Solidarische Kritik

Joschka Fischer hat gegenüber seinem amerikanischen Amtskollegen Colin Powell klare Konsequenzen aus dem Folterskandal im Irak gefordert. Der Machtübergang im Irak könne aber nur gemeinsam mit den USA im UN-Sicherheitsrat eine Lösung finden. Daniel Scheschkewitz kommentiert.

Joschka Fischer mit Amtskollege Colin Powel, Foto: AP
Joschka Fischer mit Amtskollege Colin Powel

​​Auch die stärkste Militärmacht dieser Welt braucht Partner. Dies war noch nie so klar wie heute, da das Vertrauen in den moralischen Führungsanspruch Amerikas durch den Folterskandal im Irak überall in der zivilisierten Welt schwer erschüttert worden ist. Umso wichtiger war es, dass Außenminister Fischer dem Verbündeten in dieser schweren Stunde Vertrauen signalisiert hat.

Amerika werde sich rehabilitieren und seinen moralischen Führungsanspruch zurückerlangen, sagte Fischer in Washington, nicht ohne jedoch eine konsequente Aufarbeitung des Skandals einzufordern. Dass musste er auch, denn Berlin versucht sich in diesen Tagen wieder als Vermittler im Nahostfriedensprozess einzubringen.

Dieser diplomatische Spagat kann aber nur erfolgreich sein, wenn Deutschland auch in der arabischen Welt als ehrlicher Makler wahrgenommen wird. Die USA dürften sich wohl aufgrund der fatalen Bilder aus dem Abu-Ghraib-Gefängnis und dem Image-Schaden, den dies in der Region ausgelöst hat, zur Wiederaufnahme des Gesprächs mit den Palästinensern entschlossen haben.

Der deutsche Außenminister hat diese Chance geschickt erkannt und mit dem Berliner Treffen zwischen Condoleezza Rice und Achmed Kurei einen kleinen Coup gelandet.

Ein gutes Jahr nach den amerikanisch-deutschen Zwistigkeiten wegen des Irak-Krieges vertraut man offenbar auch im Weißen Haus wieder der deutschen Diplomatie. Dies ist umso wichtiger, nachdem sich die Briten - der wichtigste europäische Partner im Irak - ebenfalls durch Menschenrechtsverletzungen diskreditiert haben.

Nun gilt es in der Gestaltung des Machtübergangs im Irak gemeinsam mit den USA im UN-Sicherheitsrat eine zukunftsfähige Lösung zu finden. Auf der jetzigen Grundlage können im Irak keine stabilen Verhältnisse eintreten - ohne das US-Militär aber auch nicht.

Nur wenn es gelingt, aus den Besatzungssoldaten Partner der Iraker im Wiederaufbauprozess zu machen, kann im Irak eine Wende zum Besseren eintreten. Der Folterskandal hat dieses Unterfangen sicherlich nicht leichter gemacht.

Daniel Scheschkewitz

© DEUTSCHE WELLE/DW-WORLD.DE 2004