Bemühungen um ein internationales Image
Seit zwei Jahren macht die internationale Buchmesse in Kairo eine Phase der Umorientierung durch. Die größte arabische Buchmesse möchte für westliche Verleger attraktiver werden und sich ein internationales Image zulegen.
Die Veränderungen spiegeln sich vor allem im Rahmenprogramm wider. War die Messeleitung in früheren Jahren bemüht, arabische Literaturstars, wie Mahmud Darwisch oder Adonis, einzuladen, versucht man sich nun mit prominenten nicht arabischen Namen zu schmücken. Dieses Jahr schaute der türkische Nobelpreisträger Orhan Pamuk für zwei Tage vorbei.
Dialog mit dem Westen
Für einen internationalen Anstrich sorgt auch das Ehrengastprogramm, das dieses Jahr zum zweiten Mal durchgeführt wird.
Nach Aussage von Wahid Abdalmagid, dem stellvertretenden Direktor der Buchmesse, ist das Programm in den nächsten Jahren ausschließlich westlichen Ländern vorbehalten, weil der Dialog mit dem Westen für die Veranstalter oberste Priorität habe.
Die Spannungen zwischen der arabisch-islamischen und der westlichen Kultur seien in erster Linie auf mangelndes gegenseitiges Wissen zurückzuführen. Die Messe mit Hunderttausenden von Besuchern aus allen Bevölkerungsschichten sei der ideale Rahmen, um Vorurteile abzubauen.
Innovativer Buchpreis
So präsentierte der diesjährige Ehrengast Italien neben Musik-, Theater- und Kinoveranstaltungen denn auch die "Klassiker" des Kulturdialogs: Zur Rolle der Medien, zur Rolle der Orientalistik und zur Koexistenz von Islam und Christentum.
Eine bleibende Wirkung wird das italienische Gastprogramm immerhin haben: Ein Mittelmeer-Buchpreis, der Verlage, Übersetzer und Autoren aus nördlichen und südlichen Ländern des Mittelmeeres jährlich auszeichnet. Die arabisch-italienische Jury prämierte in Kairo Publikationen, die zum besseren gegenseitigen Verständnis beitragen.
Kritik am Rahmenprogramm
In arabischen und ägyptischen Medien sorgte das Rahmenprogramm für viel Kritik, da es weitgehend ohne politische Themen auskommen musste. Gehörten in den Jahren zuvor Veranstaltungen zu den Dauerbrennern in der arabischen Welt - wie etwa Demokratisierung und islamistische Bewegungen - zum Programm dazu, sucht man sie dieses Jahr vergebens.
Fokus Kultur?
Abdalmagid erklärt diese Veränderung mit dem Wunsch, die Buchmesse ausschließlich der Kultur vorbehalten zu wollen. Aktuelle politische Themen würden zur Genüge außerhalb der Messe diskutiert:
"In den letzten Jahren hatten wir keine einzige Veranstaltung zum Verlagswesen oder zum Thema Übersetzungen, während wir zig Panels mit Vertretern diverser politischer Strömungen hatten. Das alles geschah auf Kosten der Kultur. Aber wir müssen uns endlich, wie alle anderen Buchmessen auf der Welt auch in erster Linie mit dem Buch beschäftigen!"
Abdalmagids Argumente mögen plausibel klingen, wenn da nicht der Themenkomplex Atomenergie wäre, der auf der Buchmesse dieses Jahr zur Diskussion gestellt wurde. Zufälligerweise sind seit einigen Monaten Stimmen in ägyptischen Regierungskreisen laut geworden, die für die Wiederaufnahme des ägyptischen Atomprogramms plädieren. So bleibt die Buchmesse ein Seismograph für die Prioritäten der regierenden Klasse in Ägypten.
Internen Dialog nicht vernachlässigen
Trotz der Ausrichtung der Messeleitung unter dem neuen Direktor Nasir al-Ansari nach Westen, sollten ein innerarabischer und innerislamischer Dialog nicht vernachlässigt werden.
Wie notwendig das ist, zeigte sich in verschiedenen Messehallen, wo Hetzschriften gegen Schiiten verkauft wurden. Wahid Abdalmagid aber versicherte, dass in absehbarer Zeit Iran oder andere islamische Länder als Ehrengast unvorstellbar seien.
Weiterhin rigide Zensurmaßnahmen
Für die arabischen Verleger hat sich indes unter der Ägide von al-Ansari nicht viel verändert. Sie werden bei der Einfuhr ihrer Bücher nach wie vor von willkürlichen Zensurmaßnahmen geplagt. Bücher, die auf dem ägyptischen Markt erhältlich sind, dürfen aus unerklärlichen Gründen den Zoll nicht passieren.
Dieses Jahr waren unter anderem Werke von Milan Kundera, Michel Foucault und des jungen libanesischen Schriftstellers Samir Abu Hawwash betroffen. Die Bücherkartons verschwinden dann für immer im Labyrinth der ägyptischen Zollbehörden.
Für westliche Verleger bleibt die Buchmesse in Kairo ein schwieriges Terrain. Zwar gab es dieses Jahr ein Verzeichnis der teilnehmenden Verlage, aber nur auf Arabisch.
Mona Naggar
© Qantara.de 2007
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