Beziehungen zwischen Muslimen und dem Westen
Die Untersuchung des Washingtoner Pew-Instituts, die in 14 – europäischen und islamischen - Ländern durchgeführt wurde, hat unter anderem ergeben, dass die Unterstützung für terroristische Anschläge in islamischen Ländern zurückgeht. Peter Philipp mit Hintergründen
Die Untersuchung ergibt unter anderem, dass es auf beiden Seiten keine einheitliche Einstellung gegenüber "den anderen" gibt, dass aber bestimmte Vorurteile ihnen gegenüber sich weiterhin halten und sich – regional verschieden – nur langsam ändern.
Trotzdem sieht Richard Wike, der Leiter des Pew-Projekts, einige Dinge, die er so nicht erwartet hatte: "Ich denke schon, dass es da einige Überraschungen gab. So haben wir zum Beispiel herausgefunden, dass eine Mehrheit der muslimischen Bevölkerung sich nicht davon hat überzeugen lassen, dass Araber für die Angriffe des 11. September verantwortlich waren."
Rückgang der Unterstützung für Terrorismus
In Verbindung mit terroristischen Anschlägen konnte das Pew-Institut weitere dramatische Rückgänge verzeichnen: In Pakistan habe es einen größeren Rückgang bei der Unterstützung von Selbstmordanschlägen und aller Art von Gewalt gegen Zivilisten gegeben. In Jordanien könne man einen wirklich drastischen Rückgang der Unterstützung für Terrorismus sehen.
"Das ist irgendwie auch wieder nicht so überraschend: Wir sehen einen solchen Rückgang oft in Ländern, nachdem sie einen Terroranschlag erlebt haben", meint Wike. "In Jordanien hatten wir ja letztes Jahr die furchtbaren Anschläge in Amman".
Das gefühlsmäßige Zutrauen zu und die Unterstützung für Osama Bin Laden haben zum Beispiel – wohl auch aus diesen Gründen - in weiten Teilen der muslimischen Welt nachgelassen. Aber die Meinung, dass Terroranschläge unter gewissen Bedingungen gerechtfertigt seien, hält sich trotz eines deutlichen Rückgangs weiterhin. Erstaunlich hoch ist dies in Nigeria, wo 46 Prozent der Befragten Terroranschläge rechtfertigten.
Und selbst in Europa halte sich unter Muslimen solch eine Einstellung: In Frankreich, Großbritannien und Spanien wird sie immerhin von etwa einem Siebtel der dort lebenden Muslime vertreten. Gleichzeitig ist die Haltung der Europäer gegenüber den Muslimen allerdings unterschiedlich:
"Es gibt eine Reihe interessanter Ergebnisse in Europa", sagt Richard Wike. "Auf gewisse Weise ähneln sich Frankreich und Großbritannien einerseits, andererseits aber auch Deutschland und Spanien. Wobei Frankreich und Britannien eine positivere, Spanien und Deutschland aber eine negativere und pessimistischere Einstellung gegenüber der muslimischen Welt und ihren Ansichten – zum Beispiel gegenüber Demokratie – aufweisen."
Bindeglied zwischen der neuen und alten Heimat
Während diese Einschätzung Muslimen jeder Art entgegen gebracht wird – also Bewohnern der jeweiligen europäischen Länder wie auch Menschen in der muslimischen Welt, ist die Einstellung von Muslimen in Europa gegenüber ihrer neuen Heimat in der Regel viel differenzierter und auch positiver als die von Muslimen etwa in Pakistan, Indonesien oder Nigeria.
Die europäischen Muslime sind mehrheitlich durchaus bereit, die gesellschaftlichen Werte ihrer Umgebung zu akzeptieren, und sie verstehen sich zunehmend als Brücke oder Bindeglied zwischen ihrer neuen und der alten Heimat.
Erstaunlich, dass Deutschland in der Untersuchung besonders schlecht abschneidet: Obwohl es im Gegensatz zu Frankreich, Spanien und Großbritannien keine Erfahrung mit islamistischen Terroranschlägen hat machen müssen und obwohl die Mehrheit der Muslime in Deutschland einen überwiegend monolithischen Block ehemaliger türkischer Gastarbeiter ohne politische, erst recht ohne terroristische Tendenzen ausmachen, werden die Beziehungen zwischen Muslimen und dem Westen in Deutschland von 70 Prozenten als schlecht bezeichnet – der höchsten Quote in der Umfrage.
Auch Wike vom Pew-Institut hat keine Erklärung für die Unterschiede zwischen Deutschland und anderen europäischen Ländern: "Aber es stimmt, dass die Zustimmungsquote für Muslime in Deutschland niedriger ist als anderswo.
"Nicht so niedrig wie in Spanien, aber niedriger als in Britannien und Frankreich. Was wir hier in Pew tun: Wir stellen die Fragen und berichten die Ergebnisse. Und wir hoffen, dass das den Dialog anstößt und Leuten Information gibt, die an diesen Fragen interessiert sind. Damit ihnen das hilft und sie darauf aufbauen können."
Peter Philipp
© DEUTSCHE WELLE 2006
Qantara.de
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www
The Pew Research Center - hier können Sie die Studie herunterladen (engl.)