Ein polyphoner Dialog
Manchmal noch rutscht ein kurzer Quietschton dazwischen - doch davon lassen sich die drei jungen palästinensischen Klarinettenspieler nicht beirren. Immer wieder wird neu angesetzt, bis auch der letzte Ton sitzt. Workshop-Atmosphäre in der Musikschule der Barenboim-Said-Stiftung im Zentrum von Ramallah.
Martin Kögel, Oboist des deutschen Kammer-Ensembles Polyphonia ist mehr als zufrieden mit den Schülern. Die Musiker des Polyphonia-Ensembles Berlin, entstanden aus dem Deutschen Symphonie Orchester Berlin, sind für drei Tage zu Gast in der palästinensischen Musikschule im Westjordanland. Seite an Seite lernen hier die jungen Palästinenser von den erfahrenen Musikern aus Deutschland.
"Uns geht es darum, dass wir die Kinder dort abholen, wo sie im Moment sind", sagt Kögel. "Wir haben hier Kinder, die gerade erst seit einem Jahr spielen, und andere, die schon vier oder fünf Jahre dabei sind.
Mit den erfahrenen Schülern musizieren wir zusammen in kleinen Ensembles und studieren Stücke ein, die wir auch im Konzert präsentieren wollen. Bei den Anfängern versuchen wir ein bisschen Basisarbeit zu leisten und sie dazu zu bringen, miteinander zu musizieren und zu lernen, worauf es dabei ankommt."
Mit Herz und Seele dabei
So tönen aus allen Räumen der kleinen Musikschule die verschiedensten Instrumente – selbst in den Büroräumen wird hochkonzentriert geprobt. Alle hier sind mit Herz und Seele dabei: So auch die 11-jährige Yara Khawaja, die unter wachsamer Anleitung von Cellist Thomas Rößeler auf ihrem Cello übt.
Die junge Palästinenserin verschwindet fast hinter ihrem Instrument, auf dem sie seit zwei Jahren lernt. "Anfangs war ich schon ein bisschen aufgeregt", meint Yara. "Aber es ist eine tolle Gelegenheit, hier mit den Großen spielen zu können."
Und schließlich seien die ja auch alle sehr nett, meint die Musikschülerin charmant lächelnd. Auch Mitschüler Faris Amin ist begeistert: Drei Tage lang nur zu musizieren und Neues zu lernen, das sei toll, sagt er – und vertieft sich schnell wieder in seine Noten.
Die Einrichtung der Barenboim-Said-Stiftung, finanziert zu großen Teilen von der Regionalregierung von Andalusien in Spanien, ist eine der wenigen Musikschulen im palästinensischen Westjordanland. Seit der Eröffnung 2006 können hier Kinder und Jugendliche ein Musikinstrument erlernen und so eine Grundausbildung in klassischer Musik erhalten.
Klassik im Konfliktgebiet
Die Schule will vor allem auch benachteiligte Schüler fördern, die sonst kaum Zugang zu klassischer Musik haben. "Die Workshops mit internationalen Musikern öffnen ihnen die Türen – nicht nur zur klassischen Musikwelt, sondern auch im kulturellen Dialog miteinander", meint Nabeel Abboud Ashkar, Leiter der Musikschule. Das sei gerade in einem Konfliktgebiet wichtig.
So sehen es auch die Musiker des Polyphonia-Ensembles. "Die Leute hier haben Interesse an klassischer Musik", meint Martin Kögel, "aber sie haben nicht alle Ausbildungsmöglichkeiten wie es sie zum Beispiel in Europa gibt. Und dabei wollen wir helfen."
Die Polyphonia-Musiker sind zwar das erste Mal im Westjordanland, haben aber bereits ähnliche Workshops in anderen Ländern durchgeführt, zuletzt in Algerien und Marokko - mit Unterstützung des Auswärtigen Amtes und der Deutschen Welle. Vor allem der Fleiß und die schnelle Lernfähigkeit der Kinder und Jugendlichen hier seien auch für sie eine tolle Erfahrung, so die Musiker.
Workshop-Ende – dann wird es ernst für die jungen Musiker. Im Kasaba-Filmtheater in Ramallah findet das erste von drei Konzerten statt. Für die jungen Anfänger gibt es ein Extra-Konzert. Die Älteren treten gemeinsam mit den deutschen Ensemble-Musikern auf.
Für Mira Abu Elassal, Cellistin, ein ganz besonderer Moment: Die junge Palästinenserin aus Nazareth will später professionelle Musikerin werden. Auftritte wie diese seien da natürlich eine gute Gelegenheit, Erfahrungen zu sammeln. Auf dem Programm am Abend des Polyphonia-Ensembles: Werke von Josef Gabriel Rheinberger und Wolfgang Amadeus Mozart.
Tania Krämer
© Deutsche Welle 2010
Redaktion: Arian Fariborz/Qantara.de
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