Irans "Grüne Revolution" auf der Leinwand

Im Sommer 2009 schlug das iranische Regime Proteste gegen Präsident Ahmadinedschad mit Gewalt nieder. Im Dokumentarfilm "The Green Wave" hat Filmregisseur Ali Samadi Ahadi die dramatischen Ereignisse von damals festgehalten. Tini von Poser berichtet.

الكاتبة ، الكاتب: Tini von Poser

Der Film thematisiert die Hoffnungen der Demonstranten auf Freiheit und Demokratie, ihre Enttäuschung nach dem Wahlbetrug und die Brutalität, mit dem das Regime Ahmadinedschads gegen die Oppositionellen vorging. Am Donnerstag (24.02.2011) kam der Film in die deutschen Kinos. Für den diesjährigen Filmpreis der Menschenrechte ist er bereits nominiert. In Blogs machten sich viele junge Menschen gegenseitig Mut und schrieben ihren Frust nieder. Neben Twitter und Facebook etablierten sich die Blogs als essentielles Kommunikationsmittel und flossen als wichtige Zeugnisse in den Film ein. Iran gilt seit der "grünen Bewegung" als "Bloggernation".

Wunsch nach Wandel

Der Film zeigt, wie sich die Demonstranten in Massen durch die Straßen schieben. In den ersten Szenen sind sie voller Hoffnung auf freie, gerechte Wahlen. An Kopf, Hals, Armen tragen sie grüne Bänder und bekennen sich damit zu dem Präsidentschaftskandidaten Mir Hossein Mussawi.

Anhänger der grünen Bewegung auf dem Azadi-Platz in Teheran; Foto: DW
Aufbegehren gegen das autokratische System Khameneis: Nach dem mutmaßlichen Wahlbetrug Präsident Ahmadinedschads formierte sich im Iran ein breites Oppositionsbündnis, das jedoch bis heute vom islamistischen Regime unterdrückt wird.

Doch steht diese grüne Farbe für viel mehr, wie der Regisseur erklärt: "Es war ein Zeichen, das die Menschen benutzt haben, um untereinander zu signalisieren: wir gehen den gleichen Weg. Und das war Freiheit, die Frage der Menschenrechte, der Wunsch nach Wandel." Die Stimmung auf den Straßen schildern die Protagonisten des Films, die zwei Studenten Kaveh und Azadeh. "Diese Kraft, diese Spannung, dieser Wille sich gegen die Schmach der letzten Jahre und der Willkür einzusetzen, etwas ändern zu wollen, war überwältigend", sagt Kaveh. ​​

Die beiden Studenten, die hoch emotional durch die Geschichte führen, sind fiktive Figuren und werden in Animationsszenen dargestellt. Doch frei erfunden sind diese Szenen nicht. Ali Samadi Ahadi hat 1.500 Blogs gesammelt, davon 15 ausgewählt und durch die fiktiven Studenten sprechen lassen, bebildert mit Comiczeichnungen.

Weitere wichtige Bestandteile des Films sind Interviews mit Zeugen, die heute im Exil leben, sowie die zahlreichen Handyaufnahmen von Demonstrationen und blutigen Auseinandersetzungen mit der iranischen Miliz, die auch jenseits der Grenzen Irans empfangen werden konnten. Nachrichten in aller Welt griffen auf diese Bilder zurück. Denn eine offizielle Berichterstattung war - ähnlich wie heute - im Juni 2009 kaum möglich.

Weitere Szenen zeigen den Wahlbetrug. Zeugen erzählen von der Situation an den Wahlurnen: Wahlzettel gingen aus, Wahllokale schlossen früher als üblich, Internetseiten wurden gefiltert und Telefonnetze abgeschnitten. Das offizielle Wahlergebnis lautete: 69 Prozent der Stimmen für Mahmud Ahmadinedschad. Der oberste geistlicheFührer des Irans, Ajatollah Khamenei, erkannte das Wahlergebnis an. Im Film sind die enttäuschten Demonstranten zu sehen. Sie halten Schilder hoch, auf denen in großen Lettern steht "Where's my vote?" - "Wo ist meine Stimme geblieben?" - Oder "This is selection, not election" – "das ist Auslese und keine Wahl."

Blutige Unterdrückung

Schließlich thematisiert der Film die Gewalt: Demonstranten werden brutal niedergeschlagen, verhaftet, gefoltert. In überfüllte Krankenhäuser werden zahlreiche Menschen verletzt eingeliefert. Die vielen Toten stapelt man auf Lastwagen, ehe sie identifiziert werden konnten.

​​Die Medizinstudentin Azadeh arbeitet in einem Krankenhaus. In einer Animations-Szene erzählt sie, was sie dort in den Tagen nach dem Wahlbetrug erlebt hat, während sie sich das Blut von den Händen schrubbt: "Gestern war bei uns im Krankenhaus die Hölle los. Neun Menschen tot und 28 verletzt. Die Kollegen weinten bis zum Morgengrauen." Und die zweite Hauptfigur, der 21-jährige Student Kaveh, berichtet, wie er am 8. Juli zusammengeschlagen und verhaftet wurde: "Sie brachten mich mit einem Haufen anderer Leute ins Gefängnis. Es war unvorstellbar. Allein in dem Raum, wo sie uns hinein warfen, waren 200 Leute. Alle waren verletzt. Das Wimmern füllte den ganzen Raum."

Der iranischstämmige Filmemacher Ali Samadi Ahadi wollte nicht tatenlos zu sehen, was in seinem Heimatland passierte. Seit seinem zwölften Lebensjahr lebt er in Deutschland. Wie viele andere verfolgte er die Ereignisse im Iran über den Bildschirm.

Die ersten Wochen nach der Bewegung habe sich der 38-Jährige erstmal völlig ohnmächtig gefühlt, beschreibt er. Doch dann berief er sich, auf das was er kann: das Filmemachen. Die Filme "Lost Children" – ein Film über Kindersoldaten in Uganda – und die Komödie "Salami Aleikum" hatte er bereits herausgebracht. "Für mich war es wichtig, eine Position zu beziehen, eine Haltung zu haben, und das mache ich mit meinen Filmen. Deshalb habe ich auch beschlossen, darüber einen Film zu machen."

Tini von Poser

© Deutsche Welle 2011

Redaktion: Arian Fariborz/Qantara.de