Virtuelle Reise zu den Kunstschätzen der islamischen Welt
Der Mschatta-Palast steht in Jordanien, doch seine Portalfassade befindet sich in Deutschland. Bislang war es unmöglich, diese unmittelbar zusammengehörigen Zeugnisse islamischer Kulturgeschichte gleichzeitig zu betrachten. Das Internet-Portal "Discover Islamic Art" will dies ändern. Ariana Mirza stellt das Konzept des virtuellen Museums vor.
Die Fundamente des 1260 Jahre alten Mschatta Palastes stehen im heutigen Jordanien, doch seine Portalfassade befindet sich seit über 100 Jahren im Museum für Islamische Kunst in Berlin.
Einst schenkte ein türkischer Sultan das omajjadische Baudenkmal einem deutschen Kaiser. Diese Schenkung war kein Einzelfall, diverse Ausgrabungsfunde und Kunstkäufe sorgten dafür, dass die erhaltenen Zeugnisse omajjadischer Kultur heute über viele Staaten und Museen verstreut sind.
Ähnlich verhält es sich auch bei anderen Meisterwerken islamischer Architektur und Kunst, die in den vergangenen eintausenddreihundert Jahren im Mittelmeerraum entstanden.
Auf der an Kulturschätzen überaus reichen Mittelmeerregion liegt der Fokus des Internet-Portals "Discover Islamic Art". In virtuellen Museumsräumen werden aufeinander Bezug nehmende Exponate, Bauwerke und archäologische Fundstätten erstmals im ursprünglichen Zusammenhang präsentiert.
Ein Portal für Laien und Fachleute
Das aktuell eröffnete Portal versammelt in seiner "Ständigen Ausstellung" Über 1.350 Zeugnisse islamischer Kultur aus 13 Jahrhunderten, die in ihrem jeweiligen Kontext erläutert werden. Ab 2007 sollen thematische Sonderausstellungen hinzukommen.
Kuratoren der beteiligten Museen haben die Exponate ausgewählt und deren Bezüge zueinander rekonstruiert. Die Verantwortlichen sind sich sicher, dass Laien wie Fachleute gleichermaßen vom Portal profitieren werden.
"Jetzt kann man sich überall auf der Welt unkompliziert und umfassend mit islamischer Kunstgeschichte vertraut machen", hieß es bei der Vorstellung des Projekts in Berlin.
"Discover Islamic Art" entstand in einem einjährigen Kraftakt, der insgesamt 42 Museen aus Nordafrika, dem Nahen Osten und Europa einbezog. Als gleichberechtigte Koordinatoren fungierten nicht weniger als 17 Museen aus 14 Ländern.
Den Anstoß für die Zusammenarbeit gab eine Initiative des "Museum With No Frontiers", dessen Direktorin Eva Schubert das Projekt federführend begleitete. Eine Aufgabe, die wortwörtlich pausenlosen Einsatz verlangte. "Da bekam ich schon mal nachts um drei Uhr eine SMS, weil jemand aus Syrien dringend eine Auskunft benötigte."
Lust auf Exkursionen wecken
Die gemeinsame Arbeit an "Discover Islamic Art" brachte die Vertreter arabischer und europäischer Kulturinstitutionen einander näher. "Unsere jetzige Kooperation öffnet die Tür für weitere kulturelle Kontakte zwischen den beteiligten Ländern", erklärt Mohamed Najjar von der Antikenabteilung Amman in Jordanien.
Auch der Individualtourismus in Regionen Nordafrikas und des Nahen Ostens soll durch das Internet-Portal Auftrieb erhalten. Denn die Fundorte der Kunstschätze rücken wieder in den Blickpunkt. Historisch bedeutsame Regionen können auf so genannten "Ausstellungsstraßen" des Internet-Portals erkundet werden. Diese "virtuellen Reisen" sollen Lust auf reale Exkursionen wecken.
Der multilaterale Charakter des Projekts spiegelt sich auch in der Präsentation des virtuellen Museums: Die Zeitrechnung wird in islamischer und christlicher Datierung angegeben. Englisch, Französisch und Arabisch fungieren als gleichrangige Leitsprachen des Portals.
Die Webseiten, die sich auf Exponate des Museums für islamische Kunst im Berliner Pergamonmuseum beziehen, enthalten zudem deutsche Leittexte.
Durch spezielle Computerterminals wird "Discover Islamic Art" ab 2007 auch in den beteiligten Museen zugänglich sein. Ein technisches Angebot dürfte bei den Museumsgästen auf besonderes Interesse stoßen: Es ist möglich, in Bildausschnitte hinein zu zoomen.
"Dann können die Besucher zunächst die Mschatta Fassade in natura auf sich wirken lassen und anschließend auf dem Bildschirm Details betrachten, die sich in acht oder zehn Metern Höhe befinden", erläutert Claus-Peter Haase, Direktor des Museums für Islamische Kunst.
Ariana Mirza
© Qantara.de 2005
Qantara.de
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