Gut gelaunte Menschen
Man trifft sich in libanesischen Restaurants und debattiert mit französischen Schriftstellern ihre Darstellungen Algeriens. Dazu spielen in der arabischen Szene bekannte Musiker. Der Deutsch-Arabische Kulturverein e.V. „Al-Qantara die Brücke“ (DAKV) ist seit drei Jahren wieder aktiv. Um die 50 Mitglieder engagieren sich für den kulturellen Ausstausch zwischen Europäern und Arabern aller Altersstufen. Sie schicken arabische Filme in Deutschland auf Tournee, organisieren Musikkonzerte, und inszenieren sogar arabisch-israelische Begegnungsprojekte.
Farouk Abbushi ist einer der Mitbegründer des Vereins und einer von zwei Vorsitzenden. 1983 gründete der studierte Ökonom und Maschinenbauer mit einer Reihe am kulturellen Dialog interessierten Leute in Berlin Charlottenburg den Verein unter dem damaligen Namen „Al-Qantara die Brücke e.V.“ Unter den Mitbegründern waren zum Beispiel der Leiter der außereuropäischen Abteilung des Instituts für vergleichende Musik, Habib Tuma, und der Filmexperte Jochen Klicker. Seinerzeit plante man, ein professionelles, deutsch-arabisches Kulturbüro zu schaffen, das als Bindeglied zwischen der arabischen Welt und Kulturstätten in Berlin fungieren sollte. Aber auch wirtschaftliche Aktivitäten zwischen Berlin und dem arabischen Raum wollte man damals fördern. „Ich kam ja selber aus der Wirtschaft“, sagt Abbushi, „und damals war es so, dass deutsche Firmen sich immer mehr für den arabischen Raum zu interessieren begannen.“ Gleich das erste Konzert, für das ein tunesisches Musikensemble nach Berlin kam, zog 750 Zuschauer an. Es folgten Kulturreisen nach Jordanien, Jugendbegegnungen und auch ein kleines Übersetzungsbüro entstand mit der Zeit. „Dann sind wir in der Versenkung verschwunden“, resümiert Abbushi. Die aktiven Mitglieder waren zu sehr mit ihrem Alltag beschäftigt.
Reiner Kulturverein
Seit 2000 hat sich der Verein wieder zusammengerauft, Satzung und Name wurden geändert, eine Website erstellt. Der DAKV begreift sich jetzt als reiner Kulturverein. Jegliche wirtschaftspolitischen Ansprüche wurden gestrichen. Es bestehen Kooperationen mit dem Haus der Kulturen der Welt und dem Literaturhaus in der Fasanenstraße. Hier wurden zuletzt 30 Werke der deutschen Literatur einem arabischen Publikum vorgestellt. „Das gibt es sonst nicht, und viele Araber kennen diese Literatur auch nicht“, sagt Abbushi. Auch die jordanische Feministin Zulaikha Abu Risha war schon da und diskutierte mit dem Publikum über Sexismus in der arabischen Sprache.
Vereinsräume gibt es nicht. Die Veranstaltungen werden von zu Hause aus organisiert. In Abbushis Arbeitszimmer stapeln sich Berge von Papier. In wenigen Wochen steht das nächste Konzert auf dem Plan. Die Organisation kostet viel Zeit, es soll ja wieder mal ein professioneller Abend werden. „Manchmal wächst uns alles über den Kopf“, meint er. Aber es lohnt sich. An Abbushis Zimerwänden hängen Fotos der vergangenen Abende. Darauf sieht man gut gelaunte Menschen aus verschiedenen Kulturkreisen. Sie sitzen auf Teppichen um niedrige Tische, unterhalten sich, und die Kapelle auf der Bühne scheint sich bereits in Ekstase gespielt zu haben.
Lennart Lehmann
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