"Wir können nicht optimistisch sein"
Nicht nur in der westlichen Welt hat die Wahl Ahmadinejads zum iranischen Staatspräsidenten Beunruhigung ausgelöst. Auch viele iranische Frauen fragen sich, ob er Khatamis Versuche, einige politische und soziale Freiheiten einzuführen, wieder zunichte machen wird. Von Jamsheed Faroughi
"Ab heute wird einiges passieren", sagte der Kommandant der Basidjis, einer paramilitärischen Gruppe, die den Revolutionswächtern untersteht, schon am Tag der Amtseinführung Ahmadinejads am 3. August. Viele Bürgerrechtler hörten daraus einen neuen, härteren Kurs. Auch viele Frauen, neben der iranischen Jugend die größte Wählerschaft des ehemaligen Präsidenten Khatami, fragen sich besorgt, was die nächste Zukunft ihnen wohl bringen wird.
"Wenn wir diejenigen in Betracht ziehen, die bisher die neue Regierung und den neuen Präsidenten unterstützt haben, können wir nicht optimistisch sein," sagt die Soziologin und Frauenrechtlerin Nayereh Tavakkoli. "Auch wenn Frauen zur Kabinettsbildung eingeladen werden, kann dies das Frauenproblem nicht lösen. Die Frauen, die zurzeit als Abgeordnete im Parlament sind, gehören zu der Gruppe der Frauen, die glauben, dass Mann und Frau nicht gleich sind und dass diese Ungleichheit gut ist."
Wenn solche Frauen Mitglieder des Kabinetts würden, so die Frauenrechtlerin weiter, sei es klar, dass sie keinen positiven Schritt auf dem Weg der Frauenrechte und Geschlechtergleichheit tun würden. Tavakkoli bezeichnet sich als nicht-religiös. Sie ist seit Jahren als Vorkämpferin für die Rechte der Frauen tätig und damit das absolute Gegenbild zu denen, die Präsident Ahmadinejad gerne im Parlament sieht.
Dort sind Frauen wie Éshrat Shayegh gefragt, die Abgeordnete aus der aserbaidschanischen Stadt Tabriz. Shayegh hatte neulich vorgeschlagen, dass man zur Bekämpfung der Prostitution im Iran zehn Prostituierte in der Öffentlichkeit hinrichten solle.
Keine Chance auf höhere Posten
Während der Amtsperiode Mohammed Khatamis übernahmen Frauen langsam mehr Verantwortung in Führungspositionen im Iran. Zum ersten Mal gab es ein "Zentrum für Zusammenarbeit von Frauen" und auch eine Beraterin in Frauenfragen für den Präsidenten.
Shahrbanou Amani, frühere Parlamentsabgeordnete und Vertreterin der eher religiös-reformistischen Frauen, vermutet, dass Frauen in der Amtszeit von Ahmadinejad keine Chance haben werden, höhere Posten zu bekleiden: "Zurzeit läuft eine enge Konkurrenz unter den Gesinnungsgenossen des Präsidenten, um Ministerposten zu besetzen. Diese Konkurrenz ist sehr hart, da gibt es keinen Platz für Frauen."
Dabei geht es nicht nur um Führungspositionen. Seit den Parlamentswahlen Ende 2004 besteht die Mehrheit des Parlaments aus fundamentalistischen, rechtsradikalen Politikern und vielen NGOs. Die NGOs wurden von rechtsradikalen Politikern stets entweder als Untergruppen von politischen Parteien oder als Zeichen von Verwestlichung abgelehnt.
Frauen lassen sich nicht wieder zurückdrängen
Sie sehen die Frauenrechtlerinnen als eine Bedrohung des islamischen Staates. Doch diese glauben nicht, dass es die Regierung schaffen wird, die iranischen Frauen wieder an den Herd zu schicken. Auch im Iran ist in den letzten zehn Jahren die Zahl der Frauen, die eine akademische Ausbildung haben, gestiegen, so sehr, dass es immer wieder Diskussionen gab, wie man die Frauen wieder zurückdrängen könne.
Nach der staatlichen Statistik waren 60 Prozent aller Studenten im Jahre 2002/2003 Frauen, ein Jahr später schon 65 Prozent. Der Versuch, eine Quotenregelung für Männer und Frauen einzuführen, stieß auf Proteste der Frauen-NGOs. Diese Entwicklung ließe sich nicht mehr rückgängig machen, sagt Nayaereh Tavakkoli: "Nicht nur Frauen, sondern die ganze Mittelschicht im Iran ist eher progressiv und zukunftsorientiert. Frauen sind Teil dieser Gesellschaft."
Wegen der Beschränkungen, die es gegeben hätte, seien Frauen gezwungen gewesen, sich progressiver als Männer zu verhalten, sich schneller zu entwickeln und sich doppelt so viel zu engagieren: "Sonst wären sie dazu verurteilt worden, zu Hause zu bleiben."
Diese Frauen könne man nicht mehr mit der neuen Deutung der religiösen Vorschriften überzeugen, sie verlangten Gleichberechtigung, davon ist Nayaereh Tavakkoli überzeugt. Obwohl Frauen doppelt so viel leisten müssten wie Männer, um sich durchzusetzen, seien sie dazu bereit, um ihre gesellschaftliche Position zu verteidigen.
Jamsheed Faroughi
© DEUTSCHE WELLE/DW-WORLD.DE 2005
Qantara.de
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