Hummus mit deutschem Kniff
Das Berliner Restaurant "Mixtape Bagel Burgers" im aufstrebenden Stadtteil Moabit ist eine ungewöhnliche Kombination: sowohl aufgrund ihrer saftigen, natürlichen Burger, die nicht vom üblichen Brot, sondern von Bagels umschlossen sind, als auch wegen ihrer Inhaber türkischer und kurdischer Abstammung.
Yasin Duran und Meral Kiyak sind Freunde, seit sie sich vor 20 Jahren als Kinder in Charlottenburg kennenlernten, kurz nachdem Duran mit seiner Familie aus der Türkei nach Berlin gezogen war. Ihre Leidenschaft für die Gastronomie und der Wille, Menschen unterschiedlicher Herkunft zusammen zu bringen, brachte sie auf die Idee, 2015 ihren Laden zu eröffnen – gepaart mit einem sozialen Anliegen. Ein Zitat von Che Guevara ziert die Markise: "Seien wir realistisch, versuchen wir das Unmögliche."
"Wir versuchen nicht, die Welt zu verändern, wollen aber unseren Alltag leichter gestalten, um ein besseres Leben zu führen", erzählt Duran an einem Freitagnachmittag im "Mixtape", in dem das "Coexist"-Bild hängt, das die Symbole verschiedener Religionen vereint.
Die Speisekarte unterteilt sich in Ost- und Westküste - eine Anspielung auf die beiden einst dominierenden Regionen im US-Hip-Hop, der sich in den Namen der Gerichte wiederfindet. Durans und Kiyaks orientalische Herkunft ist den verwendeten Gewürzen der Ostküsten-Gerichte anzumerken.
Multikulti in der Küche
Ihr Geschäft ist eines von wenigen kulinarischen Kooperationen in Berlin, die tradierte Geschmäcker und Vorurteile bewusst überbrücken wollen. Was dort, wo die Küche oder die Köche herkommen, schwierig umzusetzen wäre, lässt sich in Berlins aufkeimender und experimenteller Food-Szene problemlos erproben.
Duran und Kiyak fühlten sich in ihrer Kindheit in Berlin oft unerwünscht, etwa wenn Klassenkameraden sie ausgrenzten, weil sie nicht die gleichen Feiertage begingen. Duran, der 2013 am Kreuzberger Mehringdamm über seinen ersten Bagel stolperte, begriff Multikulturalismus dagegen seit jeher als normal. "Als Erwachsener kannst du über die Dinge diskutieren, die du als Kind nicht verstehst", sagt er.
Könnte "Mixtape Bagel Burgers" in der Türkei oder den kurdisch bevölkerten Regionen des Landes existieren? "Gute Frage", sagt Duran und erklärt, dass es wohl sehr unwahrscheinlich wäre, wenn die beiden ihre Identitäten nicht für sich behielten. Lange Zeit war es in der Türkei verboten, allein nur Kurdisch zu sprechen. In Berlin dagegen bewirten sie ein gemischtes Publikum: Am Nachmittag wird der Laden sowohl von Studenten als auch von Rechtsanwälten aus dem benachbarten Gericht besucht.
Ein Beigeschmack des Nahen Ostens
Gut gemeinte Absichten werden aber nicht immer mit offenen Armen empfangen. Während der ersten Wochenenden nach der Eröffnung des Hummus-Restaurants "Kanaan" fuhr die Polizei vermehrt vor dem Laden Streife: Das Restaurant wird von einem Israeli und einem Palästinenser geführt, was pro-palästinensische Gruppen zu Drohungen veranlasst hatte. Die Angst schwand, als nichts passierte.
Inzwischen gibt es das "Kanaan" in Prenzlauer Berg schon seit zwei Jahren, in denen es in vielfacher Hinsicht zu einem Hybrid geworden ist. "Es geht nicht darum, etwas komplett Neues zu machen, sondern verschiedene Kniffe einzubringen, etwas das Großmutter zu tun pflegte, nur ein bisschen besser", sagt der israelische Mitinhaber Oz Ben David, der zuvor in einem Vertrieb für israelische Produkte arbeitete.
Um ihre Küche dem Berliner Publikum schmackhaft zu machen, gaben Ben David und sein Kompagnon, der langjährige Gastronom Jalil Dabit, den deutschen Gerichten auf ihrer saisonal wechselnden Karte einen Beigeschmack des Nahen Ostens.
Das momentan am häufigsten bestellte Gericht ist der Hummus-Kartoffelpuffer mit Tahini-Soße, Granatapfel und Za'atar, einem Mix aus Gewürzen aus dem Nahen Osten.
"Wir spielen mit einer deutschen Basis, die unsere Gäste kennen, aber in einem neuen Stil", sagt Ben David, der unter aufbereiteten Lampen aus Zeiten der DDR sitzt, die von der Decke des Restaurants hängen. Auf der Terrasse, die mit langen Bänken und Selbstbedienung wie ein deutscher Biergarten wirkt, läuft israelische und arabische Musik.
Um die Akzeptanz neuer Geschmäcker gerade bei jungen Besuchern zu erleichtern, bietet das Restaurant kostenlosen Hummus für Kinder unter drei Jahren an. Anschließend gibt es einen Keks mit Tahini, der beliebten Sesampaste - für diejenigen, die den Teller leer gegessen haben.
"Ein Restaurant wie dieses könnte in Israel oder Palästina aus politischen Gründen nicht bestehen", sagt Ben David. "Dort geht es darum, einer Gruppe anzugehören. Hier stehen wir im Austausch mit vielen."
Balkan-Gerichte als Tapas
Andere Restaurants bieten Speisen aus Regionen, die von Streit geprägt, gleichzeitig aber durch die gleichen Gerichte, Kultur und Sprache vereint waren.
"Take Kafana", ein serbisches Restaurant, das Balkan-Gerichte als Tapas auf der Karte hat, etwa die beliebte Pfeffer- und Auberginenpaste Adjar oder eine kleine Version des serbischen Schnitzels Karadjordjeva. Die Darreichung als Tapas ermögliche den Besuchern, viele Gerichte und verschiedene Geschmäcker zu probieren, sagt Vladimir Kosic, ein Gastronom aus Montenegro, der sein Gasthaus am 13. Januar dieses Jahres eröffnet hat - dem Tag des serbisch-orthodoxen Neujahrs.
In einer unauffälligen Nebenstraße nahe des wuseligen Bundesplatzes in Wilmersdorf gelegen, hält das Restaurant ein pulsierendes gesamt-balkanisches Angebot bereit, nicht nur auf der Speisekarte, sondern auch in der Unterhaltung. Ein kroatischer Stand-up-Comedian trat hier auf, es gibt ein regelmäßiges Kneipenquiz mit jugoslawischem Schwerpunkt, das auf Serbisch, Kroatisch, Bosnisch und Montenegrinisch abgehalten wird - kleine Variationen derselben Sprache, die aufgrund der politischen Lage heute als eigene Sprachen der jeweiligen Balkanländer bezeichnet werden.
"Wir sprechen eine Sprache und verstehen uns vollkommen", sagt Vladimir Kosic, der außerdem das montenegrinische Fischrestaurant Lesendro betreibt. "Es ist wie bei Deutschen, wo die Menschen in Berlin Deutsch sprechen und in Bayern auch. Es gibt Unterschiede, aber man versteht einander."
Das "Kafana" - das serbokroatische Wort für Schenke - ist innerhalb kurzer Zeit zu einem gut laufenden Restaurant geworden, in dem die Einflüsse verschiedener Kulturen sowohl in der Küche als auch im Gastraum aufeinander treffen.
"In meinen Geschäften arbeite ich viel mit Kroaten, mit Albanern, Mazedoniern, Italienern, eigentlich jedem", sagt Kosic in seinem schwach beleuchteten Restaurant, das mit klassischen Kronleuchtern geschmückt ist und wo es Gläser mit frisch zubereiteten Adjar zu kaufen gibt. "Wir wollen ein Berliner Restaurant für alle Menschen in Berlin sein."
Rachel Stern
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