Warum die Frauen leer ausgingen
Bei den letzten Parlamentswahlen in Kuwait hatten die Frauen erstmals kandidieren und wählen dürfen, jedoch erhielt keine der Bewerberinnen ein Parlamentsmandat. Dafür stellen die Islamisten, die die Einführung des Frauenwahlrechts erbittert bekämpft haben, jetzt die Mehrheit im neuen Parlament. Samar Heinein berichtet.
Obwohl Frauen 57 Prozent der Wahlberechtigten in Kuwait ausmachen, gingen die Kandidatinnen leer aus. Die aussichtsreichste Bewerberin, Rola Deschti, konnte gerade einmal 1540 Stimmen der rund 340.000 Wahlberechtigten auf sich vereinigen.
Die politischen Umstände hätten einen Wahlsieg der Frauen verhindert, glaubt Rola Deschti: "Schon am Wahltag stand eine Koalition aus Islamisten und Liberalen. Es gibt einen Kampf zwischen zwei politischen Gruppierungen: Die Regierung und die Opposition. Und die Frauen waren Opfer dieses Kampfes."
Die Gründung von Parteien ist in Kuwait offiziell nicht erlaubt. Es gibt jedoch inoffizielle Gruppierungen, wie zum Beispiel die Islamisten, die im Wahlkampf eine Reform des politischen Systems gefordert und die staatliche Korruption angeprangert hatten. Die Auseinandersetzung zwischen dieser Oppositionsgruppierung und der Regierung hatte zur vorzeitigen Parlamentsauflösung geführt.
Ihr eigenes Wahlergebnis sieht Kandidatin Rola Deschti eher als hoch an und hält dies für einen Beweis, dass die Gesellschaft Frauen an der Politik beteiligen wolle. Der Kampf gegen die Korruption dominiere aber die aktuelle politische Lage.
Kuwaiterinnen wählten größtenteils Männer
Nabila al-Andschari - ebenfalls Kandidatin für die Parlamentswahlen - hat auch mehr als 1000 Stimmen bekommen. Sie aber ist enttäuscht über das Ergebnis und das Wahlverhalten der Frauen, die erstmals über die Sitzverteilung in Kuwaits Parlament entscheiden durften:
"Die Kandidatinnen haben nicht gewonnen, weil Frauen den Frauen kein Vertrauen entgegen gebracht haben. Es fehlt den Wählerinnen an politischer Reife. Sie wussten nicht wem sie ihre Stimmen geben sollten. Die Zahlen zeigen, dass viele Frauen von Männern beeinflusst wurden. Wir haben alle Frauen während des Wahlkampfs aufgerufen, ihre Rechte zu nutzen und uns zu vertrauen, aber die Zahlen der Wahlergebnisse haben uns sehr enttäuscht."
Anders als die Kandidatin Nabila al-Andschari hatte Dr. Schamlan al-Issa vom Kuwaitischen Zentrum für Strategie und Zukunftsstudien das schlechte Abschneiden der Kandidatinnen erwartet. Er sieht dafür mehrere Gründe:
"Die Frauen haben in den Golfstaaten bei Wahlen niemals gewonnen. Hinzu kommt, dass die Wahlkampfzeit in Kuwait sehr kurz war und weder die Kandidatinnen noch die Wählerinnen politische Erfahrung haben. Die Frauen in Kuwait haben nie Frauen gewählt, weder bei der Studentenwahl noch bei den Wahlen innerhalb der Organisationen der Zivilgesellschaft, sie haben ihre Stimme immer den Islamisten gegeben."
"Die Frauen sprechen von Gleichberechtigung, aber sie haben gezeigt, dass sie von Stammeszugehörigkeit geprägt sind und dass sie genauso patriarchalisch orientiert sind wie die Männer. Ohne Hilfe von Regierung oder von Parteien werden die Frauen nie ins Parlament kommen."
Wahlbeteiligung als erster Schritt zur Gleichberechtigung
Staatlichen Medien zufolge lag die Wahlbeteiligung in manchen Regionen bei über 70 Prozent. Die der Männer muss dabei besonders hoch sein, denn die Wahlbeteiligung der Frauen war mit 35 Prozent weit niedriger, als der angegebene Landesdurchschnitt von 65 Prozent.
Trotz brütender Hitze waren aber nicht nur die Bürger, sondern diesmal auch Bürgerinnen zur Stimmabgabe in die nach Geschlechtern getrennten Wahllokale gegangen. Fatima al-Issa, Vorsitzende der Frauen-Gruppe im Menschenrechtskomitee, sieht hierin den eigentlichen Erfolg der Frauen:
"Die Männer haben schon seit langer Zeit politische Erfahrung. Für die Frauen kam das alles sehr überraschend. Ich finde es sehr gut, dass sie nicht erschrocken waren und überhaupt kandidiert haben. Und am Wahltag war es unglaublich: Alte Frauen sind sogar in ihren Rollstühlen gekommen, um ihre Stimme abzugeben. Auch viele junge Frauen sind gekommen: Es war ein Fest der Demokratie."
In allen Ländern haben die Frauen lange gebraucht, um ihre politische Rolle wahrzunehmen, meint die Kandidatin Nabila al-Andschari. Sie glaubt, in Kuwait habe sich für die Frauen zumindest die Tür geöffnet.
Samar Heinein
© DEUTSCHE WELLE 2006
Qantara.de
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