Religionsunterricht für alle Kinder in Hamburg

(AFP) - Hamburg führt ab dem kommenden Schuljahr einen Religionsunterricht für alle in den staatlichen Schulen ein. Das katholische Erzbistum Hamburg gab seine Zustimmung zu den Plänen, wie die Schulbehörde und das Bistum am Donnerstag in der Hansestadt mitteilten. Damit sind nun alle Religionsgemeinschaften beteiligt. Konfessionen werden im Religionsunterricht künftig nicht mehr getrennt voneinander, sondern gemeinsam unterrichtet. Auch atheistische Kinder sollen teilnehmen.



Das Konzept mit den neuen Bildungsplänen werde nun sukzessive an allen Hamburger Schulen eingeführt. Seit 2019 gab es ein entsprechendes Modellprojekt. Schon seit 2012 hatte die Schulbehörde mit der evangelischen Kirche, den islamischen Religionsgemeinschaften, der alevitischen und der jüdischen Gemeinde den Religionsunterricht für alle weiterentwickelt. Die Aus- und Fortbildung der Lehrkräfte wurde angepasst.

"Wir stehen in der Verantwortung für die religiöse Bildung der Schülerinnen und Schüler an den staatlichen Schulen", erklärte Erzbischof Stefan Heße. Das katholische Christentum solle im Religionsunterricht für alle "authentisch" abgebildet werden. Der Unterricht ermögliche eine "differenzierte Auseinandersetzung" junger katholischer Christen mit den spezifischen Inhalten ihres Bekenntnisses.



"Der bundesweit beachtete Hamburger Weg eines Religionsunterrichts für alle umfasst jetzt alle bedeutenden Religionsgemeinschaften und kann damit Impulse für ganz Deutschland setzen", ergänzte Schulsenator Thies Rabe (SPD). Der gemeinsame Religionsunterricht berücksichtige die verschiedenen Religionen und Weltanschauungen gleichberechtigt. Er führe zusammen und ermögliche den Dialog von Schülern unterschiedlicher Glaubensrichtungen.

 

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Hamburg (KNA) Die katholische Kirche will sich künftig am bundesweit einmaligen Modell des interreligiösen Religionsunterrichts in Hamburg beteiligen. Das Erzbistum Hamburg habe den Beitritt bei der Stadt und den bereits beteiligten Religionsgemeinschaften beantragt, gab Erzbischof Stefan Heße am Donnerstag vor Journalisten bekannt. Die Zustimmung gilt nach Angaben der Schulbehörde als sicher.



Die ökumenische und interreligiöse Zusammenarbeit im Religionsunterricht sei "eine dem Frieden dienende Kooperation", erklärte Heße. Die Beteiligung sei auch für die katholische Kirche ein "deutliches Plus", weil sie damit an der Gestaltung des Unterrichts mitwirken könne.



Der Hamburger Schulsenator Ties Rabe (SPD) zeigte sich erfreut, dass sich nun alle größeren Religionsgemeinschaften der Hansestadt an dem Modell beteiligen, und sprach von bundesweiter Signalwirkung: "Der Hamburger Weg wird von anderen Bundesländern und von anderen Religionsgemeinschaften mit großer Aufmerksamkeit beobachtet."



Die evangelische Nordkirche begrüßte die Beteiligung der Katholiken. "Damit wird zugleich die innere Vielfalt des Christentums angemessen abgebildet und die ökumenische Zusammenarbeit der beiden Kirchen gestärkt", erklärte der für den Religionsunterricht zuständige Propst Karl-Heinrich Melzer. Seiner Ansicht nach hat sich der "Religionsunterricht für alle" nach mehr als 30 Jahren in Hamburg bewährt. Das Modell trage der Tatsache Rechnung, dass die Stadt mittlerweile multireligiös geprägt sei.



Auch bei den Bürgerschaftsfraktionen von CDU und Grünen traf die Entscheidung des Erzbistums auf Zustimmung. Ihrer Ansicht nach leistet der Unterricht einen wichtigen Beitrag zur Integration.



Während in anderen Bundesländern der Religionsunterricht nach Religionen und Konfessionen getrennt erteilt wird, gibt es in Hamburg bereits seit Jahrzehnten den "Religionsunterricht für alle (Rufa)". Dabei werden Schüler aller Konfessionen und auch konfessionslose gemeinsam unterrichtet. Die Inhalte wurden zunächst allein von der evangelischen Kirche verantwortet. Seit 2019 bestimmen auch Juden, Muslime und Aleviten gleichberechtigt mit. Alle Beteiligten dürfen eigene Religionslehrer entsenden.



Die katholische Kirche hatte sich bislang nicht an dem Modell beteiligt, weil sie einen konfessionsgebundenen Religionsunterricht bevorzugte. 2019 startete sie an ausgewählten Schulen ein Modellprojekt, um eine Mitwirkung zu prüfen. Das Erzbistum überzeugt am "Rufa" nach eigener Darstellung vor allem, dass es sich nicht um einen religionskundlichen Unterricht aus neutraler Perspektive handelt, sondern dass auch die konfessionsspezifischen Eigenheiten thematisiert und vermittelt werden.



Ein Beitritt zu dem Modell hat Auswirkungen auf die rund 24.000 katholischen Schüler an staatlichen Schulen in Hamburg. Weil die Katholiken in Hamburg in der Minderheit sind, wird dort rein katholischer Religionsunterricht aktuell kaum erteilt. Die katholischen Schüler nehmen bereits weitgehend an dem interreligiösen Unterricht teil. Mit ihrer Beteiligung am "Rufa" als gleichberechtigter Partner kann die katholische Kirche künftig auch inhaltlich daran mitwirken.