Männersport in Frauenhand

Nicht nur im Iran, sondern auch in den arabischen Ländern begeistern sich immer mehr Frauen für Fußball, wie das erste arabische Fußball-Turnier für Frauen in Alexandria zeigt. Von Martina Sabra

Auch wenn konservative Kräfte in der islamischen Welt jeglichen Frauensport als verwerflich brandmarken:

Vor dem Anpfiff - Frauen beim Fußballtraining im Iran; Foto: AP
Populär wie nie zuvor - Frauenfußball in der islamischen Welt

​​Insgesamt neun Länder haben sich für die erste offizielle arabische Frauenfußball-Meisterschaft qualifiziert, die noch bis zum 29. April im ägyptischen Alexandria stattfindet. Neben dem Gastgeberland Ägypten werden die National-Teams aus Tunesien, Algerien, Marokko, Libanon, Bahrein, Syrien, den Palästinensergebieten und aus dem Irak antreten.

Als Favoritinnen gelten Marokko und Algerien. Aber auch die ägyptischen Kickerinnen rechnen sich gute Chancen aus, sagt die Nationalspielerin Safiya Abdel Dayem: "Wir haben mehrere Trainingscamps absolviert, wir sind gut vorbereitet, und wir machen ein gutes Spiel. Ich hoffe, wir werden den Titel gewinnen."

Die "Mutter des Frauenfußballs"

Safiya Abdel Dayem spielt beim Club Cairo - A.C. Milano, einem ägyptischen Partnerverein des berühmten italienischen Sportclubs. Die 18-jährige Studentin der Kommunikationswissenschaften begann mit zehn Jahren, hobbymäßig Fußball zu spielen. Mit 16 gelang ihr der Sprung in die neu gegründete ägyptische Frauen-Nationalmannschaft.

Dass Frauenfußball in Ägypten möglich ist, dafür sieht sie zwei Gründe: "Auf der einen Seite akzeptiert die Gesellschaft zunehmend, dass Mädchen Sport treiben und auch Fußball spielen. Und dann gibt es Einzelpersonen, die Wichtiges geleistet haben, wie Sahar El-Hawary. Sie ist die Mutter des Frauenfußballs in Ägypten."

Stutzen werden hoch gezogen

Sahar El-Hawary ist es zu verdanken, dass der Frauenfußball trotz mannifaltiger gesellschaftlicher, religiöser und finanzieller Schranken heute auch im konservativen Ägypten immer mehr Zuspruch findet. Die Tochter eines bekannten ägyptischen FIFA-Schiedsrichters gründete 1996 die Frauenfußball-Kommission beim ägyptischen Fußballverband EFA.

Heute gibt es eine landesweite eigene Frauenfußball-Liga, in der 600 Spielerinnen regelmäßig um Punkte kicken - einige davon in islamischer Kleidung, wie die deutsche Frauenfußball-Trainerin Tina Theune-Meyer bei ihrem offiziellen Besuch in Ägypten Anfang April 2006 beobachten konnte.

"Die meisten haben in kurzen Hosen und Trikots gespielt wie wir auch, aber zwei oder drei hatten ein Kopftuch auf. Und dann haben einige auch ihre Oberschenkel bedeckt, die Stutzen sehr weit hoch gezogen."

Trainingshilfe aus Deutschland

Ob mit oder ohne Kopftuch, ob in der Liga oder nur aus Spaß - schätzungsweise 2500 Mädchen und Frauen in über 20 Vereinen lassen in Ägypten mittlerweile das Leder rollen.

Von der Popularität des Männerfußballs sind die Damen noch weit entfernt, und auch die Werbeeinnahmen sind recht bescheiden, doch die Spielerin Safiya Abdel Dayem hofft, dass die anstehende erste Arabische Meisterschaft ihrem Sport Auftrieb gibt. "Als wir angefangen haben, interessierte sich niemand für uns. Durch diesen offiziellen arabischen Frauenfußballcup hat sich das geändert."

Safiya Abdel Dayem hat bei diversen Afrika-Turnieren internationale Spielerfahrung gesammelt. Doch global ist der arabische Frauenfußball bislang noch nicht wirklich konkurrenzfähig. In den reichen arabischen Golfstaaten Qatar und Bahrein wird zwar von offizieller Seite viel Geld in Frauensport und Frauenfußball investiert.

Doch in armen Ländern wie Ägypten fehlen Geld und qualifizierte Trainingsmöglichkeiten. Um so wichtiger sind Projekte wie der Austausch zwischen deutschen und ägyptischen Fußballerinnen, den das Goethe-Institut Kairo Anfang April 2006 organisierte.

Begeisterung für Frauenfußball

Die Damenmannschaft des TSV Ludwigsburg reiste für eine Woche zum gemeinsamen Training und zwei Spiele nach Kairo und Alexandria. Deutschlands "Weltmeisterinnen-Macherin" von 2003, Tina Theune-Meyer, die den Austausch als Gast-Trainerin begleitete, hatte soviel Begeisterung für Frauenfußball am Nil nicht erwartet.

"Ich war überrascht, was da alles so passiert, insbesondere an Schulen. Da saßen Jungs auf der Tribüne, und riefen deutsch-ägyptische Schlachtrufe, während die Mädchen unten trainierten und die gleiche Freude beim Spielen hatten wie in Deutschland."

Für die ägyptischen Spielerinnen war der Austausch mit Deutschland eine hoch willkommene Gelegenheit, vor der arabischen Meisterschaft noch einmal die eigenen Spieltechniken und Taktiken auf den Prüfstand zu stellen. Bei den Trainingsmethoden gäbe es noch viel zu tun, meinte Theune-Meyer. Da setze man am Nil zu stark auf Drill und zu wenig auf Individualität und Kreativität.

Aber die ägyptische Frauenfußball-Nationalmannschaft, so Theune-Meyer, besitze einige echte Talente: "Die haben einige Spielerinnen, denen ich das zutrauen würde, direkt hier in die höchste Liga einzusteigen: Sie hätten das Potential, auch international mitzuspielen", so Theune-Meyer. "Afrika muss viel mehr Wettbewerbe anbieten, die müssen regelmäßig herausgefordert werden, Vergleiche haben und Erfahrungen sammeln."

Martina Sabra

© DEUTSCHE WELLE 2006

Qantara.de

Internationales Frauenfußballteam in Berlin
"Kicken kannst du notfalls auch mit Kopftuch"
Hin und wieder begegnen sie noch Ablehnung und Vorurteilen, aber ihre Sportbegeisterung kennt keine Grenzen. Beim türkischen Club "Al Dersim Spor" in Berlin trainieren 18 Fußballerinnen aus 6 Nationen. Ariana Mirza berichtet über Frauen, die immer am Ball bleiben wollen.

"Offside" von Jafar Panahi
Für Frauen verboten
Der iranische Film "Offside" wurde auf der Berlinale mit dem Großen Preis der Jury, dem Silbernen Bären, ausgezeichnet. Die Komödie erzählt von Fußball begeisterten Mädchen, die sich trotz Verbots in das Teheraner Azadi Stadion schmuggeln. Ariana Mirza stellt "Offside" und seinen Regisseur Jafar Panahi vor.

Frauensport in Afghanistan:
Aus Angst vor den Extremisten wird im Geheimen trainiert
In Kabul wurde das erste Fitness- und Beauty-Center für Frauen eröffnet. Wo sich der Club befindet, ist geheim, denn auch drei Jahre nach dem Sturz der Taliban könnten sich manche Männer provoziert fühlen. Ein Bericht von Ali Matar.

Fußball
Kick it like FC Karame!
Seit 1978 existiert der palästinensische Fußballclub FC Karame in Berlin. Ein Verein der arabischen Jugendlichen nicht nur alles rund um den Ball vermittelt, sondern ihnen auch Diskussionsforen und Lebensorientierung in Deutschland bietet. Ursula Trüper stellt den Verein vor.