Reiselager mit dem üblichen Diener- und Dolmetschertross" und beklagt, dass das Innere des Jupitertempels "durch zahlreiche Inschriften von Touristen aller Nationen verunstaltet" ist.
Auch die Ablösung der tagsüber in Wandschränken verstauten Matratzen durch "europäische eiserne Bettstellen mit Vorrichtungen für Moskitonetze" und andere Errungenschaften von Fortschritt und Moderne, entgehen ihm nicht. Der mit nüchterner Eleganz geschriebene Bericht ist abwechslungsreich, informativ und vom zeittypischen Dünkel weitestgehend frei.
Als Oppenheim ihn anhand von während der Reise gemachten Aufzeichnungen zum Druck vorbereitete, war er bereits Diplomat beim kaiserlichen Generalkonsulat in Ägypten. Nachdem er dann auf einer weiteren Syrienreise den hethitischen Siedlungshügel Tell Halaf entdeckt hatte, wandte er sich der Archäologie zu.
Islamische Kunstsammlung
Die Wirren nach dem Ersten Weltkrieg und das Ende des Osmanischen Reiches unterbrachen sein Projekt immer wieder. Zwischen den Kriegen gründete er in Berlin eine Stiftung und ein Tell Halaf-Museum, für die Ergebnisse der Grabungen und die während seiner Reisen zusammen getragene wertvolle Sammlung islamischer Kunst.
Die Arbeit von Jahrzehnten wurde zerstört, als bei den Bombenangriffen Ende des Zweiten Weltkriegs Stiftungsniederlassung wie Museum getroffen wurden. Plünderungen taten ein Übriges. Oppenheim floh aus Berlin – ausgerechnet nach Dresden, wo er bei der Zerstörung der Stadt auch das, was ihm noch geblieben war, verlor.
Max Freiherr von Oppenheim starb am 15. November 1946 in Landshut. Angesichts der bedrückenden Umstände seiner letzten Lebensjahre ist man für die Neuerscheinung seines Reisebuchs besonders dankbar. Es ist tröstlich zu sehen, dass trotz allem etwas bleibt.
Max Freiherr von Oppenheim, Vom Mittelmeer zum Persischen Golf durch den Hauran, die Syrische Wüste und Mesopotamien, 2 Bde, Berlin 1899/1900 (Nachdruck: Hildesheim 2004).
Andreas Pflitsch
© Qantara.de 2005
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