Friedensnobelpreis für iranische Feministin Narges Mohammadi

Seit Jahrzehnten kämpft Narges Mohammadi im Iran für die Rechte der Frauen. Die jüngste Protestwelle nach dem Tod von Mahsa Jina Amini unterstützt sie aus dem Gefängnis. Obwohl sie mehrfach verurteilt wurde, bleibt sie kämpferisch.

Frankfurt a.M./Oslo. Die inhaftierte iranische Frauenrechtlerin Narges Mohammadi erhält in diesem Jahr den Friedensnobelpreis. Das gab das norwegische Nobelkomitee am Freitag in Oslo bekannt. Damit werde ihr Kampf gegen die Unterdrückung der Frauen in ihrer Heimat und ihr Einsatz für die Menschenrechte und Freiheit für alle gewürdigt, sagte die Komiteevorsitzende Berit Reiss-Andersen. Die Auszeichnung an die 51-Jährige wurde international begrüßt.



Mohammadis Familie sprach von einem historischen und bedeutenden Moment für den Kampf für Freiheit im Iran. Die Nobelpreisträgerin setzt sich seit rund drei Jahrzehnten für die Frauenrechte im Iran ein. Das Regime hat sie nach Angaben des Nobelkomitees insgesamt 13 Mal festgenommen, fünfmal verurteilt und mit insgesamt 31 Jahren Gefängnis und 154 Peitschenhieben bestraft.



Nach der Anwältin Shirin Ebadi vor 20 Jahren ist die diesjährige Preisträgerin die zweite Iranerin, die den Friedensnobelpreis erhält. Mit Mohammadi würdigte das Nobelkomitee auch Hunderttausende Menschen im Iran, die sich für die Rechte von Frauen einsetzen.



Im September 2022 wurde die junge Kurdin Mahsa Jina Amini in Polizeigewahrsam getötet. Daraufhin entbrannte die jüngste von mehreren Protestwellen im Iran. Unter dem Motto «Frauen, Leben, Freiheit» gingen Hunderttausende friedlich auf die Straße. Die Proteste wurden brutal niedergeschlagen. Dem Nobelkomitee zufolge wurden über 500 Demonstrantinnen und Demonstranten getötet, Tausende verletzt und mindestens 20.000 inhaftiert. Mohammadi habe sich aus dem Gefängnis dafür eingesetzt, dass die Proteste nicht abebben, erklärte das Nobelkomitee.



Der Friedensnobelpreis ist mit elf Millionen Schwedischen Kronen (rund 950.000 Euro) dotiert. Im vergangenen Jahr wurden der belarussische Menschenrechtsanwalt Ales Bjaljazki, die russische Organisation Memorial und das Center for Civil Liberties aus der Ukraine ausgezeichnet.



Mohammadi hat trotz der harten Verfolgung durch das Regime nie aufgegeben und auch den Iran nicht verlassen, als sie die Möglichkeit dazu hatte. Sie sei eine Frau, die sich nicht beuge, sagte sie 2021 in einem Interview mit der Deutschen Welle, als sie für ein paar Monate nicht hinter Gittern war.



Ihre Familie erklärte auf Instagram, die hoch angesehene Ehrung diene als dauerhafte Anerkennung für die friedliche und unermüdliche Arbeit Mohammadis für Frieden und Wandel im Iran. Es sei bedauerlich, dass sie diesen Moment nicht mit ihren Angehörigen teilen könne.



International wurde die Entscheidung des Nobelkomitees begrüßt. Die Auszeichnung sei eine wichtige Erinnerung daran, dass die Rechte von Frauen und Mädchen im Iran und anderswo stark zurückgedrängt würden, erklärte UN-Generalsekretär António Guterres in New York. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen erklärte, mit dem Preis werde der Kampf der iranischen Frauen gewürdigt, die sich unter Gefahren der Unterdrückung widersetzten.



Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier würdigte Mohammadi als ein Vorbild für viele Menschen «auch über den Iran hinaus». «Trotz aller persönlicher Entbehrungen und Ihrer eigenen Inhaftierung erheben Sie weiterhin Ihre Stimme gegen die Unterdrückung der Frauen», hieß es in einem an die im berüchtigten Evin-Gefängnis in Teheran inhaftierte Aktivistin.



Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) erklärte, die Auszeichnung zeige die Kraft von Frauen im Einsatz für die Freiheit. «Mohammadis furchtlose Stimme lässt sich nicht wegsperren, die Zukunft des Irans sind seine Frauen.»



Der PEN International applaudiere dem Nobelpreiskomitee für diese Vergabe, erklärte die Organisation von Autorinnen und Autoren. Mohammadi müsse sofort freigelassen werden, ebenso wie alle anderen politischen Gefangenen. Auch die Exekutiv-Direktorin von «Human Rights Watch», Tirana Hassan, forderte die sofortige Freilassung Mohammadis sowie der anderen inhaftierten Menschenrechtsaktivisten im Iran.



Das Regime im Iran gab zunächst keinen Kommentar zur Auszeichnung ab. Die iranische Nachrichtenagentur Fars schrieb laut dem Sender Al-Dschasira, Mohammadi erhalte den Preis für ihre «Handlungen gegen die nationale Sicherheit des Iran». (epd)