Gerd Steiner, 11. April 2007
zu: Interview mit mit dem syrischen Denker Hachem Saleh
Werte Nachbarn im Glauben,
mit Interesse und auch Freude las ich das Interview mit Hachem Saleh.
Eigentlich hat ja der Islam bereits in sich Ansätze für seine Weiterentwicklung, nämlich die Sunna und auch die Scharia, die es erlauben, über den Koran hinaus zu gehen. So liegen einige Grundlagen der Rechtsgelehrten in Disziplinen (z.B. Theologie), die es ermöglichen sollten, den Koran gemäß den heutigen Situationen auszulegen.
Daher möchte ich den im Artikel erwähnten Ansatz auch für die Sunna und für das Rechtsleben (Scharia) ausdehnen. Vielleicht besteht ja die Möglichkeit für die Entwicklung einer neuen Rechtsschule mit einer religiösen Aufklärung und eigentlich Reformation.
So erlebe ich die Scharia eher als "Seelenpflicht" eines Gläubigen, wonach - wenn schon - alleine Gott selbst "straft" (in der Hinsicht, dass ein Verhalten nach seinem Willen gut für die Seele ist und ein Verhalten dagegen wider sie ist). Ich verstehe z.B. das Feuer als in der Seele erlebbare Begierdenglut und Hitzigkeit der Menschen. Ich bin teils fasziniert von der Detailliertheit und Filigranität der Scharia, dessen Ausschnitte dazu ich im "Handbuch Islam" (Spohr Verlag) erlebt habe.
Mit dem Anspruch, die Scharia als "weltliches Recht" im konventionellen Sinn zu verstehen, hätte ich Probleme, denn das käme für mich einer Selbstjustiz des Menschen über Menschen gleich, in welcher sich der Mensch dem Einen und Einzigen selbst beistellt ... Verstehe ich die Scharia aber wirklich und ausschließlich religiös im Sinne von "religio" - die Bindung zu Gott - und wo "Ahndungen" alleine Gott mit seinen wunderbaren 99 Namen vorbehalten sind, kann sie ein Schatz zur Übung einer seelischen Feinfühligkeit (auch im Benehmen und im Verhältnis zum Mitmenschen) werden.
Freundliche Grüße,
Mag. Gerd Steiner aus Wien