Dubais Märchenprinz

Dubais Erbprinz ist ein Star auf Instagram. Mit 3,5 Millionen Abonnenten hat er Englands Royals wie Prinz William und Kate längst überholt. Dabei setzt er ganz auf islamische Werte. Doch Glamour und Selbstinszenierung können nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Meinungsfreiheit im Emirat in engen Grenzen verläuft. Von Mey Dudin

Von Mey Dudin

In einer Zeit des Niedergangs, der Kriege und des Extremismus zeichnet der Scheich aus Dubai ein Bild von einem besseren Arabien. Auf Instagram zeigt Prinz Hamdan seine heile Welt, in der wohl jeder Araber gerne leben würde: Er spielt mit seinem Neffen Mohammed am Strand, mal geht er mit seiner Familie zur Falkenjagd, kuschelt mit Tigerbabys, hält neugeborene Fohlen im Arm oder er schleppt bei Wettkämpfen harter Männer Betonblöcke.

Der Mann mit dem langen Namen, Hamdan bin Mohammed bin Raschid al Maktum, ist 33, Single und Kronprinz von Dubai. Mit seinen mehr als 1.500 Fotos hat er einen Nerv getroffen: 3,5 Millionen Internetnutzer haben seine Bilder-Show schon abonniert. Das sind mehr als doppelt so viele als bei den britischen Royals William, Kate und Harry mit ihrer Plattform Kensingtonroyal. Und von allen politischen Entscheidungsträgern auf der Welt hat nur US-Präsident Barack Obama mehr Abonnenten. "Jedes Bild hat eine Geschichte und jede Geschichte beinhaltet einen Moment, den ich gerne mit Euch teilen möchte", teilt Hamdan unter dem Instagram-Namen faz3 mit.

Der Scheich zeigt sich als Vertreter einer neuen Generation reicher Araber, die Skandale vermeidet und sich auf islamische Werte zurückbesinnt. Dabei hebt er sich ab von den anderen verwöhnten Königs- und Diktatorenkindern aus der Region, die durch Prügeleien, Sex-Orgien oder Drogenpartys auffallen. In seiner Instagram-Welt widmet er sich vor allem jenen Freizeitbeschäftigungen, die laut islamischer Glaubenslehre ausdrücklich erlaubt sind: der Familie, dem Reiten und dem Wassersport.

"Ich bin Euer volksnaher Tribun"

Er macht sich so zum Ideal für junge Araber, die in einer von Krisen und Konflikten geschüttelten Region nach neuen Vorbildern suchen, nach einer eigenen arabischen Identität streben. Es ist eine Inszenierung, die glaubwürdig wirken soll.

Blick auf das Einschienensystem der Dubai Monorail über den Straßen auf dem "Stamm" der künstlichen Insel The Palm in Dubai; Foto: picture alliance/zb
Reichtum auf Pump: Das Golfemirat Abu Dhabi griff im Jahr 2009 seinem von hohen Schulden geplagten Nachbarn Dubai mit 10 Milliarden US-Dollar unter die Arme. Heute steht die Wüstenmetropole Dubai finanziell besser da und baut mit Investitionen von umgerechnet 7,5 Milliarden Euro ihre Stellung als Knotenpunkt im Handel zwischen Asien und Europa aus.

"Er zeigt mit seinen Bildern, wie nahbar er ist, dass er eben nicht fünf Ebenen über dem Volk steht", sagt der Hamburger Politikberater und Experte für soziale Medien, Martin Fuchs. "Das ist eine Art Branding und soll deutlich machen: Ich bin Euer volksnaher Tribun."

Was man über den Prinzen weiß, ist aber nur das, was er selbst von sich preisgibt. Dass seine Kindheit friedlich gewesen sei und in einer Umgebung, in der er die "wahre Bedeutung des Lebens" erfassen durfte, wie er auf einer Webseite schreibt. Dass er, nachdem er die Schule in Dubai abgeschlossen hatte, auf der königlich-britischen Sandhurst-Militärakademie ausgebildet wurde und dort "Disziplin und Pünktlichkeit" lernte. Dass er seinen Vater als Vorbild sieht und dessen Ansichten als "Sterne, die mir den Weg weisen".

Kritik am Herrscherhaus unerwünscht

Solange Scheich Hamdan in seiner Heimat bleibt, hat er es leicht, dieses Image zu pflegen. Denn während die britische "Yellow Press" jeden Schritt der Royals William, Harry und Kate verfolgt, gibt es in den Emiraten am Golf de facto keine Pressefreiheit. Kritische Journalisten können von Glück sprechen, wenn sie nur abgeschoben werden – sie könnten auch ins Gefängnis kommen. Rote Linie ist die Kritik an der Staatsführung – zu der Hamdan als Kronprinz auch gehört. Auf der Rangliste der Pressefreiheit von "Reporter ohne Grenzen" stehen die Emirate auf Platz 120 von insgesamt 180 Ländern.

Doch in der Herrscherfamilie von Dubai gab es auch ein schwarzes Schaf: Hamdans älterer Bruder. Scheich Raschid galt als Playboy mit einem Drogenproblem. Er starb im vergangenen Jahr, gerade einmal 33 Jahre alt. Offizielle Todesursache: Herzinfarkt.

Kronprinz Hamdan bin Mohammed bin Raschid al Maktum gemeinsam mit seinem Vater Scheich Mohammed bin Raschid al Maktoum (l.), dem Premier der Vereinigten Arabischen Emiraten und Herrschers von Dubai zu Besuch auf der Ausstellung "Virtual Future" in Dubai am 9. February 2014; Foto: Reuters
"Sterne, die mir den Weg weisen": Kronprinz Hamdan bin Mohammed bin Raschid al Maktum gemeinsam mit seinem Vater Scheich Mohammed bin Raschid al Maktoum (l.), dem Premier der Vereinigten Arabischen Emiraten und Herrschers von Dubai zu Besuch auf der Ausstellung "Virtual Future" in Dubai am 9. February 2014

Hamdan wiederum gab nie Anlass für Klatsch und Tratsch. Selbst wenn Dubai Negativschlagzeilen machte – wegen eines Fast-Bankrotts etwa oder weil Hausangestellte wie Sklaven behandelt werden - kam der Kronprinz höchstens mal auf die Liste der "hottest young royals" des Magazins Forbes. Nur nach dem Tod seines Bruders Raschid berichteten viele Medien über den trauernden jüngeren Emirssohn Hamdan. Der sensible Scheich, der sich unter dem Namen Fazza auch als Dichter übt, hatte ein Gedicht über Tränen und Verlust geschrieben. Die Verse im Stil der Beduinenpoesie mit dem Titel "Mein Bruder, das Wort" wurden zusammen mit Fotos der ungleichen Brüder über soziale Medien verbreitet.

Sieg, Triumph und Liebe

Fazza steht im Emirati-Dialekt für eine Person, die anderen beisteht. Vor allem Frauen lieben ihn. Unter Pseudonymen wie aichafarah82, houroflove oder annamariafoxyfox kommentieren sie bei Instagram seine Bilder auf Arabisch, Türkisch, Französisch, Spanisch oder Englisch, vor allen Dingen aber mit vielen Herzen. Auf den Fotos kommen Frauen aber so gut wie nie vor. Partys mit Alkohol sowieso nicht.

Gelegentlich hebt der Kronprinz dafür die Hand zu einem Drei-Finger-Gruß, indem er nur Daumen, Zeige- und Mittelfinger ausgestreckt hält. Es ist ein Gruß, den sein Vater, Emir Mohammed bin Raschid al-Maktum, vor drei Jahren erfunden hat. Der Westen benutze zwei Finger für das Siegeszeichen. Das V stehe für Victory, erklärte der Herrscher dies damals in einem Saal vor Hunderten Zuhörern. Der neue Gruß hingegen stehe gleich für drei Dinge: Sieg, Triumph und Liebe. Künftig wolle er nur noch dieses Symbol verwenden, rief Dubais Emir seinem applaudierenden Publikum zu und betonte: "Wir Araber haben selbst eine reiche Geschichte. Warum also den anderen folgen?"

Mey Dudin

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