Noch keine langfristige Strategie in Sicht

Kaum bemerkt von der Öffentlichkeit koopererieren deutsche und arabische Universitäten durch gemeinsame Sommerschulen oder bilaterale Studiengänge und leisten damit einen Beitrag zum euro-islamischen Dialog. Von Mona Naggar

Kaum bemerkt von der Öffentlichkeit koopererieren deutsche und arabische Universitäten durch gemeinsame Sommerschulen, Forschungsvorhaben oder bilaterale Studiengänge und leisten damit einen Beitrag zum euro-islamischen Dialog. Mona Naggar informiert.

Studenten der Deutsch-jordanischen Universität zu Besuch im Schloss Sanssouci bei Potsdam; Foto: &copy German Jordanian University
Den Alltag an deutschen Universitäten kennenlernen - Studenten der Deutsch-jordanischen Universität zu Besuch im Schloss Sanssouci bei Potsdam

​​Swenja Zaremba studiert Germanistik und Journalistik an der Technischen Hochschule Karlsruhe. Sie gehört zu einer Gruppe von deutschen Studenten, die zusammen mit Kommilitonen der Manouba-Universität in Tunis ein gemeinsames Lehrmodul erarbeiten.

"Es geht um euro-arabische Parallelen in der Ideengeschichte", berichtet Zeremba. "Wir schauen uns die Philosophie und die Geschichte Europas und der arabischen Welt an und vergleichen auf der einen Seite große Denker der Philosophie.

"Auf der anderen Seite vergleichen wir 'Motclais', d.h. bestimmte Schlüsselbegriffe wie Freiheit oder Staat. Das Ziel ist, eine gemeinsame Semantik zu erarbeiten, eine Bedeutung von diesen Schlüsselbegriffen, mit denen beide Seiten einverstanden sein können."

Erfahrung mit ungewohnten Umgangsformen

Die Ergebnisse der deutsch-tunesischen Zusammenarbeit erscheinen demnächst in einer Publikation, außerdem werden sie in den Studiengang "Europäische Kultur- und Ideengeschichte" an der Universität Karlsruhe einfließen.

Die gemeinsame Arbeit, die auf Französisch stattfindet, hat Swenja Zaremba nicht nur mit dem arabischen Erbe Europas bekannt gemacht, sondern auch mit ungewohnten Umgangsformen an der tunesischen Partneruniversität.

Studenten der Deutsch-jordanischen Universität während eines Seminars der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus; Foto: &copy German Jordanian University
Brücke zwischen Deutschland und Jordanien – Studenten der Deutsch-Jordanischen Universität während eines Seminars an der TU in Cottbus

​​Das Projekt, an dem sie teilnimmt, ist eine von ungefähr 80 Kooperationen zwischen deutschen und arabischen Hochschulen. Es sind Sommerschulen, gemeinsame Forschungsvorhaben oder bilaterale Studiengänge.

Ein besonders ehrgeiziges Projekt ist die Deutsch-Jordanische Universität in Amman. Seit Herbst 2005 bietet sie jungen Jordaniern die Möglichkeit, Betriebswirtschaft, Informatik oder Biomedizintechnik nach dem Vorbild deutscher Fachhochschulen zu studieren. Die Studenten lernen aber auch den Alltag an deutschen Unis und die Arbeitswelt in deutschen Unternehmen kennen.

Hirarchische Strukturen als Hürde

Ein Auslandssemester und ein sechsmonatiges Praktikum sind fester Bestandteil des Studiums. Enthusiastisch erzählt der deutsche Vizpräsident der Universität, Peter Uecker, von den aufgeschlossenen und begeisterungsfähigen Studienanfängern.

Kopfzerbrechen bereiten ihm allerdings die hierarchischen Strukturen an der Hochschule – ein verbreitetes gesellschaftliches Problem in Jordanien. So habe es kein vernünftiges Auswahlverfahren gegeben, das System sei immer noch schwierig, so Uecker.

Peter Uecker scheut sich deshalb davor, die Deutsch-Jordanische Universität unter dem Motto "euro-islamischer Dialog" zu stellen. Für ihn ist das Projekt eher eine Brücke zwischen Deutschland und Jordanien – und vor allem eine Brücke zwischen zivilgesellschaftlichen Institutionen.

Auch Alaa al-Hamarneh von der Uni Mainz hat Schwierigkeiten, sämtliche Kooperationen zwischen deutschen und arabischen Universitäten vorrangig unter dem Aspekt des euro-islamischen Dialogs zu sehen.

Bei einigen Projekten, wie bei der Zusammenarbeit zwischen den Universitäten Karlsruhe und Tunis, ist der Dialog ein Teil des Konzeptes. Bei anderen Projekten beschränkt sich der interkulturelle Dialog auf den persönlichen Kontakt der Studenten:

"Es gibt gezielte Projekte, die auf den interreligiösen oder interkulturellen Dialog zielen, aber es gibt viele Projekte, die laufen im Bereich Ingenieurwesen oder Medizin, und das hat mit interkulturellem Dialog nichts zu tun", so Alaa al-Hamarneh.

Export deutscher Bildungsmodelle

Spätestens seit dem UNDP-Bericht zur menschlichen Entwicklung aus dem Jahr 2003 bemühen sich arabische Staaten, die akademische Ausbildung zu internationalisieren. Der UNDP-Bericht brachte das schlechte Niveau arabischer Schüler und Studenten im weltweiten Vergleich zutage.

Nun sollen internationale Kooperationen und private Universitäten eine Wende bewirken. Deutschland engagiert sich seit einigen Jahren verstärkt für den Export hiesiger Bildungsmodelle in den arabischen Raum.

Alaa al-Hamarneh begrüßt dieses Engagement, aber er vermisst ein zukunfsweisendes Konzept von deutscher Seite. Man habe zwar die Deutsche Universität in Kairo, auch in Jordanien und Syrien gebe es Beispiele. Jedes Modell sei für sich gesehen ein Projekt, doch leider existiere noch keine Strategie für den Bildungsexport in Deutschland:

"Wir haben kein Branding, d.h. dass eine Uni mit ihrem Namen ins Ausland geht, wie etwa die Sorbonne oder Harvard. Das Label, das wir haben, ist 'deutsche Universität', doch dahinter steckt leider noch keine Strategie."

Mona Naggar

© Qantara.de 2007

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