Experten: Antisemitismus-Vorwurf nicht inflationär verwenden

Berlin. Antisemitismus-Vorwürfe werden nach Ansicht des ehemaligen israelischen Botschafters in Deutschland, Shimon Stein, und des Antisemitismusforschers Moshe Zimmermann zu oft und auch instrumentalisierend verwendet. Das sei kontraproduktiv.



"Der inflationäre Umgang mit einer konturlosen Definition des Begriffs Antisemitismus könnte zwangsläufig dazu führen, dass jede Diskussion um Antisemitismus uferlos verläuft und das eigentliche Ziel, Bekämpfung des Antisemitismus, verfehlt wird", schreiben sie in einem Gastbeitrag für den "Tagesspiegel" (Mittwoch). Dies könne auch Rechtspopulisten eine Steilvorlage für ihre ablehnende Haltung gegenüber Politik und Medien bieten.



"Wer aus taktischen Gründen den Begriff Antisemitismus in einen Skandal-Garanten verwandelt, zum bloßen Instrument, mit dem man einzelne Personen oder auch eine ganze Gesellschaft bei der Beschäftigung mit dem einen oder anderen Thema zum Schweigen bringen will, erweist dem Kampf gegen den real existierenden Antisemitismus einen Bärendienst", schreiben Zimmermann und Stein. Dieser war von 2001 bis 2007 israelischer Botschafter in Deutschland.



Weiter heißt es: "Und schlimmer noch: Der Begriff könnte in Zukunft mehr als ohnehin schon manipulativ verwendet werden." Diese Tendenz habe sich beim Bundestagsbeschluss zur Bekämpfung der gegen Israel gerichteten Boykott-Bewegung BDS gezeigt, aber in besonderer Weise in den jüngsten Reaktionen des offiziellen Israels auf Kritik gegen die israelische Politik. (KNA)

 

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