Afrika hat Perspektive
Viele Deutsche wissen immer noch zu wenig über Afrika. Daher will jetzt die Bundeszentrale für politische Bildung drei Jahre lang versuchen, den Deutschen afrikanische Politik, Geschichte und Kultur etwas näher zu bringen. Judith Hartl hat sich auf der Auftaktveranstaltung "Africome" informiert.
Nach wie vor bestimmen zahlreiche Klischees unser Afrika-Bild. Und die Kenntnisse über den "schwarzen Kontinent" tendieren bei vielen Deutschen gegen Null. Mancher Schüler meint, Afrika sei ein einziges Land und die Hauptstadt hieße Johannesburg, erzählt Thomas Krüger, Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung. Grund genug, Afrika in den nächsten drei Jahren zum Schwerpunkt zu machen:
Vorurteile und Klischees abbauen
"Der Afrika-Schwerpunkt soll dazu beitragen, das gegenwärtig vorherrschende Bild vom einheitlichen, perspektivlosen Afrika zu widerlegen, Vorurteile aufzubrechen und die positiven Entwicklungen in Afrika aufzuzeigen, ohne allerdings dabei die Probleme des Kontinents zu verschweigen", so Krüger.
Afrika ist für viele, die den Kontinent nicht kennen, ein Synonym für Kriege, Krisen und Katastrophen, kritisierte Alt-Bundespräsident Richard von Weizsäcker in Berlin und ergänzte: "Wer Afrika aus eigenem Erleben kennen lernt, wer sich mit afrikanischer Literatur, Musik und bildender Kunst auseinandersetzt, der kommt aus dem Staunen nie heraus."
Afrika bewegt sich und ist im Umbruch – auch die deutsche Politik und die Wirtschaft interessieren sich wieder verstärkt für diesen Kontinent. Bundeskanzler Gerhard Schröder ist gerade von seinem ersten Afrika-Besuch zurück. In seinem Schlepptau hatte er jede Menge Vertreter der Wirtschaft.
Förderung von Eigeninitiative
Einer von ihnen ist Matthias Kleinert von Daimler Chrysler. Er blickt optimistisch in die Zukunft: "Wir versuchen genau das zu unterstützen, was die Eigenkräfte in Afrika zu Stande bringen, um dann Erziehung, Ausbildung und Qualifizierung für junge Menschen für die nächste Generation zu erzielen. Wenn Sie dort Erziehung, Ausbildung und Qualifizierung junger Menschen voranbringen, dann haben Sie das gleiche produktive Ergebnis wie in entwickelten Industrieländern auch."
Afrikanische Eigeninitiative soll unterstützt werden. Das sei Hauptziel der aktuellen deutschen Entwicklungspolitik, meint auch die Afrika-Beauftragte der Bundesregierung Uschi Eid.
Als aus dem Publikum der Zwischenruf "Besserwisserei!" ertönt, kontert sie: "Ich glaube, dass bei uns sehr oft Bilder transportiert werden oder auch Vorurteile, die längst von der Sache her ausgeräumt sein müssten. Zum Beispiel, dass wir auftreten als Besserwisser. Wir haben genau geguckt, was diese Vorschläge sind. Und diese Reformvorschläge, die aus Afrika kommen, unterstützen wir", so Eid.
NEPAD als Instrument zur Konfliktlösung?
Vor allem die "Neue Partnerschaft für Afrikas Entwicklung" (NEPAD) gilt vielen als wichtiges und Erfolg versprechendes Modell. Diese Initiative wurde 2001 von verschiedenen afrikanischen Staaten gegründet. Ihr Ziel: Afrika soll Konflikte und Krisen selbständig in den Griff bekommen - am besten erst gar nicht entstehen lassen. Außerdem soll NEPAD die Entwicklung demokratischer Strukturen fördern und Investoren anlocken.
Ausgerechnet diese Initiative kritisierte Literatur-Nobelpreisträger Wole Soyinka zumindest indirekt mit den Worten: "Erfahrungen haben deutlich gemacht, dass jeder afrikanische Staat eine demokratische, wirtschaftliche Entwicklung braucht. Und damit meine ich viele kleinere Unternehmen an Stelle von Mammut-Unternehmen, die Afrika noch mehr Schulden und noch mehr Probleme bringen."
Wole Soyinka, der 1986 als erster Afrikaner den Literatur-Nobelpreis erhielt, blieb in seiner Rede in Berlin recht skeptisch und nachdenklich. Trotz großem Respekt widersprach die Afrika-Beauftragte der Bundesregierung Uschi Eid: "Ich habe Verständnis für seine Skepsis. Wenn wir wollen, dass NEPAD nicht im Sande verläuft, dann müssen wir weltweit eine Koalition bilden, um dafür zu sorgen, dass NEPAD erfolgreich ist."
Deutsches Engagement gefragt
Auch von der Afrikanischen Union (AU), erhofft sich die Bundesregierung viele Impulse, meint Eid. Um Krisen und Konflikte schon im Vorfeld unter Kontrolle zu bekommen oder eben – wenn nötig – gemeinsam einzuschreiten.
Doch genau hier müsse sich Deutschland sehr viel stärker engagieren als bisher, so Stefan Mair von der "Stiftung Wissenschaft und Politik" in Berlin: "Wir müssen einen Beitrag zur Lösung und auch zur Befriedung von Gewaltkonflikten in Afrika leisten. Dort tun wir sehr viel langfristig in Sachen Konfliktprävention. Aber wir können uns auch nicht um die Frage von Blauhelmeinsätzen in Afrika drücken."
Judith Hartl, © DEUTSCHE WELLE/DW-WORLD.DE 2004
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