Wenn das Lachen stirbt
Mit einer wilden orangefarbenen Perücke auf dem Kopf, roten Kreisen auf den Wangen und bunt umrandeten Augen läuft Anas al-Basha durch das zerbombte Aleppo. Zwischen grauen Häuserfassaden und Ruinen geht der 24-Jährige von Kind zu Kind, verteilt Stofftiere an einem Ort, an dem es kaum noch Freude gibt.
In einem Youtube-Video ist zu sehen, wie er mit einer Gruppe von Helfern auf einem Geländewagen durch die Stadt fährt. Dann steigt er aus, hievt einen großen Sack auf seine Schultern und es gibt Geschenke. Die Kinder ziehen Kreise um ihn, Al-Basha verteilt Teddys, Puppen, Koalas. In seiner schrillen bunten Kleidung sieht er aus wie der personifizierte Spaß - inmitten grauer Tristesse.
Den Kindern ein Lächeln ins Gesicht zaubern
Wenn er ohne Clownsbemalung unterwegs ist, sieht er aus wie ein unauffälliger, schmächtiger Student. Er trägt einen Ziegenbart und eine Brille und sagt: "Wir versuchen, den Kindern im befreiten Teil Aleppos ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern." Damit meint er den Teil Aleppos, der noch von den Rebellen gehalten wird. Derzeit versucht Assads Armee, die gesamte Stadt zurückzuerobern.
Für dieses befreite Aleppo hat Anas al-Basha nun sein Leben gegeben. Am vergangenen Dienstag starb er im östlichen Teil Aleppos im Viertel Mashhad, als eine Rakete einschlug. Vor zweiMonaten hatte er geheiratet, seine Frau hat überlebt.
Khaled Khatib, Fotograf der Weißhelme, kannte Anas al-Basha. "Er hat es geschafft, Kinder zum Lachen zu bringen, die das Lachen bereits verlernt haben", sagt Khatib der Süddeutschen Zeitung. Es sei für Anas al-Basha keine Option gewesen, die Stadt hinter sich zu lassen. Die Kinder haben ihn gehalten, sagt sein Bekannter.
Statt wie seine Eltern Aleppo zu verlassen, hat Al-Basha in verschiedenen Helfer-Gruppen mitgewirkt, wie die Gruppe "Platz für Hoffnung" oder "Ein syrischer Traum". Gemeinsam betreuten sie zwölf Schulen, vier Zentren für psychologische Betreuung und etwa 360 Kinder im östlichen Teil der Stadt.
Er sei ein ruhiger, unauffälliger Mann gewesen, der nur ins Clown-Kostüm schlüpfte, um Kindern Freude zu bereiten, sagt Freund und Nachbar Basem Al-Ajoubi der Süddeutschen Zeitung. Anas al-Basha legte keinen Wert auf Selbstdarstellung, hatte kein Facebook-Profil, in dem er seine Besuche bei den Kindern dokumentierte. Nur wenige Youtube-Videos existieren von ihm als Clown in den Trümmern. "Doch in Aleppo kannte ihn jeder", sagt Al-Ajoubi, "vor allem die Kinder liebten ihn sehr."
Dunja Ramadan
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