Kaum nennenswerte Fortschritte

Vor Beginn der Internationalen Afghanistan-Konferenz in Berlin hat Präsident Karsai eine Verschiebung der Parlaments- und Präsidentschaftswahlen angekündigt. Dies verdeutlicht, dass bei der Stabilisierung des Landes bisher wenig Fortschritte erzielt wurden. Ein Kommentar von Peter Philipp

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Afghanistans Präsident Karsai bei Wahlvorbereitungen

​​Da hatte man sich vielleicht etwas zu viel vorgenommen, als die Teilnehmer der Petersberger Afghanistan-Konferenz Ende 2001 beschlossen, bis zum Juni dieses Jahres solle es Präsidentschafts- und auch Parlamentswahlen in ihrer Heimat geben.

Nur wenige Tage vor einer neuen Afghanistan-Konferenz in Deutschland musste Hamid Karzai, Übergangspräsident und unbestrittener Favorit bei den Wahlen, nun eine Verschiebung um mindestens drei Monate bekannt geben - und niemand weiß, ob dieser Termin eingehalten werden kann.

Tendenz zur Warlordisierung

Die Wahllisten sind noch nicht einmal zu einem kleinen Teil fertig und die Sicherheitslage in Afghanistan lässt unverändert zu wünschen übrig. So sind die Taliban in mehreren Provinzen wieder erstarkt, haben aber auch die traditionellen regionalen "warlords" wieder das Sagen - und die Macht der Zentralregierung beschränkt sich immer noch weitgehend auf die Hauptstadt Kabul.

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Schlafmohn-Anbau bei Kandahar

​​Was allein wirklich funktioniert, sind Anbau und Handel mit Opium: Afghanistan ist weltweit wichtigster Produzent dieses aus Schlafmohn gewonnenen Rauschgiftes - drei Viertel des weltweiten Bedarfs wird von Afghanistan gedeckt.

Der lukrative Export bringt knapp zwei Milliarden Euro ins Land. Hiervon profitieren aber in erster Linie die "warlords": Unter ihrem "Schutz" wird der Mohn angebaut - und sie sind es auch, die den Erlös einstreichen - in erster Linie für den Ausbau und die Bewaffnung ihrer Milizen.

Es ist ein altbekannter Kreislauf in Afghanistan, der unter anderen Umständen sicher längst dazu geführt hätte, dass die Welt sich abwenden und das Land links liegen lassen würde, wenn die internationale Staatengemeinschaft nicht ein so ausgeprägtes Interesse daran hätte, den Opium-Anbau in Afghanistan zu stoppen, um das eigene Drogen-Problem in Europa oder auch in den USA zu reduzieren.

So ergänzen sich die Interessen und nur so kann der afghanische Finanzminister selbstbewusst 28 Milliarden Dollar für die nächsten sieben Jahre fordern. Auf der letzten Geberkonferenz 2002 in Tokio war gerade einmal ein Sechstel dieser Summe zugesagt worden - und ein guter Teil davon ist nie eingetroffen.

Selbsthilfe gefordert

Afghanistan müsse sich schon selber um eine Verbesserung der Zustände kümmern, mahnen ausländische Politiker. Sie wissen aber auch, dass die Afghanen dazu gar nicht in der Lage sind und auf absehbare Zeit auch nicht in der Lage sein werden.

Voraussetzung für solche Selbsthilfe wäre unter anderem, dass die regionalen Herrscher entmachtet und die Zentralregierung mit Hilfe von Polizei und Streitkräften die Kontrolle über das ganze Land übernimmt. Hiervon ist man aber weit entfernt und es könnte durchaus so kommen, dass die NATO der Regierung zunächst einmal dabei helfen muss.

Die USA verstärken zwar gerade ihre Truppen in Afghanistan, deren Aufgaben konzentrieren sich aber weiterhin auf die Suche nach Osama Bin Laden und den Kampf gegen "Al Qaida" und die Taliban.

Unterstützung für die Zentralregierung kommt nur von Seiten der internationalen Sicherheitstruppe "ISAF" - unter dem Kommando der NATO. Wohlweislich hatte man deren Einsatzgebiet zunächst auf Kabul beschränkt und inzwischen auf das vergleichsweise unproblematische Kundus erweitert.

Will man das Mandat aber ernst nehmen, dann muss man auch in anderen Teilen des Landes präsent sein - dort wo gekämpft wird und wo es gefährlich werden kann. Will man hingegen warten, bis die afghanische Regierung selbst dort die Kontrolle übernimmt, dann dürfte noch so mancher Wahltermin in Frage gestellt werden. Die Zukunft Afghanistans ebenso.

Peter Philipp

© DEUTSCHE WELLE/DW-WORLD.DE 2004