Jung, ehrgeizig und selbstbewusst
"Mein Universitätsdiplom ist wie eine Waffe", ruft eine Studentin aus Katar selbstbewusst in die Runde. Die wenigen, an der Konferenz zum Thema "Women as Global Leaders" in Abu Dhabi teilnehmenden Männer zucken erschrocken zusammen.
"Wenn mein Mann mich eines Tages ärgert und mir komisch kommt, dann halte ich ihm mein Zeugnis ins Gesicht und erkläre ihm, dass ich auch sehr wohl für mich selbst sorgen kann", führt sie energisch aus.
Genau das ist es, was die neue Generation von Frauen in den Emiraten möchte: eine solide Ausbildung, Fremdsprachenkenntnisse, Unabhängigkeit und die meisten von ihnen auch einen guten Job, um zum wirtschaftlichen Erfolg ihres Landes beizutragen.
Erst investiert das Land in ihre Ausbildung, dann geben sie dem Staat Unterstützung in Form ihrer unternehmerischen Leistung zurück. Neben dem finanziellen gibt es damit auch einen ideologischen Aspekt als eine Art Antriebsmotor, der sie alle verbindet. Sie lieben ihr Land und verehren Scheich Zayed al-Nahyan, den 2004 verstorbenen Emir des Landes, der unermüdlich so viel für die Rolle der Frau in den Emiraten geleistet hat.
Er ist nicht nur Gründervater der Zayed-Universität in Abu Dhabi und Dubai mit heute rund 2500 Studentinnen, er gilt auch als Pionier und Förderer zahlreicher Initiativen, die die Rolle der Frau in der Gesellschaft stärken und eine flächendeckende Schulausbildung garantieren soll.
Vorbild für die arabische Welt
Seine Witwe, Sheikha Fatima Bint Mubarak, ist unter anderem Vorsitzende der Frauenunion und des "Sheikha Fatima Bint Mubarak Program for Leadership", einer Stiftung zur Ausbildungsförderung junger Frauen für künftige Führungspositionen. Seit über drei Jahrzehnten ist sie eine engagierte Kämpferin in Sachen Frauenrechte - mit großem Erfolg.
Immerhin erhalten nun 85 Prozent der Mädchen in den Emiraten eine Schulausbildung, von rund 22.000 an den einheimischen Universitäten immatrikulierten Studenten sind mehr als die Hälfte weiblich – Tendenz steigend. Die Emirate haben auf diesem Gebiet eine Vorbildfunktion in der arabischen Welt.
Die jungen, hoch qualifizierten Frauen werden ermutigt, eine aktive Rolle im gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Leben einzunehmen, schließlich ist die so genannte "Emiratisierung" ein erklärtes Ziel der Regierung. Schlüsselpositionen in Unternehmen sollen künftig von Einheimischen übernommen werden, um allmählich die Arbeitnehmer aus aller Welt abzulösen.
Nicht nur Hausfrau und Mutter
Dass einheimische Frauen nun plötzlich auch einen unverzichtbaren Bestandteil der Arbeitswelt bilden sollen, ist jedoch in der sehr konservativ geprägten Gesellschaft der arabischen Halbinsel ein langwieriger Lernprozess, der sich nur allmählich entwickelt. Gerade junge, vielgereiste Frauen sehen sich nicht länger nur in der traditionellen Rolle als Hausfrau und Mutter, sie streben ins Berufsleben und setzen ganz selbstverständlich auf Karriere.
Der Anteil der Frauen im Berufsleben beläuft sich derzeit auf 27 Prozent, dabei gilt aber generell zu beachten, dass nur knapp 10 Prozent aller Arbeitsplätze in den Vereinigten Arabischen Emiraten von Einheimischen besetzt werden.
Frauen sind zunehmend in vielfältigen Bereichen beruflich aktiv, ihr Anteil liegt etwa im behördlichen Bereich bei 66 Prozent, die Hälfte davon hält Führungspositionen inne. 40 Prozent aller Arbeitnehmer im Erziehungswesen sind weiblich, im Gesundheitssektor liegt ihr Anteil bei 35 Prozent. Glaubt man den aktuellen Regierungsprogrammen, besteht im Jahre 2020 das Lehrpersonal an Schulen und Universitäten zu 90 Prozent aus Einheimischen.
Besonders attraktiv ist für die gut ausgebildeten Akademikerinnen, eine eigene Firma zu gründen. Zurzeit gibt es in den arabischen Emiraten rund 10.500 Unternehmerinnen, die mit Investitionen in Höhe von rund 4 Milliarden US-Dollar jonglieren.
"Emiratisierung" von Arbeitsplätzen
Vielfältige Programme und Initiativen für die Förderung einheimischer Arbeitnehmer werden von der eigens 1999 gegründeten Behörde Tanmia gesteuert. Zusammen mit dem Ministerium für Arbeit und Soziales entwickelt Tanmia Konzepte zur "Emiratisierung" von Arbeitsplätzen sowie deren gesetzliche Grundlagen.
Ein weiteres wichtiges Anliegen ist die berufliche Förderung von Frauen, die Lancierung einer Stellenbörse sowie gezielte Bewerbungstrainings. Tanmia geht mit gutem Beispiel voran, derzeit sind 40 Prozent der neuen Vorstandsmitglieder Frauen aus den arabischen Emiraten.
Und auch Unternehmen, die bislang nur eine begrenzte Anzahl von Frauen einstellten, können sich im Jahre 2006 den hoch qualifizierten und motivierten Hochschulabsolventinnen nicht länger verschließen.
Schließlich ist die gesetzliche Gleichstellung von Mann und Frau, der freie Zugang zu Bildung und allen Berufsfeldern sowie ein Passus, der klar gegen die Diskriminierung von Frauen am Arbeitsplatz und im Lohnbereich ausgerichtet ist, fest in der Verfassung der Vereinigten Arabischen Emirate verankert. Zumindest formal sind alle Grundlagen Erfolg versprechend formuliert.
Gegen traditionelle Wertvorstellungen
"Nein, wir sind nicht gegen Männer", erklärt Hanan, "wir wollen uns gleichberechtigt in der Gesellschaft positionieren, dies geht sowieso nur gemeinsam. Und", fügt sie hinzu, "wir dürfen vor allem nicht vergessen, dass schließlich ein Mann Wegbereiter dieser Entwicklung war: Scheich Zayed."
Die Studentinnen der Zayed-Universität studieren engagiert und mit viel Ehrgeiz, vielfach auch mit Auszeichnung. Vielleicht, um es eben auch den Skeptikern in ihrer Gesellschaft zu zeigen, die noch immer an den althergebrachten Wertvorstellungen festhalten. Denn die gibt es natürlich, allen innovativen Entwicklungen zum Trotz. Doch davon lassen sich die jungen, selbstbewussten Frauen längst nicht mehr einschüchtern.
Magda Luthay
© Magda Luthay
Qantara.de
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