Historisches Ramadan-Drama sorgt für Furore

„Kochen ist wie Politik… Kochen besteht daraus, Essen zuzubereiten, damit andere Leute es essen können. Politik besteht daraus, deine Gedanken und Taten so zuzubereiten, das andere Leute dich nicht verschlingen.“
Diese Aussage des syrischen Schauspielers Lojain Ismail, der in der dritten Episode der TV-Serie „Muawiya“ die historische Figur des Muawiya bin Abi Sufyan spielt, fasst die Essenz der Sendung gut zusammen. „Muawiya“ wurde von Saudi-Arabien mit einem enormen Budget von 100 Millionen US-Dollar produziert.
Die Serie wird derzeit auf der Streamingplattform Shahed und dem saudischen Sender MBC gezeigt. Sie läuft während des heiligen islamischen Monats Ramadan, in dem Muslim:innen von Sonnenaufgang bis -untergang fasten. Dieses Jahr fällt er mit dem Monat März zusammen.
Die Serie, die überwiegend in Tunesien gefilmt wurde und 30 Episoden umfasst, ist eine der größten Ramadanproduktionen in diesem Jahr. Schauspieler:innen aus Syrien, Tunesien, Jordanien und Ägypten wirkten unter ägyptischer Regie an der Produktion mit.
Doch die Veröffentlichung der Serie hat heftige religiöse und politische Debatten losgetreten. „Muawiya“ war die häufigste Anfrage aus der arabischen Welt in den Suchmaschinen und wurde in den sozialen Medien schon heiß diskutiert, bevor die erste Episode ausgestrahlt wurde.
Der Iran und Irak, beides überwiegend schiitische Länder, haben die Serie verboten. Die irakische Kommunikations- und Medienkommission erklärte, „die Ausstrahlung von Material mit historisch umstrittenem Inhalt könnte zu konfessionellen Konflikten führen." Der "soziale Frieden und der gesellschaftliche Zusammenhalt" seien potenziell in Gefahr.
Gelehrte der Al-Azhar-Universität in Kairo, einer der einflussreichsten religiösen Institution des sunnitischen Islam, erklärten die Serie für haram und damit nach islamischem Recht verboten. In ihrer Begründung bezogen sie sich auf die traditionelle Position Al-Azhars, die sich gegen die Darstellung muslimisch-religiöser Figuren in künstlerischen Arbeiten ausspricht. Ausgestrahlt wurde die Serie in Ägypten jedoch trotzdem.
Die Serie portraitiert das Leben des Muawiya bin Abi Sufyan (606-680 n. Chr.), eines Wegbegleiters von Prophet Muhammad. Muawiya begründete die Ummayaden-Dynastie (661-750 n. Chr.) und war eine Schlüsselfigur in der sogenannten Ersten Fitna oder dem Großen Bürgerkrieg, einem der umstrittensten Ereignisse in der islamischen Geschichte.
Beschwörung der Geschichte
Während der Ersten Fitna führte Muawiya einen Krieg gegen Ali bin Abi Talib, den Cousin und Schwiegersohn des Propheten, der unter den schiitischen Muslim:innen eine heilige Stellung einnimmt. Der Krieg entstand aufgrund eines internen Streits über die Führung des entstehenden islamischen Staates.
Die Unstimmigkeiten begannen während der Herrschaft von Uthman bin Affan, dem dritten Kalifen nach dem Tod des Propheten Mohammed. Uthman wurde Vetternwirtschaft vorgeworfen, weil er seine umayyadischen Verwandten bevorzugte, darunter Muawiya, den Gouverneur von Syrien.
Laut Dr. Ayman Fouad, Geschichtsprofessor an der Al-Azhar-Universität, erregte dies den Zorn der Menschen in Ägypten, Kufa und Basra, die forderten, dass der Kalif seine Verwandten aus dem Amt entfernt.
Obwohl Uthman auf die Proteste reagierte und einige seiner Verwandten entließ, eskalierte die Situation. Uthman wurde von den Rebellen getötet. Ali wurde sein Nachfolger als vierter Kalif, aber Muawiya weigerte sich, ihm die Treue zu schwören, bevor Uthmans Mörder nicht gerächt wären.
Dies führte zur Schlacht von Siffin im Jahr 657 n. Chr., einer Konfrontation zwischen Muawiya und Ali, die den Beginn der internen Spaltung der Muslime und die Entstehung der Schiiten markierte, erklärt Dr. Fouad.
Kalter Kulturkrieg zwischen Saudi-Arabien und Iran
Beobachter:innen werten die Serie vor dem Hintergrund einer Art kalten Krieges zwischen Saudi-Arabien und dem Iran als gegen den Iran gerichtet. In Teheran regiert ein schiitisch-islamisches Regime, was dem Land Einfluss in mehreren regional wichtigen Staaten wie Irak, Libanon, Jemen und Syrien verschafft.
Der Historiker Hassan Hafiz führt den Zeitpunkt der Veröffentlichung der Serie im Gespräch mit Qantara auf das aktuelle politische Klima zurück: „Die Serie sollte ursprünglich vor zwei Jahren im Ramadan 2023 ausgestrahlt werden. Doch zu diesem Zeitpunkt befanden sich Saudi-Arabien und der Iran in politischen Verhandlungen, die von China vermittelt wurden und im März 2023 in einer Versöhnung gipfelten. Das Veröffentlichungsdatum wurde verschoben, um die Verhandlungen nicht zu beeinträchtigen.“

Rückblick auf ein konfliktreiches Verhältnis
Das schwierige Verhältnis zwischen Saudi-Arabien und Iran wird häufig auf einen konfessionellen Konflikt zwischen sunnitischen Wahhabiten und militanten Schiiten reduziert. Doch die Beziehung ist komplizierter. Von Joseph Croitoru
2025 schien ein passenderer Zeitpunkt zu sein, da „die iranische Achse in der Region geschwächt ist", sagt Hafiz – "als Provokation der Schiit:innen, die im Ummayaden-Staat durch Muawiya und seine Nachfolger verfolgt wurden. Oder genauer gesagt, gegen die Familie des Propheten (ahl al-bayt), die von den Schiit:innen verehrt wird – der schiitische Glaube dreht sich um ihr ungerächtes Leid.“
Hafiz erklärt: „Die Serie verherrlicht die Umayyaden und vermittelt die Botschaft, dass manchmal, vor allem in Zeiten von fitna (zivilem Streit), die einzig wirksame Form des Regierens die Ein-Mann-Herrschaft (verkörpert durch den regierenden Kalifen) ist, insbesondere wenn dieser Herrscher über eine Vision und Erkenntnis verfügt, die andere nicht haben.“
Die Serie stellt Muawiya als ambitionierten Anführer mit einer Vision dar. Als erster in seiner Familie, der sich dem Islam zuwandte, verfügte er über Führungsqualitäten wie Ehrgeiz und ein gesundes Urteilsvermögen. Es wird ihm zugeschrieben, Uthman die Gründung der ersten muslimischen Marine vorgeschlagen zu haben.
Muawiyas politischer Scharfsinn wird hervorgehoben, und er wird als geschickter „Chefkoch“ in einer für Muslim:innen neuen politischen Küche dargestellt. Daneben wird er als mitfühlender Familienvater gezeigt, der mehrfach den Verlust geliebter Menschen zu beklagen hat.
Laut Hafiz zielt die Serie darauf ab, „eine Parallele zum saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman (MBS) zu ziehen“, eine Ansicht, die auch Filmkritiker Khaled Ashour gegenüber Qantara äußert: „Die Serie stellt absichtlich eine Version von Muawiya dar, die dem saudischen Prinzen sehr ähnelt – sogar in Aussehen und Verhalten.“
Ashour merkt an, dass es diese versuchte Parallele ist, die die Serie zwingt, den Charakter des Muawiya unzeitgemäß darzustellen. So zum Beispiel „in Kleidung und Accessoires, die nicht zur historischen Epoche passen“.
Er führt aus, dass viele künstlerischen Elemente der Produktion „provokant“ seien, da sie „eine fehlende Sorgfalt und fehlende tiefere historische Recherche zu den Besonderheiten der Ära“ zeigten. Als Beispiel nennt Ashour die Kleidung und das Make-Up der Frauen, das zu modern wirkt. Außerdem stehen in Muawiyas Bibliothek richtige Bücher, obwohl Papier erst drei Jahrhunderte nach seinem Tod gebräuchlich wurde – in Europa.“
Ashour fügt hinzu, dass die Serie „sich mehr darauf konzentriert, auf Kosten der historischen Genauigkeit politische Botschaften zu vermitteln und die Gegenwart hineinzuprojizieren“.

Oder geht es um extremistische Strömungen?
Ahmed Sultan, der zum politischen Islam forscht, bietet eine andere Interpretation. Er konzentriert sich nicht auf die Rivalität zwischen Saudi-Arabien und dem Iran, da seiner Meinung nach die Beziehungen zwischen den beiden Ländern momentan relativ gut sind. Sultan sieht in der Serie einen Kommentar zu bestimmten islamistischen politischen Bewegungen.
Er sieht vielmehr einen Vergleich zwischen der Gruppe der Charidschiten in der Serie einerseits und den Muslimbrüdern in Ägypten und dem IS in Syrien und Irak andererseits. Bei den Charidschiten handelt es sich um eine Sekte, die sich im Kontext der Schlacht von Siffin zwischen Ali und Muawiya 657 n. Chr. herausbildete.
Als er in der Schlacht kurz vor der Niederlage stand, hielt Muawiya masahef (Korankopien) auf den Kampfschwertern in die Höhe. Damit wollte er die Kämpfe unterbrechen, wie in Episode 14 der Serie gezeigt wird. Daraufhin stellte Ali den Kampf ein und erklärte sich bereit, durch zwei Schlichter, von denen jede Fraktion einen wählte, auf das Urteil des Koran zu hören.
Die Charidschiten aber lehnten diese Entscheidung ab, erklärten Ali zum Ungläubigen und ermordeten ihn schließlich, wie ebenfalls in der Serie dargestellt wird.

Pfadfinder des Propheten
Die renommierte Islamwissenschaftlerin Gudrun Krämer hat die erste fundierte Biografie über den Gründer der Muslimbrüder, Hasan al-Banna, vorgelegt. Joseph Croitoru hat sie gelesen.
Sultan stützt seine Argumentation mit der Tatsache, dass der Drehbuchautor der ägyptische Journalist Khaled Salah ist. Dieser steht mit dem ägyptischen Regime in Verbindung, das die Muslimbrüder 2013 durch einen Militärputsch entmachtete.
Sultan erklärt gegenüber Qantara: „Die Serie ist eines von mehreren historischen Werken, die in den letzten Jahren gegen den politischen Islam ins Feld geführt wurden.“ Dabei verweist er auf die Kontroverse um die Ramadan-Serie „The Hashshashin“ (2024), in der das Leben von Hassan al-Sabbah, einem für seine Attentate bekannten Schiitenführer, dargestellt wurde.
„Muawiya“ stelle die Idee eines zivilen Staates über die eines religiösen, sagt Sultan – und argumentiert, dass der historische Muawiya seinen Staat mit politischem Pragmatismus und Weisheit und nicht auf Basis religiöser Doktrinen führte. Er räumt jedoch ein, dass „der Mangel an historischer Präzision das Werk schwächt“.
Trotz der Kontroverse unterstreicht Dr. Ayman Fouad, der Professor für islamische Geschichte an der Al-Azhar-Universität, die Bedeutung solcher Serien: „Die Menschen lesen nicht mehr über Geschichte, daher ist es eine gute Sache, diese in Form eines Fernsehdramas zu präsentieren.“ Ashour befürchtet hingegen, dass „verzerrte“ Darstellungen bei den Zuschauer:innen einen bleibenden Eindruck hinterlassen könnten.
Dieser Text ist eine bearbeitete Übersetzung des arabischen Originals. Aus dem Englischen übersetzt von Clara Taxis.
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