Bühnenspiel für den guten Zweck
Das karitative Projekt wurde von dem renommierten iranischen Regisseur Rohollah Jafari in Zusammenarbeit mit über hundert iranischen Schauspielern aus Theater, Kino und Fernsehen organisiert. Alle Beteiligten arbeiteten kostenlos an dem Projekt mit. Es war das bisher größte Projekt dieser Art im Iran.
Regisseur Jafari wollte mit dem Projekt auf grundlegende Herausforderungen aufmerksam machen, vor denen Kunstschaffende im Iran stehen. "In den letzten Jahren sind einige sehr bekannte Künstler der iranischen Theaterfamilie an Krankheiten gestorben, weil sie sich die nötige medizinische Behandlung nicht leisten konnten. Die Versicherungen übernehmen leider nur einen kleinen Teil", erzählt Jafari. "Ich wollte mit dem Projekt meine Freunde und Kollegen unterstützen." Jafari hat bereits Erfahrung mit karikativen Theatervorstellungen. Vor drei Jahren organisierte er in Teheran eine Performance zur Unterstützung der Erdbebenopfer aus der südiranischen Stadt Buschehr.
Der Theatermarathon wurde mit europäischen Klassikern wie "Antigone" und "Macbeth" eröffnet und ging mit Werken des spanischen Dramatikers Federico García Lorca und des rumänisch-französischen Autors Matei Vişniec zu Ende. Ein besonderes Highlight war die Inszenierung von Antoine de Saint-Exupérys "Der Kleine Prinz". Kein anderes Stück lockte so viele Besucher an wie das weltberühmte Kunstmärchen, in dem es um Freundschaft und Menschlichkeit geht.
Proben auf Balkonen, Werbung über Facebook
Europäische Werke sind im Iran sehr beliebt und ziehen oft mehr Zuschauer an als traditionelle iranische Vorstellungen. Führende Intellektuelle übersetzen Texte aus dem Ausland und führen sie so in den Iran. Eine der ersten persischen Übersetzungen von "Der kleine Prinz" stammte beispielsweise zu Beginn der 1990er Jahre aus der Feder des bekannten iranischen Schriftstellers Ahmad Shamloo (1925-2000).
Ein Theaterprojekt dieser Art in Teheran zu organisieren, ist eine besondere Herausforderung. Zuerst konnte Jafari keine Räumlichkeiten für die Proben und die finale Aufführung finden. Zwar stellte das Stadttheater schließlich seinen zweitgrößten Salon "Charsu" für die Veranstaltung kostenlos zur Verfügung, doch da der Großteil des Theaters gerade renoviert wird, mussten viele Künstler ihre Proben auf die Balkone des Hauses oder sogar auf dem Vorplatz verlegen.
Weil das Projekt von staatlicher Seite keine Unterstützung erhielt, griffen die Organisatoren auf Facebook, Twitter und Instagram zurück, um die Veranstaltung zu bewerben. Trotz Zensur und Internetsperren nutzen Millionen Iraner die neuen sozialen Medien aktiv. Unter anderem auch, um auf zivilgesellschaftliche Projekte wie dieses aufmerksam zu machen.
Ein kleiner Schritt in die richtige Richtung
Allen Zensur-Problemen und logistischen Herausforderungen zum Trotz war das Theaterprojekt ein voller Erfolg. Die Eintrittskarten wurden zu einem Mindestpreis angeboten, doch der Großteil der Besucher zahlte freiwillig wesentlich mehr – um möglichst viel Geld für den guten Zweck zu sammeln. Der gesamte Erlös der Veranstaltungsreihe wird kranken Künstlern und Schauspielern gespendet.
"Auch wenn wir sehr viele Besucher hatten, so war doch am wichtigsten, dass wir für einen guten Zweck gespielt haben", sagt Javad Molania, der die Rolle des Piloten in "Der Kleine Prinz" gespielt hat. "Es herrschte eine wunderbare Atmosphäre. Als wir den Kleinen Prinzen aufführten, haben die Zuschauer die Dialoge gleichzeitig aufgesagt. Das war sehr beeindruckend!" Beeindruckend auch: Für einen Abend kaufte eine Frau den Großteil der Eintrittskarten und schenkte sie den beteiligten Schauspielern, damit diese ihre Familien und Freunde einladen konnten.
Die Teilnehmer sind überzeugt, dass das Projekt ein Schritt in die richtige Richtung gewesen ist. Wenn auch nur ein kleiner. Das Projekt habe einmal mehr deutlich gemacht, welchen schweren Stand Kunstschaffende im Iran haben. Regisseur Jafari will nun ein weiteres Projekt organisieren, diesmal mit dem Fokus auf Werke von iranischen Schriftstellern.
Farnaz Bernhardt
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