"Wenn ich faste, geht mir die Puste aus"

Im Ramadan, der am 21. August für die Muslime begonnen hat, wird auch von Profi-Fußballern erwartet, dass sie sich an das Fasten halten. Doch sind Ramadan und Leistungssport miteinander vereinbar? Die Erfahrungen sind verschieden, wie André Tucic berichtet.

Jawhar Mnari; Foto: dpa
Der Ramadan bedeutet für Jawhar Mnari, Mittelfeldspieler beim 1. FC Nürnberg, zwar einen "leicht veränderten Rhythmus"</wbr>, der ihm jedoch keine Schwierigkeiten bereite.

​​Die Fastenzeit ist der neunte Monat im islamischen Mondkalender und gilt als eine Zeit der Besinnung, der Mäßigung und der Meditation. Dreißig Tage lang sind alle Muslime aufgerufen, von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang enthaltsam zu sein.

Vom Ramadan ausgenommen sind alte Menschen, geistig Behinderte, Soldaten, Schwerstarbeiter und Kinder unter 15 Jahren. Kranke, Reisende, schwangere Frauen, Wöchnerinnen, stillende Mütter und Frauen, die im Ramadan ihre Monatsblutungen haben, können die Fastenzeit nachholen.

Leistungssportler hingegen sollen den Geboten des Ramadan Folge leisten. Natürlich gilt das auch für Bundesliga-Fußballer. Mesut Özil, deutscher Nationalspieler in Diensten von Werder Bremen, hält sich jedoch nicht daran. Und das hat einen Grund: In der A-Jugend hatte er das Fasten zwar schon versucht, doch schnell merkte er, dass ihm schwindelig wurde. "Ich fühlte mich schlapp und bekam Kopfschmerzen", sagt Özil.

Abstriche hinnehmen

Mesut Özil; Foto: AP
In der A-Jugend hatte der heutige Torjäger bei Werder Bremen, Mesut Özil festgestellt, dass ihm beim Fasten schwindelig wurde.

​​ Der zum Islam konvertierte Franzose Frank Ribéry, der für den FC Bayern München spielt, fastet mit Abstrichen: "An freien Tagen faste ich. Aber wenn ich spielen muss, dann nicht." Serdar Tasci, gebürtiger Türke, der für den VfB Stuttgart und die deutsche Nationalmannschaft kickt, handhabt den Ramadan genauso wie Ribéry: "Damit es für mich keine Gefahr gibt, stimme ich die Fastenzeit mit meinem Training ab", sagt Tasci.

Sami Khedira, sein deutsch-tunesischer Mannschaftskollege beim VfB, macht es genauso. Halil Altintop, der türkische Nationalspieler von Schalke 04, hingegen schiebt dem Ramadan einen Riegel vor.

"Die Fastenzeit ist für mich zwar sehr wichtig. Aber als Leistungssportler muss ich eine ausgewogene Ernährung haben und genügend Flüssigkeit zu mir nehmen. Sonst geht mir die Puste aus", sagt Altintop.

Es gibt natürlich auch Bundesligaspieler, die den Ramadan strikt einhalten. Einer von ihnen ist Jawhar Mnari, Tunesier vom 1. FC Nürnberg. "Es ist ein leicht veränderter Rhythmus, aber das ist kein Problem für mich. Ich stehe um halb vier Uhr auf, esse und trinke reichlich", sagt Mnari.

Der vereinslose Marokkaner Abdelaziz Ahanfouf hatte gar seine besten Zeiten während des Ramadan: Den einzigen Hattrick seiner Karriere erzielte er im neunten Monat des islamischen Mondkalenders. "Die ersten Tage sind hart. Aber wenn man einen Rhythmus gefunden hat, geht es", erklärt Ahanfouf.

Ruhepausen und gute Ernährung

Abdelaziz Ahanfouf; Foto: dpa
Der Marokkaner Abdelaziz Ahanfouf hatte seinen bislang einzigen Hattrick seiner Karriere während des Ramadan erzielt.

​​ Oberste Priorität genieße "der Glaube und das Gebot, das Fasten durchzuhalten. Ich will schließlich ins Paradies", sagt Ahanfouf. Burhan Kisici, Generalsekretär des Islamrats für die Bundesrepublik Deutschland, gibt Mnari und Ahanfouf recht:

"Leistungssport und Ramadan sind miteinander zu vereinbaren. Man muss sich darauf vorbereiten, gut ernähren und Ruhepausen einhalten." Kisici findet es begrüßenswert, wenn Sportler das Fasten einhalten: "Es gibt genügend muslimische Sportler, die den Ramadan einhalten und trotzdem zu Top-Leistungen fähig sind."

"Flüssigkeit ist ein wesentlicher Faktor beim Leistungssport", meint der Sport- und Ernährungswissenschaftler Hans Braun, der am Deutschen Forschungszentrum für Leistungssport der Sporthochschule Köln tätig ist. "Wer seinen Wasserhaushalt nicht reguliert, verliert an Leistungsfähigkeit."

Ebenso wichtig sei die Zufuhr von Kohlenhydraten, rät Braun: "Man sollte zwei bis drei Stunden vor dem Training Kohlehydrate, also Nudeln, Reis oder Kartoffeln, zu sich nehmen. Und abends sollte auf leicht bekömmliche Kost geachtet werden."

Gesundheitsrisiken unbekannt

Halil Altintop; Foto: dpa
"Die Fastenzeit ist für mich zwar sehr wichtig. Aber als Leistungssportler muss ich eine ausgewogene Ernährung haben und genügend Flüssigkeit zu mir nehmen. Sonst geht mir die Puste aus", sagt Halil Altintop.

​​ Während des Fastens könnten Leistungssportler einige Muskeln sowie zwei bis drei Kilogramm verlieren. "Doch über langfristige Schäden ist mir nichts bekannt", sagt Braun. Jedoch können Kreislaufbeschwerden und Konzentrationsschwächen sowie Muskelkrämpfe und -verletzungen auftreten.

In diesem Jahr fällt der Ramadan in den Hochsommer. Profi-Sportler müssen dann also bei Temperaturen von 30 bis 35 Grad Celsius ohne Flüssigkeit auskommen. "Das ist durchaus kritisch. Wichtig ist dann, dass die Trainer ihre Spieler entsprechend vorsichtig belasten", sagt Braun.

So wie Werner Lorant, der als Trainer in der Türkei und im Iran arbeitete. Er hat stets auf die richtige Ernährung seiner Spieler geachtet und seine türkischen und iranischen Teams erst nach Sonnenuntergang zum Training gebeten. Auch ihm sind langfristige oder gravierende Gefährdungen der Gesundheit nicht bekannt.

André Tucic

© Qantara.de 2009

Qantara.de

Ramadan in Deutschland
Zeit der Gemeinschaft und Besinnung
Der Fastenmonat Ramadan bedeutet für viele Muslime eine Zeit der spirituellen Reflektion, Enthaltung, Selbstdisziplin und Großzügigkeit. Das allabendliche Fastenbrechen mit Einbruch der Dunkelheit wird als festliche Angelegenheit zelebriert. Arian Fariborz hat eine der Iftar-Veranstaltungen der Türkisch-Islamischen Union (DITIB) in Köln besucht.

Beginn des Fastenmonats Ramadan
Saudi-Arabien gegen den Rest
Die Bestimmung des exakten Zeitpunkts für Beginn und Ende des islamischen Fastenmonats Ramadan ist immer wieder Anlass für Verwirrung und Streit in der islamischen Welt. Warum das so ist, versucht Christian Luenen zu erklären.

Porträt Sami Khedira
Im Fußball spielt die Herkunft keine Rolle
Der Fußballprofi Sami Khedira besitzt einen tunesischen und einen deutschen Pass. Der 21-Jährige Mittelfeldspieler vom VfB Stuttgart engagiert sich in seiner Freizeit für die Förderung der Integration von Jugendlichen. Bald wird er wohl auch im deutschen Nationaldress auflaufen. Ein Porträt von André Tucic

Franck Bilal Ribéry
"Immer an Gott glauben"
Franck Ribéry ist in der Form seines Lebens - bei der EM könnte er zum Spieler des Turniers aufsteigen. Doch der Karriereweg des ehemaligen Bauarbeiters und gläubigen Muslims war steinhart. Ein Porträt von André Tucic