Angst vor der Demokratie
Die fünf registrierten Parteien in Usbekistan sind weder frei noch unabhängig. Die echten Oppositionsparteien sind vor zehn Jahren verboten worden. Unter dem Vorwand des Kampfs gegen den internationalen Terrorismus wird auch heute noch jegliche Opposition im Land mundtot gemacht.
Nach 13 Jahren Unabhängigkeit befindet sich Usbekistan unter den fünf zentralasiatischen GUS-Ländern nicht nur geographisch in der Mitte: Kein sultanisches Gebilde wie der Nachbar Turkmenistan mit dem bizarren Despoten Saparmurad Nijasow. Aber auch kein hoffnungsvolles Wirtschaftsaufschwungsland wie der große Nachbar Kasachstan.
Kontinuierlich sinkender Lebensstandard
Der autoritär regierende Präsident Islam Karimow - bereits zur Zeit der Sowjetunion in Amt und Würden - geht die notwendigen Reformen nur äußerst zögerlich an. Die Usbeken und mit ihnen etwa 100 weitere Nationalitäten, die das Land - etwa so groß wie Schweden - bevölkern, haben allen Grund zu klagen: Der Lebensstandard sinkt kontinuierlich.
"Die beste Zeit für Einkäufe war bei uns schon immer das letzte Jahr", sagt Karim Bachrijew ironisch, ein im Untergrund wirkender Journalist und Ex-Politiker. Demokratische Traditionen seien bereits in den ersten Jahren der Unabhängigkeit gestorben. Also Anfang der 90er Jahre, als es nach dem Zerfall der Sowjetunion und Gründung der Republik Usbekistan eine kurze Zeit lang "Glasnost" gab - Offenheit.
Wolfgang Schreiber lebt seit 1994 in Usbekistan, der Deutsche kennt sich in dem Land so gut aus wie sonst kaum ein Ausländer. Schreiber war der erste Leiter der Konrad-Adenauer-Stiftung in Usbekistan.
Heute arbeitet er als Koordinator internationaler Organisationen. "Die Menschen - das ist das größte Potenzial. Die Gastfreundlichkeit und die Liebenswürdigkeit dieser Menschen fasziniert auch jeden Fremden immer wieder", meint Schreiber.
Allgegenwärtige Korruption
Sie hätten etwas besseres verdient als etwa 30 US-Dollar im Monat. Dabei braucht man zum Leben in der Hauptstadt Taschkent etwa 200 Dollar. Dass die Menschen trotzdem überleben - zumindest in den Städten wird nicht gehungert - liegt an den immer noch starken Familien- und Clanbanden. Und an einer gut funktionierenden Schattenwirtschaft.
Diese kommt vor allem in Form einer allgegenwärtigen Korruption zum Vorschein. Oder man wandert aus, nach Kasachstan, nach Russland und Europa, in die USA.
Der Staat hat Angst - gerade auch vor den Erfolgen von Demokratiebewegungen in anderen früheren Sowjetrepubliken: Als die "Open Society Foundation" des US-Milliardärs George Soros verbreitet hatte, sie hätte vor einem Jahr, beim Sturz Eduard Schewardnadses in Georgien, entscheidenden Einfluss ausgeübt, wurde ihr in Usbekistan die Neuregistrierung verweigert.
"Usbeken neigen nicht zum Rigorismus"
Noch mehr fürchtet Präsident Karimow die Islamisten der Organisation Hizb-ut-Tahrir. Und eine andere, noch radikalere Gruppe soll für zahlreiche Selbstmord-Anschläge auf staatliche Einrichtungen und diplomatische Vertretungen der USA und Israels mit Dutzenden von Toten und Verletzten 2004 verantwortlich sein.
Dennoch neigten die Usbeken im allgemeinen nicht zum Rigorismus, meint Wolfgang Schreiber. Die Gefahr des Fundamentalismus sei bei weitem nicht so groß wie häufig dargestellt.
Durch die Parlamentswahl am Sonntag (26.12.2004) sollen in Usbekistan vor allem die Regionen gestärkt werden - aus ihnen werden Abgeordnete in den neu geschaffenen Senat entsandt.
Und noch eine Neuigkeit gibt es: Das Parlament, das nun ganzjährig tagen soll, wird nur aus Berufspolitikern bestehen. Zu einem demokratischen Land wird Usbekistan dadurch allerdings nicht werden.
Vladimir Müller
© DEUTSCHE WELLE/DW-WORLD.DE 2004