Das Feindbild der USA

Die Verhärtung Irans im Atomkonflikt ist eine Reaktion auf die Haltung der USA und ihren unbedingten Willen, Iran zu isolieren. So das Fazit Bahman Nirumands in seinem Buch "Iran – Die drohende Katastrophe".

Von Peter Philipp

​​"Es ist schon erstaunlich, dass die Regierungen in Washington und Teheran sich gegenseitig Steilvorlagen liefern und damit den Konflikt ständig hochschaukeln. Gäbe es Ahmadinedschad nicht, müssten die USA ihn als Feindbild erfinden."

Zu diesem Schluss kommt Bahman Nirumand in seinem neuen Buch "Iran – die drohende Katastrophe". Denn die Vereinigten Staaten seien besonders unter George W. Bush weiterhin fest entschlossen, den Iran zu isolieren und in Teheran einen Regimewechsel herbeizuführen.

Deswegen habe Washington bisher auch alles abgelehnt, was zu einer Normalisierung mit dem Iran hätte führen können: Etwa eine Vertiefung der Zusammenarbeit in Afghanistan, im Irak oder im Kampf gegen den Terrorismus.

Oder – natürlich – jetzt die harte Haltung Washingtons in der Frage des Atomstreits mit dem Iran.

Eine flexiblere Haltung der USA hätte nach Meinung Nirumands so manches anders kommen lassen und wahrscheinlich sogar die Wahl Mahmoud Ahmadinedschads und die damit verbundene Verhärtung der iranischen Politik verhindert.

Denn Reformpräsident Mohammad Khatami sei ja nicht nur am Widerstand des konservativen Establishments der "Islamischen Republik" gescheitert, sondern auch daran, dass seine vorsichtigen, aber doch sehr deutlichen Avancen gegenüber den USA von diesen unerwidert blieben.

Geistliche auf dem Rückzug?

Der Autor, der als Student zu den Schahgegnern in Deutschland gehörte, nach der Islamischen Revolution aber bald wieder ins Exil zurückkehren musste, schildert – für den Laien vielleicht etwas zu detailliert - den bisherigen Verlauf des Atomstreits:

​​Er beschreibt und analysiert das Scheitern der Reformbewegung und den "Putsch" der Konservativen, mit dem sie systematisch die scheinbar entronnene Macht zurück gewannen: In den Stadträten, im Parlament und schließlich auch im Präsidentenamt.

Nirumand sieht in der Wahl Ahmadinedschads im vergangenen Jahr aber auch ein Zeichen dafür, dass die Geistlichen auf dem Rückzug seien und an ihre Stelle Vertreter des Militärs und der Revolutionsgarden treten, die sich – wie Ahmadinedschad – Revolutionsführer Khomeini verpflichtet fühlen, aber sonst einen eher weltlichen Kurs einschlügen, der jedoch nicht minder geprägt sei von Inkompetenz und Korruption.

Es habe nicht lange gedauert, bis die iranische Öffentlichkeit dies verstanden habe, und Ahmadinedschad habe sich nur durch eine Flucht nach vorn vor möglichen Konsequenzen schützen können:

Die harte Linie im Atomstreit und die wiederholten Provokationen und Drohungen gegenüber Israel haben im Westen so starke Ablehnung ausgelöst, dass der Präsident es verstanden habe, die Öffentlichkeit gegen solch vermeintliche Anfeindungen aufzubringen und hinter sich zu scharen. Ohne die heftige Reaktion des Auslandes wäre Ahmadinedschad vielleicht schon Geschichte …

Umfassender Überblick

Auf 220 Seiten versucht Nirumand einen umfassenden Überblick über die iranische Politik und ihre Hintergründe.

Die historischen und religiös-kulturellen Aspekte kommen dabei vielleicht etwas zu kurz, und es bleibt weitgehend unerklärt, woher der Autor sein Vertrauen in die – unbestritten starke – Zivilgesellschaft des Iran bezieht, der allein er die grundlegende Veränderung zutraut.

Peter Philipp

© DEUTSCHE WELLE 2006

Bahman Nirumand: Iran - Die drohende Katastrophe. Kiepenheuer & Witsch, 224 Seiten, Euro 16,90

Qantara.de

Irans Präsident Ahmedinidschad ein Jahr im Amt
Provokateur und Volkstribun
Seit der Wahl Ahmadinedschads zum Präsidenten scheint sich der Iran auf Konfrontationskurs mit dem Westen zu befinden. Trotz drohender Sanktionen hält er weiter am Atomprogramm fest. Peter Philipp berichtet.

Machtspiel zwischen Washington und Teheran
Kein Kompromiss in Sicht
Im Streit um Irans Atomprogramm gibt es nichts Neues. Auch nach einem Treffen zwischen dem iranischen Chef-Unterhändler Ali Laridschani mit EU-Außenpolitiker Javier Solana in Brüssel kam kein Kompromiss zustande. Peter Philipp kommentiert.

Konflikt um iranisches Atomprogramm
Konfrontationskurs gegen den Westen
Mit seiner Kompromisslosigkeit im Atomstreit und seinen populistischen, radikalislamischen Ausfällen wächst die Kritik an der Außenpolitik des iranischen Präsidenten – auch in den Reihen der iranischen Konservativen. Von Bahman Nirumand

www
Mehr zum Buch beim Verlag Kiepenheuer & Witsch